Warum heißt Monheim Monheim?

Göttingens Geschichte: Über 1000 Jahre

14/10/2019

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Göttingen, erstmals urkundlich im Jahr 953 als Dorf „Gutingi“ erwähnt, blickt auf eine lange und bewegte Vergangenheit zurück. Dieses ursprüngliche Dorf entstand in der Nähe der heutigen St.-Albani-Kirche am Fluss Leine. Der später gegründete Marktflecken „Gotingen“ erhielt um 1230 die Stadtrechte, während das alte Dorf lange Zeit daneben existierte. Göttingen entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer bedeutenden Stadt und wurde 1964 zur Großstadt erklärt, heute eines der neun Oberzentren Niedersachsens.

Wie lange gibt es Göttingen?
Unter welchen Umständen die Stadt Göttingen entstand, ist historisch nicht exakt zu bestimmen. Man geht davon aus, dass Heinrich der Löwe die Stadtgründung zwischen 1150 und 1180/1200 initiierte. In der Zeit zwischen 1201 und 1208 wird Pfalzgraf Heinrich, der Bruder Ottos IV., als Stadtherr angegeben.

Die Stadt liegt in Südniedersachsen und ist stark von ihrer Rolle als Universitätsstadt geprägt. Mit einem hohen Anteil an Studenten ist das städtische Leben eng mit der Georg-August-Universität, der ältesten und zweitgrößten Universität Niedersachsens, sowie zwei weiteren Hochschulen verbunden.

Übersicht

Die frühen Anfänge und das Mittelalter

Archäologische Funde belegen, dass das Gebiet des heutigen Göttingens bereits seit der frühen Jungsteinzeit besiedelt war. Spuren aus der Bronze- und Eisenzeit sind ebenfalls vorhanden. Das Dorf Gutingi, aus dem die Stadt hervorging, lässt sich archäologisch bis ins 7. Jahrhundert zurückverfolgen. Die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 953 dokumentiert eine Schenkung von König Otto I. an das Kloster St. Moritz in Magdeburg. Das Dorf lag auf einem Hügel am Ostrand des Leinetalgrabens. Die St.-Albani-Kirche, spätestens zu Beginn des 11. Jahrhunderts geweiht, ist die älteste Kirche Göttingens. Archäologische Funde deuten auf Handwerk und weitreichende Handelsbeziehungen des alten Dorfes hin. Seinen Namen bezog das Dorf vermutlich von einem kleinen Bach namens Gote.

Parallel zum Dorf Gutingi trat etwa zwei Kilometer nordwestlich die Pfalz Grona (Grone) in Erscheinung. Als neu erbaute Burg wurde sie 915 erwähnt und später zur Pfalz ausgebaut. Sie war ein wichtiger Aufenthaltsort für Könige und Kaiser, insbesondere für Heinrich II., der dort 1024 verstarb. Die Burg verlor später ihre Bedeutung als Pfalz, wurde umgebaut und schließlich im 14. Jahrhundert von den Göttinger Bürgern zerstört.

Westlich des Dorfes Gutingi, an der Straße, die zu einer Furt über die Leine führte, entwickelte sich im Laufe der Zeit ein Wik, eine kaufmännische Siedlung. Diese Siedlung übernahm den Ortsnamen und erhielt später, um 1230, das Stadtrecht als „Gotingen“. Das ursprüngliche Dorf, nun „Altes Dorf“ genannt, lag außerhalb der ersten Stadtmauer, ist aber im Stadtgrundriss noch erkennbar.

Die genauen Umstände der Stadtgründung sind historisch nicht eindeutig geklärt, man geht jedoch davon aus, dass Heinrich der Löwe die Initiative zwischen 1150 und 1200 ergriff. In dieser Zeit wurden erstmals Göttinger Bürger erwähnt, was auf eine städtische Organisation hindeutet. Die Welfen, denen Göttingen unterstand, verwalteten ihren Besitz von einem Hof aus, der später zur Burg „Ballerhus“ ausgebaut wurde.

