Hat John J. Loud den Kugelschreiber erfunden?

Die faszinierende Geschichte des Kugelschreibers

07/10/2019

Rating: 4.51 (6379 votes)

Er ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken: der Kugelschreiber. Ob für schnelle Notizen, wichtige Verträge oder einfach nur, um eine Adresse aufzuschreiben – der Kuli ist stets zur Hand. Er schreibt und schreibt und schreibt, und das meist ohne zu klecksen. Doch trotz seiner Allgegenwärtigkeit wissen die wenigsten, wer hinter dieser genialen Erfindung steckt und welch bewegte Geschichte das Schreibgerät hat. Seinem Alter nach könnte man meinen, der Kugelschreiber sei reif für die Rente, doch er ist beliebter denn je. Allein in Deutschland geben die Menschen jährlich rund 450 Millionen Euro für Kugelschreiber aus. Aber wie kam es zu diesem Siegeszug? Die Geschichte beginnt vor rund 85 Jahren mit einem Patent und einem ungarischen Erfinder, dessen Leben so spannend war wie seine Ideen.

Wer hat den Kugelschreiber erfunden?
Heute wird der Tag des Kugelschreibers – National Ballpoint Pen Day in den USA – gefeiert. Grund genug sich wieder einmal dessen genialem Erfinder László József Bíró zu erinnern. Am 10. Juni 1943 hielt der gebürtige Ungar das argentinische Patent für den Kugelschreiber in den Händen.9. Juni 2020

Wer war der Mann hinter dem Kuli? Und was haben die britische Luftwaffe oder die NASA mit dem Kugelschreiber zu tun? Begleiten Sie uns auf eine Reise durch die Geschichte dieses revolutionären Schreibgeräts und entdecken Sie 11 überraschende Fakten.

Übersicht

Der Erfinder: László József Biró

Der Name des Mannes, dem wir den modernen Kugelschreiber verdanken, klingt fast schon wie eine Vorsehung für seinen berühmtesten Einfall: László József Biró. Geboren 1899 in Budapest als László Schweiger (die Familie änderte den Namen später zu Biró), war er ein Mann mit vielen Talenten und Interessen. Er begann ein Medizinstudium, das er jedoch nicht abschloss, arbeitete als Versicherungsmakler und war sogar als Rennfahrer aktiv. Doch seine wahre Leidenschaft galt dem Erfinden.

Auch wenn Biró als der offizielle Erfinder des modernen Kugelschreibers gilt, gab es bereits frühere Versuche, Schreibgeräte zu entwickeln, die Tinte selbst mitführten. Schon im 16. und 17. Jahrhundert nutzten Menschen Tintenstifte, und im 19. Jahrhundert wurden Patente für ähnliche Instrumente angemeldet. Doch diesen Vorläufern fehlte das entscheidende Merkmal, das den Kugelschreiber so einzigartig macht: die Kugel an der Spitze, die die Tinte sauber auf das Papier überträgt.

Die zündende Idee: Druckmaschinen und Murmeln

Die Inspiration für die Kugel kam László József Biró aus zwei unerwarteten Richtungen. In den 1930er-Jahren arbeitete er als Journalist, Autor und Herausgeber für verschiedene Zeitungen. Dabei fiel ihm auf, dass die Tinte, die in Druckmaschinen verwendet wurde, schnell trocknete und nicht verschmierte – ganz im Gegensatz zur Tinte seines Füllfederhalters, die oft kleckste und unschöne Flecken hinterließ. Er träumte davon, einen Stift zu entwickeln, der ähnlich sauber und gleichmäßig schreibt wie eine Druckmaschine, nur eben von Hand.

