18/01/2020
Willkommen zu einem tieferen Einblick in die Marke Ben & Jerry's. Oft nur als Hersteller kreativer und köstlicher Eissorten bekannt, verbirgt sich hinter dem Namen ein Unternehmen mit einer ausgeprägten Philosophie, die weit über die reine Produktion von Speiseeis hinausgeht. Von den bescheidenen Anfängen in einer umgebauten Tankstelle bis hin zu einem globalen Akteur, der sich aktiv für soziale und ökologische Belange einsetzt, hat Ben & Jerry's einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt. Doch was genau macht diese Marke so einzigartig und unterscheidet sie von anderen in der Branche?

- Die Ursprünge in Vermont: Eine amerikanische Erfolgsgeschichte
- Fairness als Kernprinzip: Das Engagement für Fairtrade
- Produkte und Vertrieb: Vielfalt und Verfügbarkeit
- Soziales und politisches Engagement: Eine Marke mit Haltung
- Der Free Cone Day: Eine süße Tradition
- Kritikpunkte: Herausforderungen und Reaktionen
- Häufig gestellte Fragen zu Ben & Jerry's
Die Ursprünge in Vermont: Eine amerikanische Erfolgsgeschichte
Die Geschichte von Ben & Jerry's beginnt im Jahr 1978 in Burlington, Vermont, USA. Gegründet wurde das Unternehmen von den langjährigen Freunden Ben Cohen und Jerry Greenfield. Ihre Reise in die Welt des Speiseeises begann mit einem Korrespondenzkurs an der Pennsylvania State University. Mit einem bescheidenen Startkapital von 8.000 US-Dollar Eigenkapital und einem zusätzlichen Kleinkredit von 4.000 US-Dollar eröffneten sie ihren ersten Laden in einer ehemaligen Tankstelle in Burlington. Dieser ungewöhnliche Standort wurde zum Symbol für den unkonventionellen Geist des Unternehmens.
Schon bald expandierte das Geschäft. 1980 wurde die Produktion in eine alte Mühle verlagert, wo erstmals Speiseeis in den heute bekannten ½-Liter-Gefäßen, den sogenannten Pints, abgepackt wurde. Der erste Franchise-Betrieb folgte 1981. In den darauffolgenden Jahren erlebte Ben & Jerry's ein explosives Wachstum. Zwischen 1982 und 1989 stieg der Umsatz von unter einer Million US-Dollar auf über 58 Millionen US-Dollar. Um das nötige Kapital für den Bau einer größeren Fabrik in Waterbury, ebenfalls in Vermont, zu beschaffen, ging das Unternehmen 1984 an die Börse. Eine Besonderheit dieses Börsengangs war die anfängliche Idee von Ben Cohen, die Anteile primär an Einwohner von Vermont zu verkaufen, um den Lokalpatriotismus zu nutzen und gleichzeitig die strengen Anforderungen der Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission) zu umgehen.

Auf ihrem Weg sahen sich Ben & Jerry's auch Herausforderungen gegenüber. Der Konkurrent Häagen-Dazs versuchte in den Jahren 1984 und 1987, den Vertrieb von Ben & Jerry's zu behindern. Doch Ben Cohen und Jerry Greenfield wehrten sich erfolgreich in zwei Gerichtsprozessen gegen die Muttergesellschaft von Häagen-Dazs, die Pillsbury Company, und gewannen beide Verfahren. Ihre unternehmerische Leistung und ihr Engagement wurden 1988 gewürdigt, als sie vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan als „U.S. Small Business Persons of the Year“ (Kleinunternehmer des Jahres in den USA) ausgezeichnet wurden. 1994 übertrafen sie sogar den Umsatz von Häagen-Dazs.
Ein bedeutender Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte war das Jahr 2000, als Ben & Jerry's vom globalen Konsumgüterkonzern Unilever für rund 326 Millionen US-Dollar übernommen wurde. Trotz der Übernahme hat Ben & Jerry's einen Teil seiner ursprünglichen Identität und Philosophie beibehalten können, insbesondere im Hinblick auf soziales Engagement und die Verpflichtung zu fairen Praktiken.
