26/04/2021
In der Geschäftswelt ist die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen ein zentraler Prozess. Ob es um die Anschaffung neuer Büromöbel, IT-Systeme oder einfach nur um die regelmäßige Lieferung von Büromaterial geht, oft erfolgt dies über Ausschreibungen. Der Kern jeder Ausschreibung ist der Ausschreibungstext, auch Leistungsbeschreibung genannt. Er ist das Fundament, auf dem potenzielle Anbieter ihre Angebote kalkulieren. Ein schlecht formulierter Text kann zu Missverständnissen, fehlerhaften Angeboten und letztlich zu suboptimalen Entscheidungen führen. Ein guter Ausschreibungstext hingegen sorgt für Klarheit, ermöglicht eine faire Vergleichbarkeit der Angebote und ebnet den Weg für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Doch wie sieht ein solcher Text aus und welche Elemente sollte er unbedingt enthalten?
Obwohl es keine universellen, strengen gesetzlichen Vorgaben gibt, wie jeder einzelne Ausschreibungstext auszusehen hat (spezifische Sektoren wie das Bauwesen haben hier detailliertere Regelwerke wie die VOB/A), haben sich bewährte Bestandteile etabliert, die als Orientierung dienen und maßgeblich zur Qualität einer Ausschreibung beitragen.

Die unverzichtbaren Bestandteile eines Ausschreibungstextes
Ein effektiver Ausschreibungstext gliedert sich typischerweise in mehrere Abschnitte, die gemeinsam ein vollständiges Bild der benötigten Leistung oder des benötigten Produkts zeichnen. Diese Bestandteile stellen sicher, dass alle potenziellen Bieter die Anforderungen klar verstehen und ihre Angebote entsprechend präzise gestalten können.
Die Leistungsbeschreibung – Kurztext: Der erste Eindruck
Der Kurztext der Leistungsbeschreibung dient als schnelle Zusammenfassung. Seine Hauptaufgabe ist es, auf den ersten Blick zu vermitteln, worum es bei der Ausschreibung geht. Er sollte kurz, prägnant und informativ sein. Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen sichtet täglich zahlreiche Ausschreibungen. Der Kurztext ist oft der entscheidende Faktor, ob sich das Unternehmen entschließt, die Ausschreibung genauer zu prüfen oder nicht. Er filtert im ersten Schritt und spart sowohl dem ausschreibenden Unternehmen als auch potenziellen Bietern Zeit. Er enthält die wichtigsten Informationen zur Leistung oder zum Produkt, ohne sich in Details zu verlieren. Ein Beispiel für Büromaterial könnte sein: „Lieferung und Installation von Büroausstattung für neue Niederlassung“ oder „Jährliche Beschaffung von Standard-Büromaterialien“.
Die Leistungsbeschreibung – Langtext: Das detaillierte Bild
Nachdem der Kurztext das Interesse geweckt hat, liefert der Langtext alle notwendigen Details. Hier ist Präzision gefragt. Es reicht nicht aus zu sagen „Wir brauchen Druckerpapier“. Im Langtext müssen Spezifikationen wie Art (z.B. Kopierpapier), Qualität (z.B. Grammatur 80g/m², Weißegrad CIE 160), Material (z.B. holzfrei, Recyclingpapier), Format (z.B. DIN A4) und gegebenenfalls Ausführung (z.B. beidseitig bedruckbar, für Inkjet und Laser geeignet) genau beschrieben werden. Bei Dienstleistungen wären hier die genauen Arbeitsschritte, Zeitvorgaben oder geforderte Qualifikationen aufzuführen. Die Herausforderung besteht darin, einerseits so präzise wie möglich zu formulieren, um Unklarheiten zu vermeiden, andererseits aber auch vollständig zu sein, damit alle kostenrelevanten Faktoren berücksichtigt werden können. Überflüssige Informationen sollten vermieden werden, um den Text übersichtlich zu halten. Eine detaillierte Beschreibung ermöglicht eine gute Vergleichbarkeit der eingehenden Angebote, da alle Bieter ihre Preise auf Basis derselben Anforderungen kalkulieren.