Göttingen war nie eine Reichsstadt, sondern blieb den welfischen Herzögen von Braunschweig-Lüneburg untertan. Trotzdem konnte die Stadt im Laufe der Zeit bedeutende Freiheiten erlangen. Die Auseinandersetzungen der Welfen im 13. Jahrhundert nutzten die Göttinger Bürger geschickt, um ihre politischen Interessen voranzutreiben. Herzog Otto das Kind bestätigte 1232 die Rechte der Göttinger, die ihren Handel erleichterten und ihre Selbstverwaltung definierten. Spätestens zu dieser Zeit existierte ein Stadtrat. Namen von Ratsherren sind ab 1247 überliefert.

Ausbau, Erweiterung und Blütezeit

Das zunächst durch die alte Stadtbefestigung geschützte Areal umfasste den Markt, das alte Rathaus, die Hauptkirchen St. Johannis und St. Jacobi sowie die wichtigsten Verkehrswege. Das alte Dorf mit der Albanikirche lag zunächst außerhalb. Die Befestigung bestand zunächst aus Wällen, später aus Mauern. Von der alten Mauer ist nur ein Turm und ein Mauerteil in der Turmstraße erhalten. Das befestigte Gebiet war mit etwa 25 Hektar größer als benachbarte welfische Städte.

Um 1362 begann der Bau des größeren Walls, der die Stadt über 200 Jahre lang prägte und insgesamt 400 Jahre Bau- und Ausbauzeit erforderte. Dieser Wall besaß eine starke Stützmauer, einen breiten Festungsgraben, mindestens 30 Türme und Außenbastionen. Vier Haupttore wurden errichtet. Der Bach Gote wurde durch einen Kanal mit der Leine verbunden, was zu einem wasserreicheren Leinekanal durch die Stadt führte.

Nach einer welfischen Erbteilung 1286 wählte Herzog Albrecht der Feiste Göttingen zu seinem Herrschaftssitz. Er zog in die Burg Ballerhus. Um ein Gegengewicht zur wachsenden Stadt zu schaffen, legte er westlich der Mauern eine Neustadt an. Dieses Projekt scheiterte jedoch, und der Göttinger Rat kaufte die Neustadt 1319 auf. Im Süden der Neustadt wurde die St.-Marien-Kirche errichtet und später dem Deutschen Ritterorden übertragen.

Am Rande der Altstadt entstanden im späten 13. Jahrhundert zwei Klöster: das Franziskanerkloster (ab 1268 oder 1246 nachweisbar, Kirche 1306 geweiht) im Osten und das Dominikanerkloster (ab 1294, Paulinerkirche 1331 geweiht) im Papendiek. Das Franziskanerkloster wurde im Zuge der Reformation 1533 aufgelöst.

Juden siedelten sich im späten 13. Jahrhundert an, hauptsächlich in der Nähe der St.-Jacobi-Kirche. Ihre Geschichte in Göttingen war im Mittelalter von Leid geprägt, mit Pogromen und Vertreibungen, insbesondere nach 1369/1370. Von 1460 bis 1599 lebten über 100 Jahre lang keine Juden in Göttingen.

Das 14. und 15. Jahrhundert waren eine Blütezeit für Göttingen, was sich in bedeutenden Bauwerken wie den gotischen Hallenkirchen St. Johannis und St. Jacobi sowie dem Rathaus widerspiegelt. Der Befestigungsring wurde um 1360 neu abgesteckt, um die Neustadt und das Alte Dorf einzuschließen, wodurch das Stadtgebiet auf etwa 75 Hektar wuchs. Ab 1380 entstand die Göttinger Landwehr im Umland.

Wachstum, Selbständigkeit und wirtschaftlicher Wandel

Nach dem Tod Albrechts des Feisten 1318 gehörte Göttingen zum Fürstentum Göttingen, einem Teilfürstentum im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg. Unter Herzog Otto I., genannt der Quade, gelang es Göttingen, seinen Status als autonome Stadt zu festigen. Obwohl Otto I. die Stadt bedrängte, konnte er letztlich die Landesherrschaft nicht weiter ausbauen, wovon die Selbständigkeit Göttingens profitierte. Ein Höhepunkt der Auseinandersetzungen war 1387, als die Göttinger die herzogliche Burg stürmten und in einer Feldschlacht bei Rosdorf/Grone die fürstliche Streitmacht besiegten. Dieses Jahr markiert einen wichtigen Einschnitt für die städtische Autonomie. Auch unter Ottos Nachfolger Otto Cocles konnte Göttingen seine Selbständigkeit weiter ausbauen, nicht zuletzt durch das Aussterben des Hauses Braunschweig-Göttingen.