Fairness als Kernprinzip: Das Engagement für Fairtrade
Ein zentrales Element, das Ben & Jerry's von vielen anderen Unternehmen unterscheidet, ist das tiefe Engagement für Fairness. Dieses Prinzip zieht sich durch alle Bereiche des Unternehmens: vom Umgang mit den eigenen Angestellten über das soziale Engagement bis hin zur Entwicklung neuer Produkte. Ein besonders wichtiger Aspekt ist dabei die faire Behandlung der Landwirtinnen und Landwirte, von denen die Zutaten bezogen werden.
Ben & Jerry's ist ein starker Unterstützer von Fairtrade, einer weltweiten Bewegung, die sich dafür einsetzt, dass auch Kleinbauern und -bäuerinnen in Entwicklungsländern auf dem globalen Markt bestehen können. Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der die Landwirtschaft weltweit von Wachstum und Konkurrenz geprägt ist.
Das Unternehmen bezieht fünf seiner wichtigsten Hauptzutaten unter Fairtrade-Bedingungen:
- Zucker
- Kakao
- Vanille
- Kaffee
- Bananen
Ben & Jerry's war 2005 der erste Speiseeishersteller weltweit, der Fairtrade-zertifizierte Zutaten verwendete. Dieses Engagement wurde 2010 weiter vertieft, als das Unternehmen beschloss, komplett auf Fairtrade umzustellen. Dieses Ziel wurde schrittweise erreicht: 2011 waren in Europa alle Zutaten, die eine Fairtrade-Zertifizierung erhalten konnten, entsprechend zertifiziert, und 2014 gelang dies auch in den USA.
Fairtrade stellt sicher, dass Farmer einen fairen Preis für ihre Produkte erhalten, selbst angesichts starker Konkurrenz. Dies sichert nicht nur die Existenz der Farmer und ihrer Familien, sondern fördert auch die Entwicklung ihrer Gemeinschaften. Ein wichtiger Mechanismus dabei ist die sogenannte Fairtrade-Sozial-Prämie, die zusätzlich zum fairen Preis gezahlt wird. Diese Prämie ermöglicht Investitionen in Gemeinschaftsprojekte wie Schulen, Gesundheitszentren oder Infrastruktur.

Über den fairen Preis hinaus verpflichten sich die Farmer im Fairtrade-System auch zur Nutzung umweltfreundlicher Anbaumethoden und zur Implementierung gerechter Arbeitsstandards. Dieses umfassende Konzept passt zur Philosophie des "verknüpften Wohlstandes", einem der Grundprinzipien von Ben & Jerry's. Dieses Prinzip besagt, dass erfolgreiche Unternehmen und Einzelpersonen sich dafür einsetzen sollten, die Welt um sie herum zu verbessern. Fairtrade ist für Ben & Jerry's eine konkrete Umsetzung dieses Prinzips.
Produkte und Vertrieb: Vielfalt und Verfügbarkeit
Ben & Jerry's ist weltweit bekannt für seine oft ausgefallenen und reichhaltigen Eissorten. Die Produktpalette variiert je nach Region. In den USA gab es beispielsweise 53 Geschmacksrichtungen, während in Deutschland bzw. Europa zum Stand Juni 2015 17 Sorten erhältlich waren. Die Sortenliste ist dynamisch, ständig werden neue Kreationen entwickelt und weniger beliebte eingestellt.
Zu den beliebtesten Sorten in Deutschland zählen Klassiker wie Cookie Dough, Chocolate Fudge Brownie und Half Baked. Eine ehemals sehr populäre Sorte, Cherry Garcia (benannt nach dem Gitarristen Jerry Garcia von Grateful Dead), ist mittlerweile in Deutschland hauptsächlich in den unternehmenseigenen Geschäften erhältlich.
Der Vertrieb der Produkte erfolgt hauptsächlich in abgepackter Form in Supermärkten, an Tankstellen und in Fast-Food-Restaurants. In Europa sind die Becher typischerweise mit 500 ml Inhalt als Pints und als kleinere „Shorties“ mit 100 ml Inhalt erhältlich.
