26/10/2023
Nach 100 Jahren Firmengeschichte stellt das bekannte Versandhaus Klingel seinen Betrieb ein. Nachdem das Unternehmen im Mai 2023 ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angemeldet hatte, konnte bedauerlicherweise kein Investor für die Gruppe gefunden werden. Diese Entwicklung führt nun zur endgültigen Schließung des Geschäftsbetriebs zum Ende Januar 2024. Für langjährige Kunden und die über 1300 verbliebenen Mitarbeiter ist dies eine einschneidende Nachricht. Doch was bedeutet die Klingel-Pleite konkret für Besteller, die noch offene Fragen zu Bestellungen, Retouren oder Gewährleistung haben?
Die Entscheidung zur Einstellung des Betriebs wurde vom Gläubigerausschuss getroffen und den Mitarbeitern der K - Mail Order GmbH & Co. KG mitgeteilt. Die Geschäftsführung betonte, dass diese Entscheidung nicht leichtfiel, aber leider keine Alternative bestand, nachdem die Suche nach einem Investor erfolglos blieb. Parallel wurden Gespräche mit Arbeitnehmervertretern geführt und ein Sozialplan sowie Interessenausgleich abgeschlossen, um die Auswirkungen für die Belegschaft abzufedern.

- Der Weg in die Insolvenz
- Was bedeutet die Schließung für Kunden?
- Gewährleistung und Garantie nach der Schließung
- Ratenzahlung und Gutscheine
- Sollte man jetzt noch bei Klingel bestellen?
- Historischer Kontext und Hintergrund
- Häufig gestellte Fragen zur Klingel-Schließung
- Kann ich bei Klingel noch bestellen?
- Erhalte ich meine bestellte Ware noch?
- Was passiert mit Retouren?
- Was ist mit der Gewährleistung bei defekten Artikeln?
- Was passiert mit der Herstellergarantie?
- Muss ich Ratenzahlungen weiter leisten?
- Kann ich Gutscheine noch einlösen?
- Ist es ratsam, jetzt noch zu bestellen?
Der Weg in die Insolvenz
Die Insolvenzanmeldung im Mai 2023 erfolgte im 100. Jahr des Bestehens des Versandhauses, das vor allem für Mode bekannt war. Als Gründe für die notwendige Sanierung wurden mehrere Faktoren genannt. Dazu zählten insbesondere die spürbare Konsumzurückhaltung, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine zu beobachten war, sowie erheblich gestiegene Kosten. Diese Kostensteigerungen betrafen unter anderem die Produktion und den Versand der traditionellen Kataloge, die für Klingel lange Zeit ein wichtiges Vertriebsinstrument darstellten. Ein weiterer Grund war eine notwendige und aufwendige Umstellung der IT-Systeme, die bereits im zweiten Halbjahr 2022 stattfand und offenbar zu Schwierigkeiten führte.
Ursprünglich war man trotz der Herausforderungen optimistisch, das Unternehmen durch das Eigenverwaltungsverfahren sanieren zu können. Hoffnungen setzte man dabei auf die weitere Digitalisierung, insbesondere im Vertrieb und Marketing, sowie auf eine stärkere Fokussierung auf den Online-Handel. Diese Bemühungen konnten die Gruppe jedoch nicht retten. Angesichts der schwierigen Branchenlage und der spezifischen Unternehmenssituation war kein Interessent bereit, als Ganzes in die Klingel-Gruppe zu investieren und die Sanierungskonzepte umzusetzen.
Es gab lediglich Interessenten für einzelne Marken und Onlineshops, die zur Klingel-Gruppe gehören. Hierzu liefen und laufen weiterhin Gespräche über den Verkauf von Markenrechten, Onlineshops und Kundenlisten. Ein Betriebsübergang, der die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gesichert hätte, wird es in diesem Zusammenhang jedoch nicht geben, wie das Unternehmen mitteilte.
Was bedeutet die Schließung für Kunden?
Für Kunden stellen sich nun viele Fragen. Die gute Nachricht ist zunächst: Bis zum Ende Januar 2024 ist der Geschäftsbetrieb von Klingel weiterhin aktiv. Das bedeutet, Kunden können bis zu diesem Stichtag weiterhin wie gewohnt Bestellungen aufgeben. Das Unternehmen hat zugesichert, dass bestellte Waren auch geliefert werden.
Auch die Abwicklung von Retouren und sonstige Serviceleistungen sollen laut Klingel bis ins Frühjahr 2024 sichergestellt sein. Wer also Artikel zurücksenden möchte, sollte dies in diesem Zeitraum tun können und die entsprechende Erstattung erhalten. Lieferanten und Dienstleister werden im Rahmen des Eigenverwaltungsverfahrens ebenfalls weiterhin bezahlt.