Obwohl offiziell den Braunschweiger Herzögen untertan, kämpfte sich Göttingen eine bedeutende Selbständigkeit ab und wurde teilweise als Reichsstadt geführt. Das Verhältnis zur Landesherrschaft blieb bis ins späte 15. Jahrhundert angespannt. Nach dem Tod Otto Cocles’ und weiteren Erbteilungen fiel Göttingen an Erich von Calenberg-Göttingen. Die Stadt verweigerte zunächst die Huldigung, was zur Reichsacht führte. Wirtschaftliche Schwächung zwang die Stadt 1512 zur Huldigung, doch das Verhältnis besserte sich, da Erich finanziell auf die Stadt angewiesen war.

Grundlage für den Aufschwung im Spätmittelalter war die günstige Lage an einem wichtigen Nord-Süd-Handelsweg. Dies begünstigte die Wollweberei, den wichtigsten Wirtschaftszweig. Die Wollweber, insbesondere die ab 1475 angeworbenen neuen Fachkräfte, brachten neue Techniken und festigten Göttingens Stellung als Tuchmacherstadt für drei Generationen. Erst Ende des 16. Jahrhunderts führte die Konkurrenz durch billige englische Tücher zum Niedergang.

Die Göttinger Kaufleute profitierten vom Fernhandel zwischen wichtigen Städten wie Lübeck und Frankfurt am Main. Der Göttinger Markt erlangte überregionale Bedeutung mit vier Jahrmärkten jährlich. Göttingen trat der Hanse bei (erste Ladung zum Hansetag 1351), blieb aber eher distanziert und trat 1572 endgültig aus.

Reformation und Dreißigjähriger Krieg

Das 16. Jahrhundert begann mit wirtschaftlichen Problemen und Spannungen zwischen Handwerksgilden und Rat. Ein offener Konflikt 1514, ausgelöst durch neue Steuern, führte zur zeitweisen Absetzung des Rates. Dieser Konflikt bildete einen Nährboden für die Einführung der Reformation.

Obwohl die Reformation ab 1517 weite Teile Deutschlands erfasste, erreichte sie Göttingen erst 1529. Ausgelöst wurde der Umbruch von den neuen Wollenwebern, die progressiver als die Alteingesessenen waren. Sie empfingen eine Bartholomäus-Prozession mit evangelischen Chorälen und Spottliedern. Mit dem evangelischen Prediger Friedrich Hüventhal kam die Bewegung in Gang. Trotz anfänglichen Widerstands des Rates und des Herzogs Erich I. (der am alten Glauben festhielt) fand am 24. Oktober 1529 der erste reguläre evangelische Gottesdienst in der Paulinerkirche statt. Die Stadt verabschiedete im November 1529 eine Kirchenreform und politische Neuerungen. Herzog Erich I. reagierte schroff und schickte einen Fehdebrief. Hüventhal musste die Stadt verlassen, doch die Göttinger holten Heinrich Winkel aus Braunschweig. Johann Bruns, Pfarrer von Grone, wurde eine wichtige Figur der Kirchenpolitik. Nach Schließung der Pfarrkirchen, in denen nicht lutherisch gepredigt werden durfte, wurde am Palmsonntag 1530 die neue Kirchordnung verlesen. Martin Luther gab seine Zustimmung. Die Situation spitzte sich zu, und Göttingen trat 1531 dem Schmalkaldischen Bund bei. 1533 einigte sich die Stadt mit dem Herzog, auch beeinflusst von Herzogin Elisabeth, die später selbst zum evangelischen Glauben übertrat und die Reformation im Fürstentum durchsetzte.

Nach der Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg 1548 musste Göttingen das Augsburger Interim hinnehmen, weigerte sich aber, es durchzusetzen. Herzog Erich II. kehrte zurück, wurde katholisch und setzte das Interim durch, was zur Entlassung des Superintendenten Mörlin führte und als Schritt zur Beseitigung der städtischen Autonomie gesehen werden kann. Im Augsburger Religionsfrieden 1555 wurde den Fürsten das Recht zur Religionsbestimmung zugesprochen, doch Erich II. beließ das Fürstentum bei der evangelischen Lehre. Der Rat der Stadt unterzeichnete 1580 die Konkordienformel.

