Warum hat Staples geschlossen?

Betriebsinsolvenz: Abläufe und Chancen

28/12/2019

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Wenn ein Unternehmen in finanzielle Schieflage gerät und seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, steht oft das Thema Insolvenz im Raum. Dies ist keine Seltenheit und kann verschiedene Ursachen haben, nicht immer sind es nur unternehmerische Fehlentscheidungen. Manchmal führen der Wegfall wichtiger Auftraggeber oder unvorhergesehene Wirtschaftskrisen dazu, dass die Liquidität rapide sinkt. In solchen Momenten stellt sich die drängende Frage, ob ein Insolvenzverfahren eine sinnvolle Option sein kann.

Wie geht es mit Staples weiter?
“ 2022 schloss nicht nur die Gladbecker Filiale von Staples. Der Büroartikelhändler Staples muss alle 50 Filialen in Deutschland schließen. Die OfficeCentre GmbH, zu der auch Staples gehört, hatte in Frühjahr 2022 Insolvenz anmelden müssen.

Investitionen, die in wirtschaftlich guten Zeiten auf Kredit getätigt wurden, können in Krisenzeiten schnell zur Last werden. Sinkt die Auftragslage, fehlt das Geld zur Bedienung der Kredite und zur Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs. Eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit erfordert schnelles Handeln und fundiertes Wissen über die nächsten Schritte.

Übersicht

Was genau bedeutet Insolvenz für einen Betrieb?

Die Betriebsinsolvenz beschreibt den Zustand, in dem ein Unternehmen zahlungsunfähig ist. Das bedeutet, es kann die fälligen Forderungen seiner Gläubiger nicht mehr begleichen. Ein Insolvenzverfahren wird eingeleitet, um zu prüfen, ob das Unternehmen gerettet und saniert werden kann oder ob die Schließung unumgänglich ist. Es dient dazu, die Gläubiger so gut und gleichmäßig wie möglich aus dem vorhandenen Vermögen zu befriedigen.

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgt grundsätzlich nur auf Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht. Für bestimmte Rechtsformen wie GmbH, UG, AG, Genossenschaften, GmbH & Co. KG und oHG besteht sogar eine gesetzliche Antragspflicht, sobald Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eintritt.

Die übergeordneten Ziele eines Insolvenzverfahrens

Das Hauptziel des Insolvenzverfahrens ist die bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger. Dies kann auf zwei Wegen geschehen: Entweder durch die Verwertung (Zerschlagung) des Unternehmensvermögens und Verteilung des Erlöses oder durch eine Sanierung des Betriebs, aus deren zukünftigen Erträgen die Gläubiger bedient werden. Sanierungswege umfassen oft die übertragende Sanierung (Verkauf des Unternehmens) oder das Insolvenzplanverfahren. Ein zentrales Prinzip dabei ist die Gläubigergleichbehandlung – kein einzelner Gläubiger darf sich im Verfahren einen Vorteil verschaffen.

Wer darf einen Insolvenzantrag stellen?

Einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann der Schuldner selbst stellen, also der Unternehmer oder bei juristischen Personen der gesetzliche Vertreter (z. B. der Geschäftsführer einer GmbH). Auch Gläubiger wie Banken, Finanzämter oder Krankenkassen sind antragsberechtigt. Der Antrag muss beim zuständigen Amtsgericht (Insolvenzgericht) am Geschäftssitz des Unternehmens eingereicht werden. Dort sind die notwendigen Formulare erhältlich.

Ein Antrag durch einen Gläubiger (Fremdantrag) erfordert den Nachweis der Forderung und die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, beispielsweise durch das Protokoll eines erfolglosen Pfändungsversuchs.

Wo wird der Insolvenzantrag gestellt?

Zuständig für den Insolvenzantrag sind die Amtsgerichte, die als Insolvenzgerichte fungieren. Der örtlich zuständige Gerichtsstand ist in der Regel der Geschäftssitz des Schuldnerunternehmens. Das genaue zuständige Gericht kann oft online im Gerichtsverzeichnis eingesehen werden.

Das Regelinsolvenzverfahren im Detail

Das Regelinsolvenzverfahren ist der Standardweg für alle Unternehmensformen, sei es Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft, Selbstständiger oder Freiberufler. Es unterscheidet sich vom Verbraucherinsolvenzverfahren, das primär für Privatpersonen ohne selbstständige Tätigkeit oder ehemals Selbstständige mit wenigen Gläubigern und ohne Forderungen aus Arbeitsverhältnissen vorgesehen ist. Die Verfahrensvorschriften sind unterschiedlich.

