Thalia & Mayersche: Der Zusammenschluss

13/09/2019

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Der deutsche Buchmarkt ist ständig in Bewegung, geprägt von Wettbewerb und dem Wandel im Kundenverhalten. Eine der bedeutendsten Entwicklungen der letzten Jahre war der Zusammenschluss zweier großer Namen im stationären Buchhandel: Thalia und die Mayersche Buchhandlung. Dieser Schritt schuf einen neuen, starken Akteur in der Branche mit dem erklärten Ziel, der wachsenden Marktmacht globaler Online-Händler entgegenzutreten und die innerstädtische Lesekultur zu stärken.

Bevor wir auf die Details des Zusammenschlusses eingehen, betrachten wir die beiden Unternehmen einzeln, wie sie vor dieser Fusion aufgestellt waren.

Übersicht

Die Mayersche Buchhandlung: Eine Tradition im Westen

Die Mayersche Buchhandlung blickt auf eine lange und stolze Geschichte zurück. Gegründet im Jahr 1817 von Jacob Anton Mayer in Aachen, feierte das Unternehmen 2017 sein 200-jähriges Bestehen. Seit seiner Gründung befand sich die Mayersche durchgehend in Familienbesitz. Zuletzt wurde das Traditionsunternehmen von der Familie Falter geführt.

Vor dem Zusammenschluss war die Mayersche vor allem im Westen Deutschlands stark vertreten, mit insgesamt 55 Buchhandlungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Das Unternehmen beschäftigte rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter knapp 120 Auszubildende. Eine Besonderheit der Mayerschen war ihre Tochtergesellschaft Best Of Books (B.O.B), ein führender Shop-System-Betreiber für Bücher, der Vertriebskanäle im Buch-Nebenmarkt wie SB-Warenhäuser, Verbrauchermärkte, Supermärkte und Drogerien erschloss. Diese Diversifikationskompetenz brachte die Mayersche in die Partnerschaft ein.

Thalia: Der größte Sortimentsbuchhändler

Thalia, gegründet 1919 in Hamburg, hatte sich bereits vor dem Zusammenschluss als der größte Sortimentsbuchhändler im deutschen Sprachraum etabliert. Im Gegensatz zur regional fokussierten Mayerschen verfügte Thalia über eine überregionale und sogar internationale Präsenz mit rund 300 Buchhandlungen in Deutschland und Österreich. Zudem hielt Thalia 50% der Anteile an den mehr als 30 Buchhandlungen der Orell Füssli Thalia AG in der Schweiz.

Thalia war bereits vor dem Zusammenschluss ein bedeutendes Unternehmen mit rund 5000 Mitarbeitern. Das Unternehmen zeichnete sich durch eine Kombination aus buchhändlerischer Tradition und innovativen digitalen Services aus. Thalia verfolgte einen erfolgreichen Omni-Channel-Ansatz, der es Kunden ermöglichte, Angebote über verschiedene Kanäle hinweg zu nutzen. Services wie die Abholung online bestellter Bücher innerhalb von zwei Stunden in der Filiale oder mobile Bezahlmöglichkeiten gehörten zum Angebot. Auch im Bereich der Leseförderung war Thalia sehr aktiv und richtete jährlich rund 3000 Veranstaltungen aus.

Die Eigentümerstruktur von Thalia war bereits vor 2019 diversifiziert und umfasste die Familien Herder (Mehrheitsgesellschafter seit 2016), Kreke, Busch und Göritz.

Der historische Zusammenschluss

Am 10. Januar 2019 gaben Thalia und die Mayersche Buchhandlung ihren Zusammenschluss bekannt. Dieser Schritt war das Ergebnis einer Entwicklung, die von wachsendem Druck auf den stationären Buchhandel und der Notwendigkeit neuer, zukunftsweisender Konzepte geprägt war. Die Fusionskontrollbehörden mussten dem Vorhaben noch zustimmen, was später auch geschah.

Konkret brachte der bisherige geschäftsführende Gesellschafter der Mayerschen, Hartmut Falter, sein Unternehmen in Thalia ein. Im Gegenzug erhielt er Anteile an der größeren Thalia-Kette und wurde zudem zweiter geschäftsführender Gesellschafter bei Thalia. Die Familie Falter trat somit dem bestehenden Thalia-Gesellschafterkreis bei. Diese Struktur unterstreicht den partnerschaftlichen Charakter des Zusammenschlusses, auch wenn Thalia als die größere Einheit die Mayersche integrierte.

Wichtigerweise wurde im Zuge des Zusammenschlusses angekündigt, dass die Schließung von Buchhandlungen nicht geplant sei. Sowohl die 55 Mayerschen Filialen als auch die rund 300 Thalia-Filialen sollten erhalten bleiben. Der Verwaltungsstandort der Mayerschen in Aachen sollte ebenfalls erhalten bleiben und Serviceaufgaben für das gemeinsame Unternehmen übernehmen.