Nach Erichs II. Tod 1584 fiel das Fürstentum an Herzog Julius von Wolfenbüttel. Göttingen verlor an Einfluss und litt unter wirtschaftlichem Niedergang und Pestepidemien (1597, 1611, 1626).

Im Jahr 1623 wurde Göttingen in den Dreißigjähriger Krieg einbezogen. Die Stadt musste Garnisonen aufnehmen und Befestigungsanlagen ausbauen. 1625 belagerte Wallenstein die Stadt, zog aber nach der Wegnahme der Viehherde ab. Im Sommer 1626 belagerte und eroberte Tilly die Stadt. Göttingen litt schwer unter der kaiserlich-katholischen Besatzung und den Kontributionslasten, was zu Bevölkerungsrückgang und Leerstand führte. 1632 wurde Göttingen von schwedischen/weimarischen Truppen für die evangelische Seite zurückerobert, blieb aber unter protestantischer Besatzung. 1634 fiel Göttingen nach einer Erbteilung an Georg von Braunschweig und Lüneburg-Calenberg. 1641 musste Göttingen unter Herzog Christian Ludwig eine letzte große Belagerung durch kaiserliche Truppen unter Piccolomini überstehen. Nach Kriegsende trug die Stadt noch lange die Last der Garnison und Kriegskosten.

Wiederaufstieg als Universitätsstadt

Nach dem Dreißigjähriger Krieg setzte sich der wirtschaftliche Niedergang fort. Der Export von Textilien brach zusammen, die Einwohnerzahl sank auf unter 3000 um 1680. Der politische Niedergang folgte, die Herrschaft des Landesherrn ersetzte die Vorherrschaft der Gilden. Durch den Stadtrezess von 1690 wurde der Rat faktisch zu einem fürstlichen Verwaltungsorgan. Das Fürstentum Braunschweig-Calenberg wurde 1692 zum Kurfürstentum erhoben (Kurhannover), dessen Kurfürsten ab 1714 in Personalunion Könige von Großbritannien waren.

Da dem Kurfürstentum eine eigene Universität fehlte, wurde die Gründung einer neuen Hochschule beschlossen, die der Ausbildung von Theologen, Juristen und Ärzten dienen sollte. Die kurhannoversche Regierung entschied sich für Göttingen, wo bereits das Pädagogium im ehemaligen Paulinerkloster existierte und als Keimzelle dienen konnte. Ab 1733 unternahm die Stadt erhebliche bauliche Anstrengungen zur Aufnahme der Universität.

Während der Regierungszeit Georgs II. August, der der Universität ihren Namen gab, wurde 1734 der Lehrbetrieb der Georg-August-Universität eröffnet, die feierliche Einweihung folgte 1737. Der Erfolg der Neugründung war maßgeblich dem ersten Kurator Gerlach Adolph von Münchhausen zu verdanken. Die Universität brachte neuen Aufschwung und Bevölkerungswachstum. Durch intensive Bautätigkeit veränderte sich das Stadtbild. Neue Wohnungen, Gaststätten und Herbergen entstanden. Zur Verbesserung des kulturellen Angebots wurde ein Universitätsreitstall errichtet. Göttingen erlangte europaweit und in Übersee einen Ruf als Ort der Wissenschaft. Viele berühmte Gelehrte wirkten hier. Das Ansehen beruhte auch auf der klugen Anschaffungspolitik der Universitätsbibliothek und der Gründung der Königlichen Societät der Wissenschaften (spätere Akademie) 1751.

Der Siebenjährige Krieg brachte zwischen 1757 und 1762 neue Besatzungen durch französische Truppen, doch die Universität hielt den Lehrbetrieb aufrecht. Nach dem Krieg wurden die Stadtwälle geschleift und zu einer Promenade umgestaltet. Die entmilitarisierte Universitätsstadt konnte sich wieder voll dem Universitätsbetrieb widmen und trat in ihre Blütezeit ein.