Die Marken der Klingel-Gruppe
Die Insolvenz betrifft eine Vielzahl bekannter Marken, die unter dem Dach der Klingel-Gruppe vereint waren. Dazu gehören:
- Klingel (Damenmode)
- Wenz (Damenmode)
- Mona (Damenmode)
- Babista (Männerbekleidung)
- Diemer (Schmuck)
- Happysize (Plus-Size-Mode)
- Miamoda (Plus-Size-Mode)
- Meyermode (Plus-Size-Mode)
- Vamos (Schuh-Versender)
- Wellsana (Gesundheitsmarke)
Für diese Marken bedeutet die Schließung von Klingel das Ende des Betriebs unter diesem Dach. Wie es mit den einzelnen Marken nach dem Verkauf von Rechten weitergeht, ist derzeit noch unklar und hängt von den jeweiligen Käufern ab.

Gewährleistung und Garantie nach der Schließung
Eine der kritischsten Fragen für Kunden betrifft die Gewährleistung und Garantie für gekaufte Artikel, insbesondere nach dem 31. Januar 2024. Das gesetzliche Gewährleistungsrecht beträgt in der Regel zwei Jahre und deckt Mängel ab, die bereits bei Übergabe der Ware vorhanden waren. Bis Ende Januar 2024 können Sie defekte Artikel, deren Mangel unter die Gewährleistung fällt, noch an Klingel zurücksenden und Anspruch auf kostenlose Mängelbeseitigung (Reparatur oder Austausch) geltend machen.
Nach dem 31. Januar 2024 wird dies jedoch äußerst schwierig. Da die Klingel-Gruppe als Unternehmen nicht mehr existiert, gibt es keinen Vertragspartner mehr, an den Sie sich mit Ihren Gewährleistungsansprüchen wenden können. Rechtsexperte Erich Nolte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt, dass Nacherfüllungsansprüche wie Austausch oder Reparatur gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden müssten. Allerdings seien die Erfolgsaussichten hierbei in der Regel gering, da solche Forderungen im Insolvenzverfahren oft nachrangig behandelt werden.
Ähnlich kompliziert wird es bei Garantieansprüchen gegenüber dem Hersteller der defekten Ware. Bis zur Geschäftsaufgabe gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Klingel, die besagen, dass Klingel sich bei einer Händlergarantie oder Herstellergarantie um die Abwicklung kümmert. Nach dem 31. Januar 2024 existiert dieser Vermittler aber nicht mehr. Verbraucherschützer Nolte weist darauf hin, dass es oft schwierig ist, den Garantiegeber direkt zu erreichen. In Einzelfällen könnten Verbraucherzentralen versuchen zu vermitteln und den Kontakt zwischen Käufer und Hersteller herzustellen, um offene Garantieansprüche geltend zu machen.
Ratenzahlung und Gutscheine
Kunden, die Artikel auf Raten bei Klingel gekauft haben, müssen ihre Ratenzahlungen auch nach der Geschäftsaufgabe weiterhin leisten. Die Insolvenz des Händlers ändert nichts an der Verpflichtung, die bereits gelieferte Ware zu bezahlen.
Die Einlösung von Gutscheine sollte bis zum Ende Januar 2024 noch möglich sein. Allerdings warnt Experte Nolte, dass bei Insolvenzen oft nur noch ein Restbestand an Produkten verfügbar ist. Es könnte also sein, dass nicht mehr alle gewünschten Artikel vorrätig sind und die Auswahl begrenzt ist. Sollten gar keine passenden Produkte mehr vorhanden sein, entsteht eine Schadenersatzforderung in Höhe des Gutschein-Betrags gegenüber Klingel. Ob dieses Geld jedoch tatsächlich ausgezahlt wird, ist fraglich, da die Insolvenzmasse oft nicht ausreicht, um alle Forderungen zu bedienen.
Sollte man jetzt noch bei Klingel bestellen?
Auch wenn das Unternehmen zusichert, den Geschäftsbetrieb bis Ende Januar 2024 aufrechtzuerhalten und Waren zu liefern, raten Experten zur Vorsicht. Erich Nolte vergleicht eine Bestellung jetzt mit einer "Fahrt auf dunkler Autobahn ohne Licht", da niemand genau wissen kann, wie der Prozess der Geschäftsabwicklung verläuft und ob es zu unerwarteten Problemen kommt. Wer dennoch bestellen möchte, sollte idealerweise vorab telefonisch oder per E-Mail beim Kundenservice anfragen, ob die gewünschten Produkte noch vorrätig sind. Dies kann helfen, Enttäuschungen zu vermeiden.