Die zweite Inspiration lieferten die Murmeln seiner Kinder. Biró beobachtete, wie die kleinen Kugeln durch eine Pfütze rollten und dabei eine nasse, aber klare Spur auf dem trockenen Boden hinterließen. Dieses einfache Prinzip – eine Kugel, die Flüssigkeit aufnimmt und sie beim Rollen wieder abgibt – übertrug er auf sein Schreibgerät. Er entwickelte eine spezielle, zähflüssige Tinte und konstruierte eine Röhre, die diese Tinte zu einer kleinen, rotierenden Kugel an der Spitze führte. Die Kugel nahm die Tinte auf und übertrug sie beim Kontakt mit dem Papier, wo sie sofort trocknete.

Gemeinsam mit Freunden und Bekannten tüftelte Biró an seinem Prototyp. Am 25. April 1938 meldete er seine Erfindung schließlich in Ungarn zum Patent an. Das erste Schreibgerät, das auf diesem Prinzip basierte, kam als „Go-Pen“ auf den Markt – ein Name, der seine Mobilität und Einsatzbereitschaft unterstreicht.

Flucht vor den Nazis und der Neuanfang in Argentinien

Leider war Birós Heimatland Ungarn zu dieser Zeit ein Verbündeter Nazi-Deutschlands, und die Lage für Juden verschärfte sich dramatisch. Als Ende 1938 ein Gesetz erlassen werden sollte, das es Juden verbot, Patente ins Ausland mitzunehmen, erkannte Biró die Gefahr. Er floh rechtzeitig mit seiner Familie nach Frankreich. Doch auch dort waren sie nicht sicher, und die Verfolgung der Juden nahm zu.

Die Familie setzte ihre Flucht fort und gelangte schließlich nach Argentinien. In seiner neuen Heimat Südamerika konnte Biró seine Forschung und Entwicklung am Kugelschreiber fortsetzen. Dies führte zu einem weiteren, entscheidenden Schritt: Am 17. Juni 1943 erhielt er ein weltweit gültiges Patent für seine Erfindung in den USA. Auf Basis dieses Patents wurde in einer eigens dafür errichteten Fabrik in Argentinien die Serienproduktion aufgenommen. Bald verließen jährlich rund sieben Millionen Kugelschreiber die Produktionshallen.

Der Durchbruch dank der Royal Air Force

Obwohl die Produktion in Argentinien gut lief, gelang der wahre globale Durchbruch des Kugelschreibers durch einen Briten: Henry George Martin. Martin erkannte das immense Potenzial des Stiftes, insbesondere für einen ganz speziellen Zweck. Herkömmliche Füllfederhalter hatten in großer Höhe, wie sie von Flugzeugen erreicht wurden, Probleme. Der geringere Luftdruck führte dazu, dass die Tinte auslief und kleckste – ein unhaltbarer Zustand für Piloten und Besatzungen.

Der Kugelschreiber hingegen funktionierte dank seiner Kugelmechanik und der zähflüssigen Tinte auch unter diesen Bedingungen zuverlässig und klecksfrei. Henry George Martin kaufte Biró die Patentrechte ab und begann mit der Massenproduktion für die Royal Air Force. Allein im Jahr 1944 produzierte er rund 30.000 Stück für die britische Luftwaffe. Der Kugelschreiber hatte sich als unverzichtbares Werkzeug für die Luftfahrt erwiesen.

Globale Verbreitung und Patentrechtsfragen

Der Erfolg des Kugelschreibers war nicht mehr aufzuhalten. Bis Mitte der 1950er-Jahre wurden bereits über eine Milliarde Kulis weltweit hergestellt. Dieser rasante Aufstieg zeigte die Überlegenheit des neuen Schreibgeräts im Vergleich zu den oft unhandlichen oder klecksenden Vorgängern. Allerdings gab es auch eine Schattenseite für den Erfinder: Ein erheblicher Teil dieser Produktion erfolgte, ohne dass die Hersteller die notwendigen Patentrechte von Biró erworben hatten.

Trotz dieser Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seiner Rechte erhielt László József Biró Patente in Dutzenden von Ländern und gilt heute unbestritten als der offizielle Erfinder des Kugelschreibers, wie wir ihn kennen.

