Wer schreibt noch Steno?

Stenografie: Eine alte Kunst heute noch relevant?

24/05/2021

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In einer Welt, die von Computern, Smartphones und digitaler Kommunikation dominiert wird, stellt sich die Frage, ob traditionelle Fertigkeiten wie die Stenografie, die Kunst des schnellen Schreibens, überhaupt noch eine Rolle spielen. Einst war die Kurzschrift ein unverzichtbares Werkzeug für Sekretärinnen, Journalisten und viele andere Berufe, die auf schnelle Notizen angewiesen waren. Ganze Berufsstände lebten von dieser Fähigkeit. Heute scheint die sogenannte Engschrift vom Aussterben bedroht zu sein. Doch ist das wirklich so?

Übersicht

Was ist Stenografie und wie funktioniert sie?

Stenografie, auch bekannt als Kurzschrift, Schnellschrift, Tachygraphie oder Phonographie, ist eine Abbreviaturschrift, die aus einfachen Zeichen gebildet wird, um schneller schreiben zu können als mit der herkömmlichen Langschrift. Der Grundgedanke ist, durch die Nutzung von kürzeren Zeichen und systematischen Abkürzungen den Schreibaufwand zu minimieren.

Was ist ein Steno Bleistift?
Der Stenobleistift: Ein grundsätzliches typisches Merkmal von Stenografiebleistiften ist der runde Schaft. Die meisten normalen Bleistifte hingegen haben einen sechseckigen Schaft. Die runden Stenobleistifte sollen leichter in der Hand liegen und leichter drehbar sein.

Die Entwicklung eines Kurzschriftsystems beginnt mit der Festlegung eines Zeichenvorrats. Im Gegensatz zur Langschrift haben selbst kleinste grafische Details eine Bedeutung. Rundungen oder spitze Winkel, unterschiedliche Abstände zwischen Zeichen, dünne oder verstärkte (fette) Linien – all das kann in der Kurzschrift verschiedene Bedeutungen tragen. Dies ermöglicht es, mit wenigen Strichen eine Fülle von Informationen festzuhalten.

Das in Deutschland am weitesten verbreitete System ist die Deutsche Einheitskurzschrift (DEK). Charakteristisch für die DEK ist, dass Konsonanten und Konsonantengruppen durch Abstriche dargestellt werden (buchstäbliche Schreibung), während Vokale und Diphthonge sinnbildlich durch Hoch-, Neben- und Tiefstellung, kurze und weite Verbindung sowie durch unverstärkte oder verstärkte Schreibung des folgenden Konsonanten dargestellt werden. Dies ergibt zwölf Möglichkeiten zur Darstellung von Vokalen. Obwohl diese sinnbildliche Vokaldarstellung manchmal als schwer erlernbar kritisiert wird, liegt der Fokus der Stenografie nicht auf einfacher Erlernbarkeit, sondern auf maximaler Effizienz beim Schreiben.

Neben dem Grundzeichenvorrat nutzt die Stenografie auch sogenannte Kürzel. Dies sind besondere, oft unregelmäßig gebildete Zeichen für sehr häufige Wörter wie "der", "die", "das", "und", "ist" oder "sind". Auch für unhandliche, mühsam zu schreibende Wörter wie "besonders" oder "vielleicht" gibt es Kürzel. Die Beherrschung der Kürzel hilft, die Schreibgeschwindigkeit deutlich zu erhöhen.

Die wirklich hohen Schreibgeschwindigkeiten werden jedoch durch Kürzungen erreicht. Im Gegensatz zu den unregelmäßigen Kürzeln sind Kürzungen systematische Abkürzungsregeln. Dabei handelt es sich um Weglass-Regeln, die es ermöglichen, ganze Wortschatzteile sinnvoll abzukürzen. Man lernt nicht für jedes Wort ein eigenes Zeichen, sondern beherrscht Regeln, um Wörter auf Basis ihrer Struktur zu kürzen. Interessant ist hierbei, dass Kürzungen oft nicht nur auf den ersten Buchstaben abzielen, sondern auch auf das Ende oder die Mitte eines Wortes, was zu kürzeren und dennoch gut lesbaren Stenogrammen führen kann.

Geschwindigkeitsstufen der Stenografie

Die Leistungsfähigkeit der Stenografie wird in Silben pro Minute gemessen. Zum Vergleich: In normaler Schreibschrift schafft man etwa 30 bis 40 Silben pro Minute. Die DEK ist in verschiedene Geschwindigkeitsstufen unterteilt, die sich hauptsächlich im Umfang der angewendeten Kürzungsregeln unterscheiden:

Die erste Stufe ist die Verkehrsschrift. Mit ihr kann man bereits ca. 120 Silben pro Minute erfassen – dreimal so schnell wie die Langschrift. In der Verkehrsschrift werden einzelne Buchstaben gekürzt oder weggelassen (z.B. bei Mitlautverdopplung, Vokalverdopplung, Dehnungs-h). Auch die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung entfällt.