Das Schutzschirmverfahren: Sanierung in Eigenverwaltung

Unternehmer, die sich in einer drohenden, aber noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit befinden und gute Sanierungsaussichten haben, können das Schutzschirmverfahren nutzen. Dies ist eine spezielle Form der Eigenverwaltung und ermöglicht eine frühzeitige Sanierung mittels Insolvenzplan unter eigener Regie. Ein Antrag ist nur zulässig, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht oder das Unternehmen überschuldet ist und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Eine Bescheinigung darüber muss von einem erfahrenen Insolvenzexperten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt) ausgestellt und dem Antrag beigefügt werden. Bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit ist dieses Verfahren nicht möglich.

Vorteile des Schutzschirmverfahrens:

  • Der Schuldner behält die Kontrolle über sein Unternehmen.
  • Die Verfahrensdauer ist oft kürzer (ca. sechs bis sieben Monate).
  • Geringere Verfahrenskosten erhöhen die Quote für Gläubiger.
  • Es gibt eine Liquiditätserhöhung, da zwischen Antrag und Eröffnung (bis zu drei Monate) keine Steuern und Sozialabgaben abgeführt werden müssen.

Besonderheiten sind unter anderem das Vorschlagsrecht des Schuldners für den Sachwalter, die Pflicht zur Erstellung eines Sanierungsplans innerhalb von maximal drei Monaten und ein Vollstreckungsschutz während dieser Planungsphase. Zudem können Forderungen in Gesellschaftsanteile umgewandelt werden (Debt-Equity-Swap).

Restschuldbefreiung: Ein Weg in die Schuldenfreiheit

Ein wichtiger Aspekt, insbesondere für natürliche Personen (Selbstständige, Freiberufler, Privatpersonen), ist die Restschuldbefreiung. Seit dem 1. Oktober 2020 ist die Verkürzung auf drei Jahre der Regelfall. Nach erfolgreichem Abschluss der sogenannten Wohlverhaltensperiode kann ein redlicher Schuldner von seinen restlichen Altschulden befreit werden. Dies gilt nicht für juristische Personen wie die GmbH.

Die Restschuldbefreiung ist besonders relevant, wenn nach der Verwertung des Vermögens noch erhebliche Schulden bestehen bleiben. Voraussetzung ist, dass der Schuldner (ggf. zusätzlich zu einem Fremdantrag) selbst einen Insolvenzantrag gestellt hat. Während der Wohlverhaltensperiode muss sich der Schuldner um eine Erwerbstätigkeit bemühen und das pfändbare Einkommen an einen Treuhänder abtreten. Bei unredlichem Verhalten oder Verurteilung wegen Insolvenzstraftaten kann die Restschuldbefreiung versagt werden.

Für Gläubiger bedeutet die Möglichkeit der schnellen Restschuldbefreiung, dass konsequentes Forderungsmanagement und ein funktionierendes Mahnwesen umso wichtiger werden, um Ausfälle zu minimieren.

Verfahrenskosten im Insolvenzverfahren

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass genügend Vermögen vorhanden ist, um die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Vergütung des Insolvenzverwalters) zu decken. Ist der Schuldner eine natürliche Person und mittellos, kann er eine Stundung der Verfahrenskosten beantragen. Ein Gläubiger kann auch einen Massekostenvorschuss leisten, um die Abweisung mangels Masse zu verhindern.

Wann wird ein Insolvenzverfahren eröffnet?

Ein Insolvenzverfahren wird eröffnet, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Die häufigsten Gründe sind die eingetretene Zahlungsunfähigkeit (der Schuldner kann fällige Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen) oder die drohende Zahlungsunfähigkeit (der Schuldner kann absehbar fällige Zahlungen nicht leisten). Bei juristischen Personen kommt zusätzlich die Überschuldung hinzu. Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (positive Fortführungsprognose). Geschäftsführer einer GmbH müssen bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag stellen. Eine verspätete Antragstellung (Insolvenzverschleppung) kann strafrechtliche Konsequenzen und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.