Die Menge: Klarheit bei der Stückzahl
Die genaue Angabe der benötigten Menge ist fundamental. Es muss eindeutig hervorgehen, wie viele Einheiten der ausgeschriebenen Leistung oder des Produkts benötigt werden. Ob es sich um eine einmalige Lieferung großer Mengen oder um regelmäßige Lieferungen über einen bestimmten Zeitraum handelt, die Quantifizierung muss stimmen. Fehlt die Mengenangabe oder ist sie unklar, können Bieter kein verbindliches Angebot abgeben. Bei Büromaterial könnte dies die Anzahl der Packungen Kopierpapier, die Stückzahl von Stiften, die Anzahl der Tonerpatronen für bestimmte Druckermodelle oder die Meterzahl von Klebeband sein. Präzise Mengenangaben sind unerlässlich für die Kalkulation und die spätere Abwicklung.
Die Einheit: Die Basis der Mengenangabe
Eng verbunden mit der Menge ist die Einheit. Für jede Leistung oder jedes Produkt muss die Einheit, in der die Menge angegeben wird, klar definiert sein. Eine Menge von „1000“ ist bedeutungslos ohne die zugehörige Einheit. Sind es 1000 Stück, 1000 Kartons, 1000 Meter oder 1000 Liter? Die korrekte und eindeutige Angabe der Einheit (z.B. Stück, Meter, Quadratmeter, Karton, Palette, Liter, Stunde, Tag) ist zwingend erforderlich, um Missverständnisse bei der Kalkulation und Abrechnung zu vermeiden. Die Einheit muss logisch zur ausgeschriebenen Leistung oder zum Produkt passen.
Wer erstellt Ausschreibungstexte und worauf ist zu achten?
Die Erstellung von Ausschreibungstexten erfordert Sorgfalt und Fachwissen. Idealerweise werden sie von Personen erstellt, die sowohl über kaufmännisches Verständnis als auch über technisches oder fachliches Wissen bezüglich der ausgeschriebenen Leistung verfügen. In größeren Unternehmen arbeiten oft Einkaufsabteilungen eng mit Fachabteilungen (z.B. IT für Hardware/Software, Marketing für Drucksachen, Facility Management für Dienstleistungen) zusammen, um sicherzustellen, dass die Anforderungen präzise und vollständig erfasst werden.
Ein zentraler Grundsatz bei der Erstellung ist die Klarheit. Der Text muss so formuliert sein, dass alle potenziellen Bieter die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten oder Rückfragen zu kalkulieren. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A), auch wenn sie speziell für das Bauwesen gilt, formuliert diesen Anspruch sehr treffend: „Die Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Unternehmen die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können.“ Dieser Grundsatz ist universell auf jede Art von Ausschreibung anwendbar.
Konkret bedeutet das:
- Eindeutigkeit: Vermeiden Sie mehrdeutige Formulierungen oder Fachbegriffe, die nicht allgemein bekannt sind. Seien Sie spezifisch.
- Technische und fachliche Korrektheit: Die Beschreibung muss fachlich korrekt sein. Wenn Sie Toner für einen bestimmten Druckertyp ausschreiben, muss die Bezeichnung des Toners und des Druckers stimmen.
- Vollständigkeit: Alle relevanten Faktoren, die die Kosten oder die Ausführung beeinflussen könnten, müssen erwähnt werden. Bei Büromöbeln könnte das die Farbe, das Material, die Maße, aber auch Anforderungen an die Lieferung und Montage sein.
- Berücksichtigung von Normen und Vorschriften: Gibt es relevante Industrienormen (z.B. für Papierqualität) oder gesetzliche Vorschriften (z.B. Umweltstandards), sollten diese erwähnt oder referenziert werden.
Beim sogenannten Einheitspreisvertrag, der in vielen Bereichen der Beschaffung üblich ist, enthält der Ausschreibungstext neben der detaillierten Leistungsbeschreibung auch die Abrechnungseinheit. Das bedeutet, dass nicht nur die Gesamtmenge, sondern auch die entsprechende Einheit (z.B. Stück, Meter, Quadratmeter) und die Menge pro Einheit festgelegt werden müssen, da die Abrechnung später pro Einheit erfolgt.