Vom 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg

In den Napoleonischen Kriegen wurde das Kurfürstentum Hannover 1803 von französischen Truppen besetzt. Göttingen blieb zunächst verschont, möglicherweise wegen des Ansehens der Universität. Kurzzeitig zu Preußen gehörig, wurde Göttingen ab 1807 Teil des Königreichs Westphalen unter Jérôme Bonaparte und Hauptstadt des Leine-Departements. Die Fremdherrschaft dauerte bis 1813. Nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft wurde Hannover zum Königreich erhoben. Göttingen gehörte ab 1823 zur Landdrostei Hildesheim.

Im Jahr 1807 wurde Carl Friedrich Gauß, einer der weltweit angesehensten Mathematiker und Physiker, Leiter der Sternwarte der Universität.

Die aufkommende Nationalbewegung in Deutschland ging mit Forderungen nach Liberalisierung einher. Als die Pariser Julirevolution 1830 Deutschland erreichte, kam es im Januar 1831 zur Göttinger Revolution. Unter Führung von Johann Ernst Arminius von Rauschenplat wurde das Rathaus gestürmt und der Magistrat aufgelöst. Die Aufrührer forderten eine freie Verfassung. Die Regierung sandte Truppen, und die Revolution wurde am 16. Januar 1831 niedergeschlagen. Die Anführer wurden bestraft. Die Universität, kurzzeitig geschlossen, wurde im April wiedereröffnet. Als Folge des Aufstands änderte die Regierung die Stadtverfassung, die politische Rolle der Gilden endete, und Repräsentanten einer bürgerlichen Honoratiorenschicht traten an ihre Stelle.

Zum 100-jährigen Bestehen der Universität wurde 1837 eine neue Universitätsaula errichtet und eingeweiht. Im gleichen Jahr kam es zum Konflikt zwischen König Ernst August I. und sieben Göttinger Professoren. Der König hob die freiheitliche Verfassung von 1833 auf, woraufhin die Professoren protestierten. Ernst August I. entließ die Professoren und verwies drei des Landes. Dieses Ereignis hatte enorme Wirkung und die Entlassenen, die Göttinger Sieben, galten als Märtyrer. Der Protest trug zur Entstehung einer konstitutionellen Verfassung 1840 bei, auch wenn die Rechte des Monarchen beschnitten waren. Die Universität verlor jedoch an Ansehen.

Die Deutsche Revolution 1848/1849 verlief in Göttingen ohne größeres Blutvergießen. Eine Auseinandersetzung zwischen Polizei und Studenten führte zu einem Studentenprotestzug. Bürgerliche Institutionen wie eine Bürgerversammlung und eine Bürgerwehr wurden gegründet, lösten sich aber bald auf. Die Zeit nach den Märzunruhen war eher ruhig.

Ein bedeutendes Datum für die Stadtentwicklung war der 31. Juli 1854 mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Alfeld nach Göttingen. Die Stadt machte einen großen Schritt in die Moderne, die Einwohnerzahlen stiegen, Wirtschaftsbetriebe siedelten sich an und neue Wohnviertel entstanden außerhalb des mittelalterlichen Walls.

Das Verhältnis zum Monarchen Georg V. (ab 1851) blieb angespannt. Als 1866 preußische Truppen einrückten und Hannover an Preußen fiel, gab es in Göttingen keine wesentliche Opposition gegen die neue Herrschaft.

Unter preußischer Herrschaft passten sich die Göttinger schnell an. Es entwickelte sich eine Begeisterung für Otto von Bismarck, der an der Universität studiert hatte. Die Industrialisierung setzte in Göttingen spät ein, erst ab der Jahrhundertwende gewann die industrielle Produktionsweise an Bedeutung. Bedingt durch die Nähe zur Universität, die eine Hochburg der Naturwissenschaften geworden war, entwickelte sich die feinmechanische, optische und elektrotechnische Industrie, die die Textilwirtschaft ablöste.

Die Stadtbevölkerung wuchs ab den 1870er Jahren stark an, von 17.000 (1875) auf 30.000 (1900). Zunächst lebte der Großteil in der Altstadt, erst um 1895 wuchs die Bevölkerung stärker außerhalb des Walls. Unter den Bürgermeistern Merkel und Calsow wurden die öffentlichen Versorgungseinrichtungen ausgebaut und die Stadt modernisiert. Der Bau einer Straßenbahn, 1914 begonnen, wurde bei Kriegsausbruch eingestellt.