Der Kuli im Sprachgebrauch

Die Bedeutung von Birós Erfindung spiegelt sich auch in der Sprache wider. In vielen Ländern wurde sein Name zum Synonym für den Kugelschreiber. So nennen Briten den Kuli oft einfach „Biro“. Auch in Italien ist der Begriff weit verbreitet. In Frankreich hingegen setzte sich der Name „Bic“ durch, der auf einen anderen wichtigen Akteur in der Geschichte des Kugelschreibers zurückgeht: Marcel Bich.

Was erfand László Józef Biro?
KugelschreiberLászló Bíró brachte die Kugel ins Rollen. Er erfand eines der meistproduzierten Geräte der Geschichte, profitierte aber kaum davon: László Bíró ist der Vater des modernen Kugelschreibers, der bis heute in vielen Ländern seinen Namen trägt.

Marcel Bich erkannte in den 1950er-Jahren das Potenzial für einen preisgünstigen Massenmarkt. Er produzierte einfache, zuverlässige und vor allem billige Kugelschreiber unter dem Namen Bic (eine leicht abgewandelte Form seines eigenen Namens) und trug damit maßgeblich zur weltweiten Verbreitung und Popularisierung des Schreibgeräts bei.

Mehr als nur Stifte: Birós andere Ideen

László József Biró war ein unermüdlicher Erfinder. Die Idee mit der Kugel und der zähflüssigen Substanz wandte er auch auf andere Bereiche an. So entwickelte er beispielsweise ein Parfüm, das als Vorläufer des modernen Deorollers betrachtet werden kann. Das Prinzip war dasselbe wie beim Kugelschreiber: Der Duftstoff wurde über eine Kugel auf die Haut aufgetragen. Obwohl diese spezielle Parfüm-Idee zunächst kein kommerzieller Erfolg wurde, zeigt sie Birós kreativen Geist und wie er Prinzipien von einer Erfindung auf eine andere übertragen konnte. Die Idee des Roll-on-Prinzips sollte später, wenn auch von anderen, erfolgreich umgesetzt werden.

Schreiben im All: Der Space Pen

Wir haben bereits gehört, dass der Kugelschreiber ideal für die hohen Lagen in Flugzeugen war. Doch wie sieht es im Weltall aus? Ein normaler Kugelschreiber funktioniert in der Schwerelosigkeit nicht zuverlässig, da die Schwerkraft fehlt, um die Tinte zur Kugel zu drücken. Als die Raumfahrt begann, stellte sich die Frage, wie Astronauten im All schreiben könnten. Bleistifte waren zu gefährlich, da der Graphit brennbar ist und abgebrochene Minenteile in der Schwerelosigkeit schweben und die empfindliche Ausrüstung oder die Atemwege beschädigen könnten.

Die Lösung lieferte ein anderer Erfinder: Paul C. Fisher. Gemeinsam mit weiteren Tüftlern entwickelte er den Fisher Space Pen. Dieser Stift verwendet eine spezielle Tintenpaste und steht unter Druck. Dadurch wird die Tinte aktiv zur Kugel gepresst, unabhängig von der Schwerkraft. Der Space Pen funktioniert nicht nur in der Schwerelosigkeit, sondern auch unter Wasser, bei extremen Temperaturen und sogar über Kopf. Seit 1968 gehört der Space Pen zur Standardausrüstung bei allen Raumflügen der NASA.

Ein Feiertag für den Erfinder

László József Biró lebte nach seiner Flucht aus Europa rund 40 Jahre in Argentinien. Das Land wurde zu seiner Wahlheimat, in der er seine Forschungen fortsetzen und die Grundlage für die Massenproduktion legen konnte. Um den bedeutenden Erfinder zu ehren, widmet Argentinien ihm seit 1986, ein Jahr nach seinem Tod in Buenos Aires, einen eigenen Feiertag. Der Tag des Erfinders wird in Argentinien alljährlich am 29. September gefeiert – dem Geburtstag von László József Biró. Dies ist ein Ausdruck des Stolzes des Landes auf den Mann, der die Art und Weise, wie wir schreiben, revolutioniert hat.