Formate und digitale Übermittlung
In der modernen Beschaffung spielt die digitale Übermittlung von Ausschreibungsunterlagen eine immer größere Rolle. Formate, die einen standardisierten Datenaustausch ermöglichen, sind hierbei von Vorteil. Im Bauwesen ist GAEB (Gemeinsamer Ausschuss Elektronik im Bauwesen) ein etabliertes Format für den Austausch von Leistungsverzeichnissen und Angeboten. Auch wenn GAEB spezifisch für das Bauwesen ist, zeigt es den Trend zu standardisierten, maschinenlesbaren Formaten im Einkauf. Solche Formate ermöglichen eine effizientere Bearbeitung der Ausschreibungen sowohl auf Seiten des Auftraggebers als auch auf Seiten der Bieter und erleichtern die Integration in Warenwirtschafts- oder E-Procurement-Systeme.
Häufige Fragen zu Ausschreibungstexten
Bei der Erstellung und Bearbeitung von Ausschreibungstexten tauchen immer wieder Fragen auf. Hier sind einige davon:
Muss immer ein Kurztext und ein Langtext erstellt werden?
In der Regel ja. Der Kurztext dient der schnellen Orientierung und der Langtext der detaillierten Beschreibung. Für sehr einfache, standardisierte Produkte kann der Langtext kürzer ausfallen, aber eine präzise Beschreibung ist immer notwendig.
Was passiert, wenn die Beschreibung unklar ist?
Unklare Beschreibungen führen zu Rückfragen von Bietern, verzögern den Prozess und können dazu führen, dass Bieter unterschiedliche Leistungen anbieten, die schwer vergleichbar sind. Im schlimmsten Fall erhalten Sie kein passendes Angebot oder es kommt später zu Streitigkeiten über die erbrachte Leistung.
Wie detailliert muss die Qualitätsbeschreibung sein?
So detailliert wie nötig, um sicherzustellen, dass Sie die gewünschte Qualität erhalten und Bieter diese eindeutig kalkulieren können. Verweisen Sie auf Normen, geben Sie Spezifikationen an (z.B. Materialzusammensetzung, Zertifizierungen, Leistungsdaten).
Können Alternativangebote zugelassen werden?
Ja, oft ist es sinnvoll, Alternativangebote zuzulassen, um innovative oder kostengünstigere Lösungen zu ermöglichen. Allerdings muss im Ausschreibungstext klar definiert sein, unter welchen Bedingungen Alternativen zugelassen sind und welche Mindestanforderungen sie erfüllen müssen. Das Hauptangebot muss jedoch immer die im Text beschriebene Leistung abbilden.
Sollten Markennamen genannt werden?
In der Regel sollten Ausschreibungen produktneutral formuliert sein, um den Wettbewerb nicht einzuschränken. Statt eines Markennamens sollten die technischen oder qualitativen Eigenschaften beschrieben werden. Wenn die Nennung eines Markennamens unumgänglich ist (z.B. wegen Kompatibilität mit bestehender Infrastruktur wie bei Druckerpatronen), sollte der Zusatz „oder gleichwertig“ verwendet werden, um Alternativen zuzulassen, die die gleichen Spezifikationen erfüllen.
Fazit
Ein gut durchdachter und präzise formulierter Ausschreibungstext ist das A und O für eine erfolgreiche Beschaffung. Er schafft Klarheit für alle Beteiligten, minimiert das Risiko von Missverständnissen und Fehlkalkulationen und ermöglicht einen fairen und transparenten Wettbewerb. Die Struktur aus Kurztext, Langtext, klarer Mengenangabe und definierter Einheit hat sich bewährt und sollte bei der Erstellung von Ausschreibungen – ob für Bauleistungen, IT oder Büromaterial – stets als Leitfaden dienen. Investieren Sie Zeit und Sorgfalt in die Formulierung Ihrer Ausschreibungstexte; es zahlt sich durch effizientere Prozesse und bessere Ergebnisse aus.
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