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Karstadt Berlin schließt: Ein Ende naht

19/08/2024

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Die Nachricht ist unübersehbar, grell und laut, auch wenn sie nur auf Postern steht: Die Karstadt-Filialen in Berlin-Tempelhof, Spandau und Lichtenberg schließen ihre Türen für immer. Ab dem 31. August wird in diesen traditionsreichen Häusern kein Verkauf mehr stattfinden. Bundesweit sind 16 Filialen von dieser Welle der Schließungen betroffen. Für viele Berlinerinnen und Berliner, insbesondere für langjährige Kunden, markiert dies das Ende einer Ära. Ein Besuch in der Filiale Tempelhof zeigt, welche Probleme der stationäre Handel hat und was der Verlust eines solchen Ortes für die Menschen bedeutet.

Wieso schließt Karstadt?
Von den Schließungen sind rund 1.400 Mitarbeiter*innen betroffen - 11.400 Jobs bleiben vorerst erhalten. Hintergrund der Schließungen seien zu hohe Mieten. Nächster Schritt im Anfang April eröffneten Insolvenzverfahren ist eine Gläubigerversammlung Ende Mai.

Übersicht

Das Ende einer Ära in Berlin

Am 31. August 2024 ist es so weit: Drei große Karstadt-Warenhäuser in Berlin stellen ihren Betrieb ein. Die Filialen in Tempelhof, Spandau und Lichtenberg werden geschlossen. Diese Maßnahme ist Teil einer bundesweiten Entscheidung, die insgesamt 16 Standorte betrifft. Für die betroffenen Stadtteile Berlins bedeutet dies nicht nur den Verlust eines großen Einzelhändlers, sondern oft auch das Verschwinden eines Ankerpunkts in der lokalen Infrastruktur. Seit Jahrzehnten waren diese Kaufhäuser Teil des Stadtbildes und des Alltags vieler Menschen.

Zwischen Schlussverkauf und Wehmut

Ein Gang durch die Karstadt-Filiale in Tempelhof Anfang Juni offenbart die paradoxe Stimmung. Überall prangen grelle Poster in Gelb, Pink und Blau, die das bevorstehende Ende verkünden: „WIR SCHLIESSEN DIESE FILIALE“, „ALLES REDUZIERT“, „GROSSER SORTIMENTSABVERKAUF“. Die Botschaft ist unmissverständlich. Dennoch herrscht eine Art Normalität. Eine ältere Dame parkt ihren Rollator am Eingang, andere unterhalten sich bei den Kaffeemaschinen, Ehemänner folgen ihren Frauen durch die Gänge. Es ist, als würde der normale Kaufhausbetrieb versuchen, sich gegen die aufdringlichen Ankündigungen des Endes zu behaupten. Doch die Poster sind allgegenwärtig und erinnern unaufhörlich daran, dass die „Party“, wie ein Vergleich mit Ü30-Partyplakaten nahelegt, bald vorbei ist.

Stimmen der Kunden: Warum das Kaufhaus geht

Die Kunden, die trotz des angekündigten Endes noch ins Kaufhaus kommen, haben unterschiedliche Gefühle und Erklärungen für die Situation. Andreas Nettelbeck, 63 Jahre alt, ist mit Karstadt aufgewachsen. Sein Vater war Verkäufer am Hermannplatz, er kennt die Kaufhäuser seit seinem dritten Lebensjahr. Für ihn ist es traurig: „Ich bin mit Karstadt aufgewachsen. Ich kaufe hier alles, weil es hier alles gibt. Das ist das Schöne an so einem Kaufhaus: Dass es alles gibt.“ Angesichts der vielen Plakate sieht auch er „keine Hoffnung mehr für diese Filiale“. Seine Worte spiegeln die Enttäuschung eines treuen Kunden wider, der das breite Sortiment und die Bequemlichkeit, alles unter einem Dach zu finden, schätzte.