Der Erste Weltkrieg wurde anfangs enthusiastisch begrüßt, doch die Ernüchterung folgte schnell. Die Wirtschaft musste sich umstellen, die Lebensmittelversorgung wurde zum Problem. Ein Kriegsgefangenenlager wurde im Ebertal eingerichtet. Nach der Niederlage 1918 folgte die Novemberrevolution. In Göttingen wurde ein Soldaten- und Volksrat gewählt, die rote Fahne gehisst, doch die Stadtverwaltung konnte weitgehend ungestört weiterarbeiten.

Weimarer Republik, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

Das 20. Jahrhundert begann für die Universität mit einer Blütezeit in Mathematik und Physik. Wissenschaftler wie Felix Klein, David Hilbert, Max Born und James Franck genossen Weltruhm. Die innere Instabilität der Weimarer Republik wirkte sich auch in Göttingen aus. Während des Kapp-Putsches 1920 kam es zum Generalstreik. Die NSDAP fasste in Göttingen schnell Fuß und galt bereits in den frühen 1920er Jahren als Hochburg mit überdurchschnittlich hohen Wahlerfolgen. SA und SS provozierten Zusammenstöße mit politischen Gegnern. Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 führte zu Betriebsschließungen und Arbeitslosigkeit, was der NSDAP weiteren Zulauf verschaffte. Ein Auftritt Hitlers 1932 zog Tausende an, und bei der Reichstagswahl 1932 wählten 51 % der Göttinger die Nationalsozialisten.

Die Machtübernahme im Januar 1933 wurde in Göttingen mit einem Fackelzug gefeiert. Die Polizei ging gegen Kommunisten vor, und die Hakenkreuzflagge wurde auf dem Rathaus gehisst. Schon vor dem landesweiten Boykott wurden jüdische Geschäfte angegriffen und jüdische Bürger tätlich angegriffen. Das KZ Moringen wurde 1933 in der Nähe eingerichtet.

Mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums 1933 begann die systematische Vertreibung von Personen jüdischer Herkunft und politisch missliebigen Beamten und Angestellten aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft. An der Universität wurden 56 Angehörige des Lehrkörpers vertrieben, was insbesondere in Mathematik und Physik einen Aderlass bedeutete. Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933, eröffnet vom Rektor der Universität, war ein weiterer Ausdruck des „undeutschen Geistes“. Die Gleichschaltung der Studentenverbindungen führte zu Auseinandersetzungen, gipfelnd in den Göttinger Krawallen 1934. Bis 1936 wurden die Verbindungen aufgelöst oder in Kameradschaften überführt.

Während der Novemberpogrome am 9./10. November 1938 wurde die Göttinger Synagoge in Brand gesteckt. Die jüdische Bevölkerung, von fast 500 vor 1933 auf etwa 220 im Jahr 1938 reduziert, wurde Ziel von Angriffen. Jüdischen Ärzten wurde die Approbation entzogen. Im Rahmen der „Aktion T4“ wurden 1941 psychisch Kranke und Behinderte ermordet. Die letzten Mitglieder der jüdischen Gemeinde wurden 1942 in Vernichtungslager deportiert.

Bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg erlitt Göttingen im Vergleich zu anderen Städten nur geringe Schäden. Die Angriffe (acht ab Juli 1944) galten vorwiegend den Bahnanlagen. Gebäude wie Anatomie, Bahnhof und Gaswerk wurden zerstört oder beschädigt. Die historische Altstadt blieb weitgehend unzerstört, auch wenn einzelne Bereiche (Untere Maschstraße, Jüden- und Angerstraße) und Gebäude (Paulinerkirche, Universitätsbibliothek, Johanniskirche, Altes Rathaus) getroffen wurden. Außerhalb der Altstadt gab es Zerstörungen in Grone, Treuenhagen und anderen Straßen. Insgesamt gab es 107 Tote und 235 zerstörte Wohnungen. Göttingen wurde zur Lazarettstadt. General Otto Hitzfeld erklärte die Stadt zur Offenen Stadt, und die Wehrmachtseinheiten verließen sie. Am 8. April 1945 wurde Göttingen kampflos von amerikanischen Truppen befreit, auch wenn es an diesem Tag noch Artilleriebeschuss gab. Insgesamt wurde Göttingen nur zu 2,1 % zerstört.