Gründe und Ziele der Fusion

Der Zusammenschluss war eine strategische Antwort auf die veränderten Rahmenbedingungen im Buchhandel. Der dramatische Rückgang der Kundenfrequenz in den Innenstädten und die wachsende Bedeutung des Online-Handels, insbesondere durch globale Player wie Amazon, erforderten eine Stärkung der stationären Buchhändler.

Die Hauptziele des Zusammenschlusses waren:

  • Stärkung gegen Online-Wettbewerb: Durch die Bündelung der Kräfte sollte eine größere Reichweite und mehr Marktstärke im Wettbewerb mit international agierenden Online-Händlern erzielt werden.
  • Sicherung der innerstädtischen Lesekultur: Die Fusion wurde als Zeichen des Aufbruchs und als Engagement für die Attraktivität von Buchhandlungen in den Innenstädten verstanden.
  • Synergien nutzen: Die Unternehmen wollten voneinander lernen und ihre jeweiligen Stärken zum Nutzen der Kunden einbringen. Das regionale Buchhandels-Know-how der Mayerschen sollte die innovative Omni-Channel-Strategie von Thalia ergänzen.
  • Schaffung des bedeutendsten familiengeführten Sortimentsbuchhändlers: Aus den beiden Unternehmen sollte Europas größter familiengeführter Sortimentsbuchhändler entstehen.
  • Gemeinsame Weiterentwicklung: Insbesondere das Online-Geschäft sollte gemeinsam vorangetrieben werden.

Hartmut Falter betonte, dass die Mayersche und Thalia das gleiche Verständnis vom Buchhandel teilen und die gleichen Werte haben. Beide blicken auf eine lange Tradition zurück, sind erfolgreiche Familienunternehmer und teilen die Liebe zum Buch. Die Partnerschaft sollte sie noch innovativer und interessanter für ihre Kunden machen.

Die neue Größe im Buchmarkt

Durch den Zusammenschluss entstand ein Unternehmen von beachtlicher Größe. Die 55 Mayerschen Buchhandlungen und die rund 300 Thalia-Filialen im deutschsprachigen Raum sowie die Aktivitäten von B.O.B. wurden integriert. Die genaue Zahl der Buchhandlungen nach der Integration wird mit über 340 in Deutschland und Österreich angegeben, zuzüglich der 50%-Beteiligung an den Schweizer Orell Füssli Thalia Filialen.

Mit insgesamt rund 6000 Mitarbeitern wurde das fusionierte Unternehmen zum Marktführer im Sortimentsbuchhandel im deutschsprachigen Raum, gemessen am Umsatz. Die letzten bekannten Zahlen vor der Fusion zeigten Thalia mit 950 Millionen Euro Umsatz und Mayersche als bedeutenden regionalen Akteur. Amazon führte den Gesamtbuchmarkt in Deutschland mit 1,3 Milliarden Euro an. Der Zusammenschluss positionierte Thalia nun noch stärker als Gegenpol zu den Online-Giganten.

Stärken bündeln: Omni-Channel und regionale Kompetenz

Die Integration zielte darauf ab, die spezifischen Stärken beider Unternehmen zu einer komplementären und neuen Qualität für den Kunden zusammenzuführen. Die Mayersche brachte ihre Expertise im Bereich Diversifikation durch B.O.B. und ihr regionales Know-how ein. Thalia steuerte seine Systemvorteile, die bereits entwickelte Omni-Channel-Expertise und innovative Services bei, die das Einkaufserlebnis vereinfachen und bereichern sollten.

Ein wichtiger gemeinsamer Nenner und Erfolgsfaktor ist die Beteiligung beider Unternehmen an der 2013 gegründeten tolino Allianz. Thalia war Gründungsmitglied, Mayersche trat 2015 bei. Die tolino Allianz bietet ein erfolgreiches Gegenprodukt zum Kindle von Amazon und hat dazu beigetragen, dass der deutschsprachige Markt weltweit der einzige ist, in dem der Kindle keine dominante Marktstellung einnimmt. Die gemeinsame Stärke innerhalb der tolino Allianz wurde durch den Zusammenschluss weiter gefestigt.

Michael Busch, CEO und geschäftsführender Gesellschafter von Thalia, bezeichnete den Zusammenschluss als klares Signal für die Branche und betonte, dass der deutsche Buchhandel erfolgreicher sei, wenn er gemeinsam handele. Die Fusion sollte nicht nur für hohe Marktpräsenz stehen, sondern auch für das im internationalen Vergleich erfolgreichste Omni-Channel-Buchhandelsunternehmen.

Was bedeutet der Zusammenschluss für die Kunden?