Die Betriebsinsolvenz: Wichtige Fakten und erste Schritte

Eine Betriebsinsolvenz muss nicht das Ende bedeuten, erfordert aber schnelles Handeln, um eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden. Bei Zahlungsschwierigkeiten sollten folgende Schritte beachtet werden:

  1. Antragstellung: Der Unternehmer oder ein Gläubiger stellt einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht.
  2. Vorläufiges Verfahren: Das Gericht ordnet ein vorläufiges Insolvenzverfahren an und bestellt einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Oft wird ein allgemeines Verfügungsverbot über das Vermögen des Schuldners angeordnet. Der vorläufige Insolvenzverwalter prüft die Vermögenssituation und die Sanierungsaussichten.
  3. Prüfung der Masse: Der Verwalter prüft, ob genügend Vermögen (Masse) vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Während dieser Zeit sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger oft nicht möglich.
  4. Eröffnung oder Abweisung: Reicht die Masse aus und liegt ein Insolvenzgrund vor, eröffnet das Gericht das Hauptinsolvenzverfahren. Reicht die Masse nicht aus, wird der Antrag mangels Masse abgewiesen.
  5. Hauptverfahren: Bei Eröffnung übernimmt der Insolvenzverwalter die volle Verfügungsgewalt über das Unternehmen. Gläubiger müssen ihre Forderungen beim Verwalter anmelden. Dieser versucht, das Unternehmen zu sanieren oder das Vermögen zu verwerten und die Gläubiger zu befriedigen.

Die Abweisung mangels Masse führt bei juristischen Personen zur Auflösung. Bei natürlichen Personen kann sie zur Eintragung ins Schuldnerverzeichnis oder sogar zur Gewerbeuntersagung führen.

Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Betriebsinsolvenz

Arbeitnehmer sind von einer Betriebsinsolvenz stark betroffen. Ihr Arbeitsverhältnis bleibt grundsätzlich bestehen, die Arbeitgeberstellung geht jedoch auf den Insolvenzverwalter über. Ausstehende Lohnzahlungen sollten schriftlich angemahnt werden.

Ein zentrales Sicherungsinstrument ist das Insolvenzgeld. Die Arbeitsagentur zahlt Insolvenzgeld als Ersatz für bis zu drei Monate ausstehenden Lohn vor der Eröffnung des Verfahrens oder bei Abweisung mangels Masse. Arbeitnehmer müssen dies aktiv und fristgerecht beantragen.

Wieso schließt Karstadt?
Von den Schließungen sind rund 1.400 Mitarbeiter*innen betroffen - 11.400 Jobs bleiben vorerst erhalten. Hintergrund der Schließungen seien zu hohe Mieten. Nächster Schritt im Anfang April eröffneten Insolvenzverfahren ist eine Gläubigerversammlung Ende Mai.

Kündigungsschutzbestimmungen gelten auch in der Insolvenz. Eine Insolvenz allein ist kein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Betriebsbedingte Kündigungen sind unter Beachtung der Sozialauswahl möglich. Eine Besonderheit ist die verkürzte Kündigungsfrist von maximal drei Monaten zum Monatsende, unabhängig von längeren gesetzlichen oder vertraglichen Fristen.

Wie erhalten Gläubiger ihr Geld im Insolvenzverfahren?

Gläubiger werden vom Insolvenzgericht aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer Frist (meist 2 Wochen bis 3 Monate) beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Die Anmeldung sollte schriftlich erfolgen, Art und Höhe der Forderung sowie der Rechtsgrund müssen angegeben und belegt werden. Nicht angemeldete Forderungen werden vom Insolvenzverwalter nicht berücksichtigt, selbst wenn sie aus der Buchhaltung des Schuldners ersichtlich sind. Zinsen können nur bis zum Tag der Verfahrenseröffnung geltend gemacht werden. Die Befriedigung der Gläubiger erfolgt in der Regel quotal aus der verfügbaren Insolvenzmasse.

Insolvenzverfahren bei Einzelunternehmen und Selbstständigen

Einzelunternehmer und Selbstständige haften mit ihrem gesamten Privatvermögen. Für sie steht neben der Betriebsinsolvenz auch die Option der Privatinsolvenz (Verbraucherinsolvenz) offen, insbesondere wenn die Tätigkeit beendet wird, weniger als 20 Gläubiger vorhanden sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Die Privatinsolvenz ist oft einfacher und schneller. Im Regelinsolvenzverfahren können auch Selbstständige die Restschuldbefreiung beantragen.