Ein Ehepaar in der Parfümabteilung, etwa 70 Jahre alt und seit 1990 Kunden in Tempelhof, spricht das wohl entscheidendste Problem an. Sie kaufen dort oft Parfüm, aber: „Diesen Duft hier hätte ich bei Amazon viel günstiger bekommen.“ Sie wollten das Kaufhaus eigentlich unterstützen, doch der Preis von 89 Euro war zu hoch. „Ich glaube, ich bestelle es doch im Internet“, lautet die Konsequenz. Diese Aussage bringt das Kernproblem des stationären Handels auf den Punkt: Kunden informieren sich vielleicht im Geschäft, kaufen aber dann online, wo die Preise oft niedriger sind.

Auch Silvia und Frank teilen diese Meinung. Sie sind nicht traurig über die Schließung, weil sie seit Jahren keine guten Angebote mehr finden und die Ware als „Schrott“ empfinden. Sie zahlen nicht 90 Euro für ein Hemd, das sie online für 60 Euro bekommen können. „Ich bezahle doch nicht hier 90 Euro, wenn ich woanders nur 60 bezahlen muss.“ Ihre Perspektive ist rein pragmatisch und preisorientiert. Sie sehen die Vorteile des Online-Shoppings klar vor sich.

Das Kernproblem: Preis vs. Erlebnis

Die Aussagen der Kunden legen offen, dass der traditionelle stationäre Handel im direkten Preiswettbewerb mit Online-Anbietern wie Amazon oft den Kürzeren zieht. Das Phänomen „Showrooming“ – das Ansehen und Ausprobieren von Produkten im Geschäft und der anschließende Kauf im Internet – ist weit verbreitet. Selbst Kunden, die das Geschäft unterstützen möchten, wie das Ehepaar in der Parfümabteilung, entscheiden sich letztlich für die günstigere Option. Dies stellt eine existenzielle Bedrohung für Kaufhäuser dar, deren höhere Betriebskosten (Mieten, Personal, etc.) oft höhere Preise erforderlich machen.

Die Kunden erwarten im Kaufhaus ein bestimmtes Sortiment und eine gewisse Qualität, sind aber zunehmend preissensibel. Wenn die Angebote als nicht attraktiv genug empfunden werden, wie Silvia und Frank es beschreiben, und gleichzeitig die Preise online deutlich besser sind, fehlt für viele der Anreiz, im Kaufhaus zu kaufen. Das breite Sortiment, einst ein großer Vorteil, wird durch die nahezu unendliche Auswahl im Internet in den Schatten gestellt.

Mehr als nur Einkaufen: Der soziale Aspekt

Trotz der preislichen Nachteile gibt es einen Aspekt, den das Kaufhaus im Gegensatz zum Online-Handel bietet: das persönliche und soziale Erlebnis. Silvia und Frank sprechen es an: Für ältere Leute ist das Kaufhaus oft mehr als nur ein Ort zum Einkaufen. Es ist ein Treffpunkt, ein Ort für ein persönliches Gespräch mit Verkäufern oder einfach nur, um unter Menschen zu sein. Die Beobachtung in Tempelhof bestätigt dies: Seniorinnen sitzen plaudernd auf Bänken, Freundinnen begutachten Handtaschen zusammen, Mütter und Töchter diskutieren über Kleidung. Dieses soziale Miteinander, das Gefühl, nicht allein zu sein, ist ein Wert, den das Internet nicht bieten kann. Für eine bestimmte Kundengruppe, die vielleicht auch weniger affin für das Internet ist, ist der Verlust des Kaufhauses daher besonders schmerzlich.

Das Kaufhaus war ein Ort, an dem man sich traf, bummelte, Dinge gemeinsam aussuchte. Es bot eine Struktur für den Tag und eine Möglichkeit zur sozialen Interaktion außerhalb der eigenen vier Wände. Dieser immaterielle Wert geht mit der Schließung verloren und trifft jene am härtesten, die diesen Aspekt am meisten schätzten und vielleicht weniger Alternativen haben.