Zusätzlich zum Verkauf im Einzelhandel betreibt Ben & Jerry's sogenannte „Scoop Shops“. Dies sind Geschäfte, in denen das Eis offen verkauft wird. Während diese Shops in den USA weit verbreitet sind, findet man sie in Deutschland häufiger in spezifischen Lagen, wie beispielsweise in großen Kinos.
Neben dem traditionellen Speiseeis hat Ben & Jerry's sein Angebot erweitert. Seit 2005 werden verstärkt Fairtrade-Produkte eingeführt, und seit 2016 bietet das Unternehmen auch vegane Eissorten an, um einer wachsenden Nachfrage gerecht zu werden.
Ein kurioses Detail ist der sogenannte „Flavor Graveyard“ (Friedhof der Geschmacksrichtungen). Sowohl im Werk in Waterbury, Vermont, als auch in Clapham Common, London, gibt es eine Nachbildung eines Friedhofs mit Grabsteinen für alle Eissorten, die eingestellt wurden oder es nie in die Massenproduktion geschafft haben. Dies ist eine humorvolle Art, sich an vergangene Kreationen zu erinnern.

Soziales und politisches Engagement: Eine Marke mit Haltung
Das soziale und politische Engagement ist ein integraler Bestandteil der Identität von Ben & Jerry's. Die Gründer Ben Cohen und Jerry Greenfield waren Pioniere in vielen Bereichen der Mitarbeiterfürsorge. Bereits 1985 führten sie als eines der ersten Unternehmen in den USA Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub sowie Ausbildungsbeihilfen für ihre Angestellten ein und dehnten diese Leistungen auch auf unverheiratete und gleichgeschlechtliche Partner aus.
Das Unternehmen engagiert sich in vielfältiger Weise für soziale und ökologische Projekte. Dazu gehören:
- Das „Ben & Jerry’s Climate Change College“, ein Programm, das junge Menschen zu Klimabotschaftern ausbildet, unterstützt vom WWF.
- Das Caring-Dairy-Programm, das sich für eine nachhaltige Milchwirtschaft einsetzt.
- Das „Cool your jets“-Programm, bei dem Mitarbeiter seit 2005 verpflichtet sind, bei Flugbuchungen ein „Klima-Ticket“ zu kaufen, um Klimaschutzprojekte zu unterstützen und den CO2-Ausstoß zu kompensieren.
Ben & Jerry's hat sich auch ehrgeizige Umweltziele gesetzt. Im Frühjahr 2007 gab das Unternehmen bekannt, in Europa zu 100 % klimaneutral zu produzieren.
Darüber hinaus unterstützt Ben & Jerry's Organisationen wie das International Rescue Committee, um sich für Flüchtlinge einzusetzen, sowie Viva con Agua, eine NGO, die sich für den weltweiten Zugang zu sauberem Trinkwasser engagiert.
Das Unternehmen nimmt auch öffentlich Stellung zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Im August 2020 forderte die Social-Media-Abteilung die britische Innenministerin Priti Patel auf, mehr Empathie für Flüchtlinge zu zeigen und legale Einreisewege zu schaffen. Anfang Juli 2023 sorgte eine Forderung zur Rückgabe von Territorien an die Ureinwohner Amerikas für Aufsehen und führte zu Boykottaufrufen.
Besonders kontrovers war die Entscheidung im Juli 2021, den Eisverkauf in den israelisch besetzten Gebieten einzustellen, da dies nicht mit den Werten des Unternehmens vereinbar sei. Diese Entscheidung, die Ende 2022 wirksam wurde, führte zu rechtlichen Auseinandersetzungen und der Kündigung einer langjährigen Designerin. Die Gründer unterstützten die Entscheidung öffentlich, stellten aber klar, dass es sich nicht um einen Boykott Israels, Antisemitismus oder eine Unterstützung von BDS handele. Im Juni 2022 verkaufte Unilever das israelische Geschäft an eine Tochterfirma des bisherigen Lizenzhalters.