Vergleich: Schreibgeräte im Wandel der Zeit

Die Entwicklung des Kugelschreibers war ein Meilenstein in der Geschichte der Schreibgeräte. Hier ein kurzer Überblick über einige wichtige Stationen:

SchreibgerätHauptmerkmaleZeitraum / Wichtiger Name
FederkielVerwendet eine Feder und externe Tinte; muss oft nachgetaucht werden.Antike bis 19. Jahrhundert
FüllfederhalterTinte wird in einem Tank mitgeführt und fließt durch eine Feder; kann klecksen, besonders in Höhe.19. Jahrhundert - heute
Kugelschreiber (Biró)Verwendet eine Kugel und zähflüssige Tinte; schmiert kaum, braucht Schwerkraft für Tintenfluss.Patent 1938 (László József Biró)
Space Pen (Fisher)Spezielle Tinte unter Druck; funktioniert unabhängig von Schwerkraft, Temperatur oder Unterwasser.Patent 1966 (Paul C. Fisher)

Häufig gestellte Fragen zum Kugelschreiber

Im Zusammenhang mit der Geschichte des Kugelschreibers tauchen oft bestimmte Fragen auf:

Wer hat den Kugelschreiber erfunden?

Der Erfinder des modernen Kugelschreibers ist der ungarisch-argentinische Erfinder László József Biró.

Wann wurde der erste Kugelschreiber patentiert?

László József Biró meldete seine Erfindung erstmals am 25. April 1938 in Ungarn zum Patent an. Ein weiteres, wichtiges Patent erhielt er 1943 in den USA.

Warum brauchte die Royal Air Force Kugelschreiber?

Die britische Luftwaffe benötigte Schreibgeräte, die auch in großen Flughöhen zuverlässig funktionierten, ohne zu klecksen. Herkömmliche Füllfederhalter waren dafür ungeeignet. Der Kugelschreiber von Biró löste dieses Problem.

Schreibt ein Kugelschreiber im Weltall?

Ein normaler Kugelschreiber benötigt die Schwerkraft, um die Tinte zur Kugel zu führen, und funktioniert daher in der Schwerelosigkeit nicht. Für das Schreiben im All wurde der spezielle Fisher Space Pen entwickelt, der unter Druck arbeitet.

Was bedeutet "Biro" in manchen Ländern?

In Ländern wie Großbritannien oder Italien wird der Kugelschreiber oft als „Biro“ bezeichnet. Dieser Name ist eine direkte Ableitung vom Nachnamen des Erfinders, László József Biró.

Warum feiert Argentinien den Tag des Erfinders am 29. September?

Argentinien ehrt am 29. September den Tag des Erfinders, da dies der Geburtstag von László József Biró ist, der nach seiner Flucht aus Europa viele Jahre in Argentinien lebte und dort entscheidend zur Weiterentwicklung und Produktion des Kugelschreibers beitrug.

Von einer genialen Idee, inspiriert von Druckmaschinen und Murmeln, über eine dramatische Flucht und einen Neuanfang in Argentinien bis hin zum Einsatz bei der Royal Air Force und als Vorläufer des Space Pen – die Geschichte des Kugelschreibers ist weit mehr als nur die Entwicklung eines Schreibgeräts. Sie ist die Geschichte von Erfindergeist, Durchhaltevermögen und einem Produkt, das die Welt eroberte und bis heute unverzichtbar ist.

Wenn du mehr spannende Artikel wie „Die faszinierende Geschichte des Kugelschreibers“ entdecken möchtest, schau doch mal in der Kategorie Schreibgeräte vorbei!

Go up