Wichtig für Selbstständige: Das Insolvenzverfahren muss nicht das Aus für die Tätigkeit bedeuten. Der Insolvenzverwalter kann die selbstständige Tätigkeit freigeben. Der Schuldner führt die Tätigkeit dann außerhalb der Insolvenzmasse weiter und führt monatlich den pfändbaren Betrag an den Verwalter ab. Persönliche Gegenstände wie Wohnungsinventar oder ein für die Tätigkeit benötigtes Auto sind oft geschützt. Ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) sichert die Grundversorgung mit Bargeld.

Insolvenz bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG)

Geschäftsführer von GmbHs und Vorstände von AGs haben eine strenge Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Der Antrag muss unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen gestellt werden. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu erheblichen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Aktiv gegen den Betriebsverlust: Sanierungsmöglichkeiten

Unternehmer können proaktiv handeln, um den Betriebsverlust zu verhindern oder die Kontrolle zu behalten:

  • Auffanggesellschaft: Gründung einer neuen Gesellschaft vor der Insolvenz zur Übernahme von Teilen des Betriebs.
  • Freigabe aus der Masse: Kauf des Betriebs oder von Betriebsteilen durch eine andere Gesellschaft vom Insolvenzverwalter (Asset Deal).
  • Eigenverwaltung: Antrag auf Eigenverwaltung ermöglicht es dem Unternehmer, die Geschäftsführung unter Aufsicht eines Sachwalters selbst fortzuführen und die Sanierung zu leiten. Dies setzt gute Sanierungsaussichten und Kooperationsbereitschaft voraus und ist oft kostengünstiger.
  • Schutzschirmverfahren: Eine spezielle Form der Eigenverwaltung bei drohender, aber noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit zur Vorbereitung einer Sanierung mittels Insolvenzplan. Bietet Vollstreckungsschutz und ermöglicht dem Schuldner die Ausarbeitung eines Sanierungskonzepts unter eigener Führung.

Diese Wege erfordern eine sorgfältige Planung und oft die Begleitung durch erfahrene Rechtsanwälte oder Sanierungsberater.

Abweisung mangels Masse: Folgen

Wird ein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen, weil das Vermögen nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht, hat dies ernste Folgen. Bei juristischen Personen führt es zur Auflösung und Löschung im Handelsregister. Natürliche Personen werden im Schuldnerverzeichnis eingetragen, was die Kreditwürdigkeit stark beeinträchtigt. Eine Abweisung mangels Masse kann auch berufs- oder gewerberechtliche Folgen haben, bis hin zur Gewerbeuntersagung oder dem Entzug von Zulassungen (z. B. bei Maklern, Bauträgern).

Die Insolvenzgeldumlage (U3)

Zur Finanzierung des Insolvenzgeldes müssen fast alle Arbeitgeber in Deutschland eine Umlage (U3) zahlen. Sie wird auf Basis der rentenversicherungspflichtigen Entgelte der Arbeitnehmer berechnet und monatlich abgeführt. Die Kosten trägt allein der Arbeitgeber. Ausgenommen sind nur wenige Arbeitgeber, bei denen ein Insolvenzfall gesetzlich ausgeschlossen ist (z. B. Bund, Länder, Gemeinden, bestimmte öffentlich-rechtliche Körperschaften).

Insolvenzverfahren als Chance zur Sanierung

Gerade für Selbstständige und Kleinunternehmer kann ein Insolvenzverfahren auch eine Chance sein. Es ermöglicht eine finanzielle Sanierung und bietet oft die Möglichkeit, die selbstständige Tätigkeit fortzuführen. Durch die Restschuldbefreiung nach drei Jahren können sie langfristig schuldenfrei werden. Wichtig ist, frühzeitig zu handeln und ggf. die Stundung der Verfahrenskosten zu beantragen, falls keine ausreichenden Mittel vorhanden sind. Eine umfassende Beratung durch Schuldnerberatungsstellen oder spezialisierte Anwälte ist ratsam.

Privatinsolvenz für ehemals Selbstständige

Selbstständige, die ihre Tätigkeit bereits eingestellt haben, können unter bestimmten Voraussetzungen (weniger als 20 Gläubiger, keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen) das einfachere und kostengünstigere Verbraucherinsolvenzverfahren (Privatinsolvenz) durchlaufen. Auch hier ist die Restschuldbefreiung nach drei Jahren möglich. Bei Mittellosigkeit können Verfahrenskosten gestundet und Beratungshilfe in Anspruch genommen werden.