Nachkriegszeit und Entwicklung zur Großstadt

Nach dem Krieg gehörte Göttingen zur britischen Besatzungszone. Durch seine Lage im Zonendreieck und die geringen Kriegszerstörungen wurde die Stadt Anlaufstelle für viele Flüchtlinge und Vertriebene. Die Bevölkerungszahl stieg von knapp 50.000 (1939) auf 80.000 (1949). Göttingen gehörte zeitweise zu den am dichtesten besiedelten Städten Deutschlands. Die Universität nahm als erste in Deutschland bereits im Wintersemester 1945/46 den Lehrbetrieb wieder auf.

Am 12. April 1957 erlangte Göttingen erneute nationale Aufmerksamkeit durch die Göttinger Erklärung, in der 18 führende Atomphysiker, darunter mehrere Nobelpreisträger, vor der Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen warnten. Diese Initiative der Göttinger Sieben des Atomzeitalters war erfolgreich.

Die Eingemeindungen und die Entwicklung zur modernen Großstadt wurden durch das Göttingen-Gesetz vom 1. Juli 1964 nachgeholt. Die Gemeinden Geismar, Grone, Nikolausberg und Weende wurden eingegliedert, wodurch sich das Stadtgebiet mehr als verdoppelte und die Einwohnerzahl um 31 % auf 109.000 stieg. Gleichzeitig wurde die Stadt Göttingen in den Landkreis Göttingen eingegliedert, behielt aber eine Sonderstellung. In den eingemeindeten Gebieten entstanden große Neubaugebiete und neue Stadtteile.

Größere Planungsvorhaben in den 1970er Jahren zielten darauf ab, das Gepräge der alten Universitätsstadt zu erhalten und Göttingen als Oberzentrum zu positionieren. Paradoxerweise wurden im Rahmen von „Flächensanierungen“ Teile der unzerstörten Altstadt abgerissen. Ein einschneidendes Ereignis war der Abriss des universitären Reitstalls 1968, der von Protesten begleitet wurde. Zwischen 1966 und 1975 wurden innerstädtische Straßen zu Fußgängerzonen umgebaut. Das Neue Rathaus wurde 1978 bezogen.

Die wachsende Universität modernisierte sich ebenfalls. Die Studentenzahlen stiegen bis auf 30.000 Anfang der 1990er Jahre. Ab 1964 entstand der Campus mit dem geisteswissenschaftlichen Zentrum und die Nord-Uni mit naturwissenschaftlichen Einrichtungen. Ein neues Universitätsklinikum wurde ab 1973 gebaut. 1993 wurde der Neubau der Staats- und Universitätsbibliothek eröffnet.

Mit der Grenzöffnung 1989 und der deutschen Wiedervereinigung 1990 verlor Göttingen seine Randlage und liegt seither verkehrsgünstig in der Mitte Deutschlands. Der Wandel brachte jedoch auch den Verlust des Bundeswehrstandorts 1993 mit sich, womit die Geschichte Göttingens als Garnisonsstadt endete und ein Wirtschaftsfaktor wegfiel.

Die Studentenunruhen von 1968 wirkten in Göttingen länger nach. Anfang der 1990er Jahre geriet die Stadt wegen Demonstrationen der Autonomen Antifa und Bündnisdemonstrationen gegen Rechtsextremismus in die Schlagzeilen. Aktionen aus dem linksradikalen Spektrum ziehen seither bundesweite Medienaufmerksamkeit auf sich. Das entschlossene Vorgehen großer Teile der Bevölkerung gegen rechtsradikale Demonstrationen, oft in breiten Bündnissen, hat dazu beigetragen, dass der Rechtsextremismus in Göttingen wenig Fuß fassen konnte, auch wenn regelmäßig rechte Demonstrationen stattfinden, die von Gegendemonstrationen begleitet werden.

Am 1. Juni 2010 starben drei Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes bei der Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Schützenplatz.

Im Jahr 2025 zeichnete die Europäische Physikalische Gesellschaft (EPS) Göttingen als „Historische Stätte der Physik“ aus, da die Quantenmechanik 1925 in Göttingen begründet wurde.

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