Die zweite Stufe ist die Eilschrift. Hier verdoppelt sich die Geschwindigkeit der Verkehrsschrift auf etwa 240 Silben pro Minute. Die Eilschrift nutzt weitere Kürzel und grundlegende Abkürzungsverfahren. Es werden unbetonte Nicht-Stammsilben sowie weitere einzelne Buchstaben weggelassen (z.B. unbetontes el, er, en am Wortende, oder Buchstaben in bestimmten Verbindungen).

Wird heute noch Steno benutzt?
Heute wird Steno insbesondere als Notiz- und als Konzeptschrift verwendet, für schnelle Aufzeichnungen z. B. in Besprechungen, Konferenzen, Verhandlungen, Seminaren, bei Vorträgen und Präsentationen oder für das Anfertigen von Entwürfen, Merkzetteln, Randbemerkungen, Telefonnotizen und so weiter.

Die höchste Stufe ist die Redeschrift. Sie ermöglicht Geschwindigkeiten von rund 480 Silben pro Minute. Dies wird durch den Einsatz sprachlicher und graphischer Kürzungstechniken erreicht, bei denen sogar Stammsilben oder ganze Wörter und Wortgruppen abgekürzt werden können (z.B. "ziehen" wird "ieh", "sogenannt" wird "soge", "Herr Präsident, meine Damen und Herren" wird "preiarr").

Für professionelle Stenografen, insbesondere solche, die Parlamentsdebatten oder Gerichtsverhandlungen protokollieren, wird eine Aufzeichnungsgeschwindigkeit von über 260 Silben pro Minute erwartet, um schnellen Rednern folgen zu können. Die unterschiedlichen Geschwindigkeitsstufen definieren auch die Anwendungsbereiche: Die Verkehrsschrift eignet sich gut als persönliche, schnellere Notizschrift, während die Eilschrift früher oft als Diktatschrift diente und die Redeschrift für die wörtliche Aufzeichnung von Verhandlungen unerlässlich ist.

Wo wird Stenografie heute noch eingesetzt?

Trotz der Verbreitung digitaler Technologien und Spracherkennungssoftware ist die Stenografie in bestimmten Bereichen keineswegs ausgestorben. Laut dem Deutschen Stenografenbund gab es auch 2023 noch mehrere Hundert hauptberufliche Stenografen in Deutschland.

Ein prominentes Einsatzgebiet ist die Protokollierung von Parlamentsdebatten. Im baden-württembergischen Landtag beispielsweise arbeiten Parlamentsprotokollanten, die in Kurzschrift Wort für Wort mitschreiben. Pro Sitzungstag sind mehrere sogenannte Turnusstenografen im Einsatz, die sich abwechseln, um Reden und Zwischenrufe präzise zu erfassen und anschließend in Reinschrift zu übertragen.

Auch im Gerichtswesen oder bei wichtigen Verhandlungen, wo es auf die genaue und schnelle Erfassung von Aussagen ankommt, kann Stenografie eine wichtige Rolle spielen. Für Journalisten, die Interviews führen, bei denen Aufnahmegeräte nicht erwünscht sind, oder für schnelle Notizen unterwegs, kann die Beherrschung der Eilschrift oder Verkehrsschrift eine nützliche Arbeitstechnik sein.

Während die Diktatstenographie, die früher für kaufmännische Berufe essenziell war, weitgehend von der Technik verdrängt wurde, bleibt die Stenografie in Bereichen, die eine hochpräzise und schnelle manuelle Erfassung von Gesprochenem erfordern, oft leistungsfähiger als alternative Methoden wie Tonaufzeichnung oder PC-Texteingabe über die Tastatur – insbesondere bei schnellen Diskussionen oder schlechter Audioqualität.

Wie funktioniert steno schreiben?
Stenografie (Kurzschrift) ist eine Schnell- schrift. Für jeden Buchstaben und jede Mitlautfolge unserer Schrift gibt es ein Zeichen in Kurzschrift, das deutlich einfacher und schneller zu schreiben ist. Selbstlaute werden in der Regel nicht geschrieben, Groß- schreibung und Rechtschreibregeln gibt es nicht.

Die Stenografen-Branche mag klein sein, ist aber rege. Der Deutsche Stenografenbund veranstaltet regelmäßig Wettbewerbe in verschiedenen Disziplinen rund um die Textverarbeitung, einschließlich der Kurzschrift. Dies zeigt, dass die Fähigkeit des schnellen und präzisen Schreibens weiterhin gepflegt wird.

Spezielle Werkzeuge des Stenografen

Die Stenografie erfordert nicht nur eine spezielle Schreibtechnik, sondern traditionell auch spezielle Werkzeuge, die auf die Bedürfnisse des schnellen Schreibens zugeschnitten sind. Viele dieser Utensilien sind heute jedoch seltener geworden, da die Zahl der praktizierenden Stenografen abgenommen hat.

Eines der wichtigsten Werkzeuge sind spezielle Schreibhefte mit der sogenannten Lineatur 12. Im Gegensatz zu normalen linierten oder karierten Heften weist die Lineatur 12 ein einzigartiges Muster auf: Stärkere Grundlinien werden von feineren Linien umgeben, wobei zwischen zwei stärkeren Linien stets drei feinere Linien liegen. Dieses Muster bildet den stenografischen Schreibraum ab und hilft angehenden Stenografen, die Zeichen in der korrekten Höhe und Stellung zu platzieren. Dies fördert die Genauigkeit und hilft, eine saubere stenografische Handschrift zu entwickeln.