Historischer Kontext und Hintergrund
Die Geschichte der Klingel-Gruppe reicht bis ins Jahr 1923 zurück, als das Unternehmen von Robert Klingel in Pforzheim gegründet wurde. Zunächst konzentrierte man sich auf höherwertige Textilien und Stoffe. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde der Firmensitz in der Sachsenstraße 23 in Pforzheim neu aufgebaut. Das Unternehmen blieb lange in Familienhand der Familie Kohm und entwickelte sich zu einem großen Multichannel-Distanzhändler mit Hauptsitz in Pforzheim und Niederlassungen im europäischen Ausland. Mit knapp 2000 Mitarbeitern vor der Insolvenz war die K – Mail Order GmbH & Co. KG einer der größten privaten Arbeitgeber der Stadt.

Die Insolvenz in Eigenverwaltung wurde im Mai 2023 beantragt. Im August 2023 folgte die Bekanntgabe der Schließung zum 31. Januar 2024. Die Suche nach Investoren für die gesamte Gruppe blieb erfolglos, während Verhandlungen über den Verkauf einzelner Marken und Tochterunternehmen liefen. Ende 2023 sicherte sich der Bader Versand die Markenrechte an Klingel selbst. Dies bedeutet jedoch nicht die Fortführung des bisherigen Geschäftsbetriebs unter dem alten Namen, sondern lediglich die Nutzung der Marke durch einen anderen Anbieter.
Parallel zu den wirtschaftlichen Entwicklungen hat die Staatsanwaltschaft Mannheim Ermittlungen wegen Insolvenzdelikten im Zusammenhang mit der Klingel-Insolvenz aufgenommen. Die Ermittlungen werden wegen der überregionalen Zuständigkeit für Wirtschaftsstrafsachen geführt. Details zu Verdächtigen oder konkreten Vorwürfen wurden bislang nicht veröffentlicht.
Nicht von der Entscheidung zur Einstellung des Betriebs der K - Mail Order GmbH & Co. KG betroffen ist die Schneider GmbH & Co. KG, eine weitere Gesellschaft der Firmengruppe, die sich ebenfalls in einem Eigenverwaltungsverfahren befindet. Hier laufen weiterhin Gespräche mit möglichen Investoren zum Erhalt. Auch andere Gesellschaften der Gruppe im In- und Ausland, die zusammen über 250 Mitarbeiter beschäftigen, sind nicht insolvent.
Häufig gestellte Fragen zur Klingel-Schließung
Kann ich bei Klingel noch bestellen?
Ja, laut Aussage des Unternehmens können Sie bis zum Ende Januar 2024 noch Bestellungen aufgeben.
Erhalte ich meine bestellte Ware noch?
Klingel hat zugesichert, dass bis zur Einstellung des Betriebs bestellte Waren auch geliefert werden sollen.
Was passiert mit Retouren?
Die Abwicklung von Retouren ist laut Klingel bis ins Frühjahr 2024 sichergestellt. Sie sollten Ihr Geld für zurückgesendete Artikel erhalten.

Was ist mit der Gewährleistung bei defekten Artikeln?
Bis Ende Januar 2024 können Sie Mängel im Rahmen der Gewährleistung geltend machen. Danach wird dies sehr schwierig, da das Unternehmen nicht mehr existiert und Ansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter meist geringe Erfolgsaussichten haben.
Was passiert mit der Herstellergarantie?
Auch die Geltendmachung der Herstellergarantie wird nach dem 31. Januar 2024 kompliziert, da Klingel als Vermittler wegfällt. In Einzelfällen können Verbraucherzentralen möglicherweise helfen, den Kontakt zum Hersteller herzustellen.
Muss ich Ratenzahlungen weiter leisten?
Ja, Raten für gelieferte Ware müssen auch nach der Geschäftsaufgabe von Klingel weiterhin bezahlt werden.
Kann ich Gutscheine noch einlösen?
Sie können Gutscheine voraussichtlich bis Ende Januar 2024 einlösen. Beachten Sie jedoch, dass die Verfügbarkeit von Produkten begrenzt sein kann und eine Auszahlung des Gutscheinwerts bei Nicht-Einlösung unwahrscheinlich ist.
Ist es ratsam, jetzt noch zu bestellen?
Experten raten zur Vorsicht. Wenn Sie bestellen möchten, erkundigen Sie sich idealerweise vorab beim Kundenservice nach der Verfügbarkeit der Artikel.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schließung von Klingel das Ende einer Ära im deutschen Versandhandel markiert. Während Kunden kurzfristig noch bestellen können und Retouren möglich sind, werden Gewährleistungs- und Garantieansprüche nach der Schließung nur noch schwer durchsetzbar sein. Die Ratenzahlungspflicht bleibt bestehen, und bei Gutscheinen ist die Einlösung bis Ende Januar zu empfehlen, wobei die Produktauswahl eingeschränkt sein kann. Die Entwicklungen rund um die einzelnen Marken der Gruppe bleiben abzuwarten.
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