Für die Kunden sollte die Fusion vor allem Vorteile bringen. Durch die Bündelung der Kompetenzen sollten die Buchhandlungen noch innovativer und attraktiver werden. Der Omni-Channel-Ansatz ermöglicht nahtlose Übergänge zwischen Online-Shopping und dem Besuch in der Filiale. Die persönliche Beratung durch qualifizierte Mitarbeiter in den Buchhandlungen bleibt ein zentrales Element, das sich vom reinen Online-Handel abhebt.

Die Zusicherung, keine Filialen zu schließen, war ein wichtiges Signal für die Kunden und die Mitarbeiter. Sie bedeutete, dass die vertrauten Mayerschen Buchhandlungen bestehen bleiben, aber nun Teil eines größeren, leistungsfähigeren Netzwerks sind. Die Kunden profitieren von einem erweiterten Angebot, verbesserten Services und der Stärke eines großen Unternehmens, das sich gleichzeitig als familiengeführt versteht.

Marktposition nach der Fusion

Der deutsche Buchmarkt ist hart umkämpft. Amazon ist der größte Player insgesamt, insbesondere durch sein Online-Geschäft. Unter den stationären Händlern war Thalia bereits führend. Mit der Integration der Mayerschen baute Thalia seine führende Stellung im Sortimentsbuchhandel weiter aus. Das vereinte Unternehmen ist nun der bedeutendste familiengeführte Sortimentsbuchhändler Europas.

Der Zusammenschluss ist ein klares Statement der stationären Buchhändler. Sie setzen auf Größe, Omni-Channel-Strategien und die Stärkung der analogen Buchhandlung als Ort der Begegnung und Inspiration, um im Wettbewerb mit globalen Online-Händlern bestehen zu können.

Die Geschichte der Mayerschen und Thalia zeigt den Wandel im deutschen Buchhandel und die Bemühungen der traditionellen Akteure, sich neu zu positionieren. Der Zusammenschluss von 2019 war ein Meilenstein auf diesem Weg.

Häufig gestellte Fragen zum Zusammenschluss

Ist die Mayersche jetzt Thalia?

Ja, im Zuge des Zusammenschlusses im Jahr 2019 wurde die Mayersche Buchhandlung gesellschaftsrechtlich in die Thalia Gruppe integriert. Aus den beiden Unternehmen entstand der bedeutendste familiengeführte Sortimentsbuchhändler Europas. Die Mayersche Filialen gehören nun zur Thalia Gruppe, firmieren aber teilweise weiterhin unter dem Namen Mayersche oder behalten ihren regionalen Charakter bei, während sie gleichzeitig das erweiterte Angebot und die Services von Thalia nutzen.

Warum haben sich Thalia und Mayersche zusammengeschlossen?

Die Hauptgründe für den Zusammenschluss waren der wachsende Druck durch globale Online-Händler wie Amazon, der Rückgang der Kundenfrequenz in den Innenstädten und die Notwendigkeit, sich durch Größe, innovative Omni-Channel-Strategien und die Bündelung von Stärken zukunftssicher aufzustellen. Ziel war es, die Marktposition zu stärken und die innerstädtische Lesekultur zu fördern.

Was hat sich für Kunden der Mayerschen geändert?

Für die Kunden der Mayerschen Buchhandlungen hat sich das Angebot und die Servicevielfalt erweitert. Sie profitieren nun von den Omni-Channel-Services der Thalia Gruppe, wie zum Beispiel der Online-Bestellung mit schneller Abholung in der Filiale. Die persönliche Beratung und das regionale Know-how der Mayersche Mitarbeiter bleiben erhalten. Es wurden keine Filialen geschlossen, sodass die gewohnten Anlaufstellen bestehen blieben.

Wer ist der größte Buchhändler in Deutschland?

Gemessen am Gesamtumsatz (inklusive Online-Handel) ist Amazon der größte Buchhändler in Deutschland. Im Bereich des stationären Sortimentsbuchhandels ist die Thalia Gruppe nach dem Zusammenschluss mit der Mayersche der unangefochtene Marktführer im deutschsprachigen Raum.

Fazit

Der Zusammenschluss von Thalia und der Mayerschen Buchhandlung im Jahr 2019 war ein wegweisender Schritt im deutschen Buchhandel. Er schuf einen starken, vereinten Player, der Tradition und Innovation verbindet. Durch die Bündelung von regionalem Know-how, Omni-Channel-Expertise und der gemeinsamen Stärke in Allianzen wie tolino positioniert sich das Unternehmen als wichtiger Akteur im Wettbewerb gegen die Online-Giganten und für die Zukunftsfähigkeit des stationären Buchhandels. Für die Kunden bedeutet dies erweiterte Angebote und Services, während die vertrauten Buchhandlungen erhalten bleiben.

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