Zukunft der leeren Räume

Mit der Schließung stehen in Berlin riesige Flächen leer. Was mit den ehemaligen Prachtbauten geschehen soll, ist noch unklar. Für die Filiale in Tempelhof wird die Möglichkeit einer Umwandlung in eine sogenannte „Used-Mix-Immobilie“ erwähnt. Das bedeutet, dass das Gebäude für verschiedene Zwecke genutzt werden könnte, zum Beispiel für Büros, eine Bibliothek oder sogar Wohnungen. Solche Umbauten sind jedoch extrem teuer und zeitaufwendig. Es braucht einen finanzstarken Investor, der bereit ist, ein solches Großprojekt anzugehen. Bis neue Nutzungen gefunden und realisiert sind, werden die Gebäude leer stehen und die Lücke im Stadtbild sowie im Einzelhandelsangebot wird spürbar bleiben. Die Zukunft dieser großen Flächen ist eine städtebauliche Herausforderung.

Was bedeutet das für die Kunden?

Für die Kunden von Karstadt bedeuten die Schließungen vor allem eines: Sie müssen sich umorientieren. Langjährige, treue Kunden verlieren ihren bevorzugten Einkaufsort. Kunden, die bisher eine Mischung aus stationärem und Online-Handel nutzten, werden möglicherweise vollständig auf das Internet ausweichen, verstärkt durch die Erfahrung, dass Online-Shopping oft günstiger ist. Für ältere Menschen, die das persönliche Gespräch und den sozialen Aspekt schätzten, geht ein wichtiger Treffpunkt verloren. Die Vielfalt des Angebots in den betroffenen Stadtteilen nimmt ab, und die Wege zu anderen Geschäften werden länger. Die Schließungen sind ein klares Zeichen für den tiefgreifenden Wandel im Einzelhandel, bei dem der stationäre Handel unter starkem Druck steht, sich neu zu erfinden oder dem Wettbewerb durch Online-Anbieter zu unterliegen.

Preisvergleich (Beispiel Parfüm)

OrtPreis
Karstadt (laut Kunde)89 Euro
Amazon (laut Kunde)Deutlich günstiger

Dieses einfache Beispiel, direkt aus der Erfahrung eines Kunden, illustriert das zentrale Problem, mit dem Kaufhäuser heute konfrontiert sind. Selbst wenn Kunden bereit wären, einen gewissen Aufpreis für das Erlebnis im Geschäft zu zahlen, ist der Preisunterschied in vielen Fällen zu groß, um ignoriert zu werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann schließen die Karstadt-Filialen in Berlin?
Die Karstadt-Filialen in Berlin-Tempelhof, Spandau und Lichtenberg schließen am 31. August.

Welche Filialen in Berlin sind betroffen?
Betroffen sind die Filialen in Tempelhof, Spandau und Lichtenberg.

Wie viele Filialen schließen bundesweit?
Bundesweit sollen insgesamt 16 Filialen geschlossen werden.

Was ist laut Kunden ein Hauptgrund für die Probleme?
Ein Hauptgrund, den Kunden nennen, ist, dass die Preise im Kaufhaus oft höher sind als im Internet.

Was könnte mit den leerstehenden Gebäuden passieren?
Für die leerstehenden Gebäude, wie die Filiale in Tempelhof, wird die Möglichkeit einer Umwandlung in „Used-Mix-Immobilien“ diskutiert, die Büros, Bibliotheken oder Wohnungen umfassen könnten.

Welchen Aspekt schätzen ältere Kunden am Kaufhaus?
Ältere Kunden schätzen oft das persönliche Gespräch mit den Verkäufern und sehen das Kaufhaus als einen wichtigen sozialen Treffpunkt.

Die Schließungen der Karstadt-Filialen in Berlin sind mehr als nur das Ende von Einzelhandelsgeschäften. Sie spiegeln tiefgreifende Veränderungen im Konsumverhalten wider, den Druck durch den Online-Handel und den Verlust von Orten, die für viele Menschen eine soziale Funktion erfüllten. Während die Zukunft der Gebäude ungewiss bleibt, ist klar, dass sich die Einkaufslandschaft in Berlin weiter wandelt.

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