Neben den Übungsheften gibt es auch Stenoblöcke. Diese beschränken sich oft auf die Grundlinie und sind auffällig zweigeteilt, ähnlich wie Vokabelhefte. Die absichtliche Verkürzung der Schreibzeilen auf der Seite dient dazu, den Weg der Hand beim Zeilensprung zu verkürzen. Ein kürzerer Rückführungsweg spart wertvolle Zeit und hilft dem Stenografen, den Anschluss beim Schreiben nicht zu verlieren.

Auch beim Schreibgerät gibt es Besonderheiten. Der Stenobleistift zeichnet sich oft durch einen runden Schaft aus, im Gegensatz zum meist sechseckigen Schaft normaler Bleistifte. Der runde Schaft soll leichter in der Hand liegen und einfacher drehbar sein. Wenn die Mine durch längere Nutzung auf einer Seite breiter schreibt, kann der Stift schnell gedreht werden, um eine dünner schreibende Seite zu nutzen, ohne Zeit zu verlieren. Stenobleistifte sind in verschiedenen Härtegraden erhältlich (HB, B, 2B). Weichere Stifte erleichtern das Schreiben der für die Stenografie wichtigen Verstärkungen von Zeichen, während härtere Minen länger halten. Stenografen legen sich oft mehrere gut gespitzte Bleistifte bereit, da während des Stenogramms keine Zeit zum Nachspitzen bleibt.

Eine Alternative zum Bleistift ist der Stenografiefüller. Modelle wie der Pelikan P470, der heute kaum noch serienmäßig produziert wird, besitzen eine besonders elastische Schreibfeder. Durch Variieren des Drucks auf die Feder kann der Stenograf die Strichbreite beeinflussen und so die erforderlichen Verstärkungen präzise zu Papier bringen. Das Schreiben mit einem Stenofüller erfordert Übung, da zu starker Druck den Tintenfluss unterbrechen kann. Für saubere stenografische Autografien ist der Füller jedoch oft eine gute Wahl.

Wird heute noch Steno benutzt?
Heute wird Steno insbesondere als Notiz- und als Konzeptschrift verwendet, für schnelle Aufzeichnungen z. B. in Besprechungen, Konferenzen, Verhandlungen, Seminaren, bei Vorträgen und Präsentationen oder für das Anfertigen von Entwürfen, Merkzetteln, Randbemerkungen, Telefonnotizen und so weiter.

Schließlich ist die Stoppuhr ein wichtiges Werkzeug für das Üben der Geschwindigkeit. Da Diktate in Silben pro Minute gemessen werden, hilft eine Stoppuhr dem Diktierenden, die Geschwindigkeit konstant zu halten. Spezielle Stenostop-Uhren mit angepassten Zifferblättern existierten früher, sind aber heute selten. Die meisten Lehrenden nutzen normale Stoppuhren.

Häufige Fragen zur Stenografie

Ist es schwer, Stenografie zu lernen? Die sinnbildliche Darstellung der Vokale in Systemen wie der DEK wird manchmal als Lernhürde betrachtet. Die Beherrschung der verschiedenen Geschwindigkeitsstufen erfordert viel Übung und Diktattraining.

Warum ein runder Bleistift? Der runde Schaft soll das schnelle und widerstandslose Drehen des Bleistifts während des Schreibens erleichtern, um bei Bedarf schnell eine schärfere Seite der Mine nutzen zu können.

Wozu dient die Lineatur 12 in den Heften? Die spezielle Lineatur bildet den stenografischen Schreibraum ab und hilft Lernenden, die Zeichen in der korrekten relativen Höhe und Position zu platzieren, was für die Lesbarkeit des Stenogramms entscheidend ist.

Ist Stenografie noch schneller als Tippen? Bei sehr schnellen Rednern oder Diskussionen, insbesondere über 260 Silben pro Minute, kann ein geübter Redeschrift-Stenograf immer noch schneller wörtlich mitschreiben als eine Person, die auf einer Tastatur tippt, da die Kurzschrift extrem komprimiert ist.

Fazit

Auch wenn die Stenografie nicht mehr die Allgegenwart früherer Jahrzehnte hat und viele ihrer traditionellen Werkzeuge seltener geworden sind, ist sie keineswegs tot. Sie hat sich zu einer spezialisierten Fähigkeit entwickelt, die in bestimmten professionellen Kontexten wie der Protokollierung von Parlamentsdebatten oder Gerichtsverhandlungen weiterhin unverzichtbar ist. Für manche Journalisten oder für persönliche, schnelle Notizen kann sie ebenfalls eine wertvolle Technik sein. Die Fähigkeit, Gesprochenes präzise und extrem schnell manuell zu erfassen, bleibt in bestimmten Situationen unübertroffen, selbst im digitalen Zeitalter.

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