Die Eigenverwaltung: Sanieren unter eigener Regie

Die Eigenverwaltung ist ein Verfahren zur Sanierung eines Unternehmens unter Fortführung der Geschäftsführung durch den Schuldner selbst. Ein Sachwalter überwacht das Verfahren, hat aber weniger Befugnisse als ein Insolvenzverwalter. Ziel ist die Sanierung auf Basis eines Insolvenzplans, der von den Gläubigern genehmigt werden muss. Die Eigenverwaltung ist sinnvoll, wenn die Fortführung des Unternehmens aussichtsreich ist und das Know-how der bisherigen Geschäftsleitung entscheidend ist. Sie kann durch einen Antrag auf Eigenverwaltung oder einen Antrag auf Schutzschirmverfahren eingeleitet werden.

Forderungen aus unerlaubter Handlung: Keine Restschuldbefreiung

Ein wichtiger Punkt für Schuldner: Bestimmte Forderungen sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Dazu gehören insbesondere Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. Solche Forderungen müssen auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung beglichen werden. Sie müssen vom Gläubiger bei der Anmeldung zur Insolvenztabelle ausdrücklich als solche gekennzeichnet und begründet werden. Schuldner sollten solche Anmeldungen sorgfältig prüfen und ggf. Widerspruch einlegen. Ein Insolvenzplan kann unter Umständen auch Deliktsforderungen einbeziehen.

Häufig gestellte Fragen zur Betriebsinsolvenz

Was sind die ersten Anzeichen einer drohenden Insolvenz?

Typische Anzeichen sind Zahlungsschwierigkeiten bei fälligen Rechnungen, Mahnungen von Lieferanten oder Banken, Rückstände bei Steuern und Sozialabgaben oder eine rechnerische Überschuldung.

Wie lange dauert ein Insolvenzverfahren?

Die Dauer variiert stark je nach Komplexität des Falls und dem gewählten Verfahrensweg (Regelinsolvenz, Schutzschirmverfahren). Das Schutzschirmverfahren ist auf maximal drei Monate Vorbereitung und sechs bis sieben Monate Verfahrensdauer angelegt. Die Restschuldbefreiung für natürliche Personen ist nach drei Jahren möglich.

Kann ich mein Unternehmen trotz Insolvenz fortführen?

Ja, eine Fortführung ist möglich, insbesondere im Rahmen der Eigenverwaltung, des Schutzschirmverfahrens oder bei Freigabe der Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter (bei Einzelunternehmen/Selbstständigen). Dies hängt von der Sanierungsfähigkeit und -bereitschaft ab.

Was passiert mit meinen Mitarbeitern?

Die Arbeitsverhältnisse bestehen grundsätzlich fort. Der Insolvenzverwalter wird zum neuen Ansprechpartner. Mitarbeiter haben Anspruch auf Insolvenzgeld für ausstehende Lohnzahlungen und Kündigungsschutzbestimmungen gelten weiterhin, wenn auch mit Besonderheiten bei den Kündigungsfristen.

Muss ich als Geschäftsführer persönlich haften?

Bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) ist die Haftung grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Persönliche Haftungsrisiken entstehen jedoch bei Pflichtverletzungen, insbesondere bei verspäteter Insolvenzantragstellung (Insolvenzverschleppung), aber auch bei anderen Insolvenzstraftaten oder Vergehen.

Vergleich verschiedener Verfahrenswege

VerfahrenWer beantragt?ZielKontrolleRestschuldbefreiungDauer (Restschuldbefreiung)
RegelinsolvenzSchuldner oder GläubigerGläubigerbefriedigung (Sanierung oder Zerschlagung)InsolvenzverwalterJa (natürliche Personen)3 Jahre
SchutzschirmverfahrenSchuldner (bei drohender Zahlungsunfähigkeit)Sanierung in Eigenverwaltung per InsolvenzplanSchuldner (unter Aufsicht Sachwalter)Ja (natürliche Personen)3 Jahre
EigenverwaltungSchuldnerSanierung in Eigenverwaltung per InsolvenzplanSchuldner (unter Aufsicht Sachwalter)Ja (natürliche Personen)3 Jahre
VerbraucherinsolvenzSchuldner (ehem. Selbstständige mit <20 Gläubigern, keine Arb.-Forderungen)Schuldenabbau & RestschuldbefreiungTreuhänderJa3 Jahre

Die Wahl des richtigen Verfahrens und frühzeitige Beratung sind entscheidend, um die bestmöglichen Ergebnisse für alle Beteiligten zu erzielen. Eine Insolvenz ist eine Krise, kann aber mit professioneller Begleitung auch der Weg zu einem Neuanfang sein.

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