Der Free Cone Day: Eine süße Tradition
Eine beliebte Tradition, die die Verbindung von Ben & Jerry's zur Gemeinschaft unterstreicht, ist der jährliche Free Cone Day. Dieser Tag wurde erstmals 1979 zur Feier des ersten Geburtstags ihres Eisshops eingeführt. Seitdem wird er jedes Jahr weltweit in allen Ben & Jerry's Shops zelebriert. An einem Dienstag im April können Kunden kostenloses Eis erhalten. Gleichzeitig nutzt Ben & Jerry's diesen Tag, um Spenden für lokale soziale Einrichtungen zu sammeln, was die Verbindung zwischen Genuss und sozialem Engagement weiter festigt.

Kritikpunkte: Herausforderungen und Reaktionen
Trotz des positiven Images und des Engagements für soziale Zwecke war Ben & Jerry's auch mit Kritik konfrontiert:
- Im Jahr 2010 kündigte das Unternehmen an, den Slogan „All natural Ben & Jerry’s“ nicht mehr zu verwenden, nachdem eine Verbraucherschutzorganisation den Slogan als irreführend kritisiert hatte, da in vielen Sorten künstliche Zusatzstoffe gefunden wurden.
- 2017 wurden in einigen Eisproben Spuren des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat gefunden. Diese lagen zwar unter dem geltenden Grenzwert, führten aber dennoch zu Diskussionen.
- 2018 beschuldigten Aktivisten von Migrant Justice das Unternehmen, Milch von Farmen zu beziehen, die illegale Arbeiter unter schlechten Bedingungen beschäftigten. Ben & Jerry's entschuldigte sich öffentlich und gelobte Besserung.
Diese Beispiele zeigen, dass auch ein Unternehmen mit starken ethischen Grundsätzen nicht immun gegen Herausforderungen und Kritik ist. Wichtig ist, wie das Unternehmen auf solche Vorwürfe reagiert und daraus lernt.
Häufig gestellte Fragen zu Ben & Jerry's
Was ist das Besondere an Ben & Jerry's?
Das Besondere an Ben & Jerry's liegt in der Kombination aus hochwertiger Eiscreme mit kreativen Sorten und einem starken Engagement für soziale und ökologische Fairness. Das Unternehmen unterstützt aktiv Fairtrade, setzt sich für faire Arbeitsbedingungen ein und engagiert sich in verschiedenen sozialen Projekten. Die Philosophie des "verknüpften Wohlstandes" ist ein Kernmerkmal.
Ist Ben & Jerry's ein amerikanisches Unternehmen?
Ja, Ben & Jerry's wurde 1978 von Ben Cohen und Jerry Greenfield in Burlington, Vermont, USA, gegründet. Es begann als kleines lokales Geschäft und wuchs zu einem nationalen Unternehmen, bevor es im Jahr 2000 von Unilever übernommen wurde.
Ist Ben & Jerry's Fairtrade-zertifiziert?
Ja, Ben & Jerry's war der erste Speiseeishersteller, der Fairtrade-zertifizierte Zutaten verwendete (ab 2005), und stellte bis 2014 weltweit alle möglichen Hauptzutaten (Zucker, Kakao, Vanille, Kaffee, Bananen) auf Fairtrade um. Das Unternehmen unterstützt die Fairtrade-Bewegung aktiv, um Kleinbauern faire Preise und Bedingungen zu sichern.
Wie weit ist die Ben & Jerry's Fabrik von Burlington, Vermont, entfernt?
Die Hauptfabrik von Ben & Jerry's in Waterbury, Vermont, in der auch der Flavor Graveyard und Besuchertouren angeboten werden, liegt etwa 30 Meilen (ca. 48 km) vom Stadtzentrum von Burlington entfernt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ben & Jerry's mehr ist als nur eine Marke für Speiseeis. Es ist ein Unternehmen, das versucht, Geschäftserfolg mit sozialer Verantwortung zu verbinden. Von den Anfängen in Vermont bis hin zum globalen Engagement für Fairness und Umwelt hat Ben & Jerry's eine einzigartige Nische in der Konsumgüterwelt besetzt. Ihre Geschichte zeigt, dass es möglich ist, köstliche Produkte anzubieten und gleichzeitig eine positive Wirkung auf die Welt zu erzielen.
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