21/07/2020
E. Breuninger GmbH & Co. ist ein Name, der in Deutschland für hochwertige Mode, Accessoires und ein besonderes Einkaufserlebnis steht. Gegründet im Jahr 1881 in Stuttgart, hat sich das Unternehmen über die Jahrzehnte zu einem der bekanntesten Warenhäuser des Landes entwickelt. Es positioniert sich klar im gehobenen Marktsegment mit einem starken Fokus auf Textilwaren, ist aber im Laufe der Zeit zu einem Vollsortimenter geworden. Doch während das Stuttgarter Stammhaus floriert und das Unternehmen online sowie mit neuen Standorten expandiert, sorgt eine Nachricht aus Baden-Württemberg für Aufsehen: Eine Filiale schließt. Dies wirft Fragen auf: Ist Breuninger wirklich ein Luxuskaufhaus? Und was steckt hinter der Entscheidung, einen Standort aufzugeben?
Das Unternehmen, das heute seinen Hauptsitz in Stuttgart hat, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Eduard Breuninger legte 1881 mit der Übernahme eines Hauses am Stuttgarter Marktplatz den Grundstein. Schnell wuchs das Geschäft, weitere Gebäude wurden erworben und integriert. Die frühe Expansion war geprägt von Wachstum, aber auch von den Herausforderungen der Zeit, wie dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise. Besonders dunkle Kapitel der Unternehmensgeschichte umfassen die Verwicklung des damaligen Leiters Alfred Breuninger in das NS-Regime, die Arisierung jüdischen Eigentums und den Einsatz von Zwangsarbeitskräften im Zweiten Weltkrieg. Nach der Zerstörung im Krieg gelang der Wiederaufbau unter Heinz Breuninger erst allmählich.

In den 1960er Jahren vollzog Breuninger einen wichtigen Wandel und entwickelte sich vom reinen Textilienhändler zum Vollsortimenter. Angesichts rückläufiger Kundenzahlen von außerhalb Stuttgarts wagte das Unternehmen in den 1970er Jahren die Expansion über die Stadtgrenzen hinaus. Dies führte zur Entwicklung des Breuningerland-Konzepts, das 1973 mit der Eröffnung in Ludwigsburg seinen Anfang nahm, gefolgt von Sindelfingen im Jahr 1980. Diese Einkaufszentren, die neben dem Breuninger-Warenhaus weitere Handelsgeschäfte und Gastronomie beherbergen, wurden lange Zeit von externen Unternehmen verwaltet, bevor die Verwaltung 2020 wieder in eigene Hände bzw. die des Eigentümers Unibail-Rodamco-Westfield Germany überging.
Herausforderungen im Einzelhandel und die Schließung in Reutlingen
Der stationäre Einzelhandel in Innenstädten steht seit Jahren unter Druck. Die zunehmende Konkurrenz durch den Online-Handel, stetig steigende Kosten – nicht zuletzt für Energie und Lebensmittel, die die Kaufkraft der Verbraucher schmälern – sowie sich ändernde Einkaufsgewohnheiten stellen viele Händler vor große Probleme. Die sogenannte Konsumflaute wirkt sich auf breiter Front aus und trifft selbst etablierte Unternehmen.
Ein prominentes Beispiel für diese Entwicklung ist die angekündigte Schließung der Breuninger-Filiale in Reutlingen. Nach 25 Jahren am Standort in der Wilhelmsstraße wird das Geschäft Ende des Jahres 2024 seine Pforten schließen. Diese Entscheidung, so das Unternehmen, basiert auf stetig zurückgehenden Besucherzahlen und einem damit verbundenen Umsatzrückgang. 128 Mitarbeiter sind von der Schließung betroffen. Laut Geschäftsführer Holger Blecker wird ihnen ein Angebot für eine Anstellung in einem anderen Breuninger-Kaufhaus unterbreitet. Es wird gehofft, dass möglichst viele Mitarbeiter dieses Angebot annehmen. Die Mitarbeiter in Reutlingen hätten sich laut Blecker lange erfolgreich gegen den negativen Trend gestemmt, doch die Umstände machten eine Fortführung des Betriebs unrentabel.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen bezeichnete die Schließung als einen „schweren Schlag für die Reutlinger Innenstadt“. Zwar sei die Entscheidung unternehmerisch zu respektieren, doch sie verschärfe die Situation im innerstädtischen Handel weiter. Gleichwohl sieht die IHK Potenzial für den Standort in Reutlingen, der nach wie vor als „1a-Lage“ gelte und Chancen für eine gemischte Nutzung durch Handel und Gastronomie biete.
Breuninger: Strategische Expansion und der Erfolg des Online-Shops
Trotz der Herausforderungen im stationären Handel und der Notwendigkeit, unrentable Standorte wie Reutlingen zu schließen, verfolgt Breuninger eine klare Strategie der Expansion und Modernisierung. Ein entscheidender Schritt war der Launch des Online-Shops im Jahr 2008. Dieser startete mit einem Angebot im Premiumbereich und hat sich seitdem zu einem zentralen Standbein des Unternehmens entwickelt.

Besonders hervorzuheben ist die rasante Internationalisierung im Online-Segment. Seit Ende 2017 ist Breuninger mit einem eigenentwickelten Online-Shop auch in Österreich aktiv. 2019 folgte die Schweiz, und anschließend expandierte das Online-Angebot nach Polen, Belgien, in die Niederlande, nach Luxemburg, Spanien und Italien. Im Jahr 2021 und 2022 wurden der Online-Shop und der Kundenservice speziell an polnisch- und tschechischsprachige Kunden angepasst, um diesen Märkten gerecht zu werden. Dieser Fokus auf den E-Commerce zahlt sich aus: Im Jahr 2023 erwirtschaftete Breuninger bereits mehr als 50 Prozent seines Umsatzes online. Dies zeigt deutlich, wie wichtig der digitale Vertriebskanal für das moderne Warenhausgeschäft geworden ist.
Auch im stationären Bereich gab es in den letzten Jahren strategische Schritte. Nach einigen Schließungen Anfang der 2000er Jahre, darunter Filialen in Würzburg, Pforzheim und Dresden, startete Breuninger 2013 eine neue Phase der physischen Expansion. Im Oktober 2013 wurde im Düsseldorfer Kö-Bogen das mit 16.000 m² Verkaufsfläche zweitgrößte Breuninger-Geschäft nach dem Stammhaus in Stuttgart eröffnet. Dieser neue Standort zeichnete sich durch Kooperationen mit Gastronomie (Sansibar) und Kultureinrichtungen aus. In Stuttgart selbst wurde Breuninger als Immobilienentwickler tätig und realisierte das 2017 eröffnete Dorotheen Quartier in unmittelbarer Nähe zum Stammhaus. Eine weitere bedeutende Eröffnung steht bevor: Am 8. April 2025 wird Breuninger eine neue Filiale in der Hamburger HafenCity eröffnen.
Wichtige Übernahme im Jahr 2021
Ein weiterer strategischer Schachzug war die Übernahme der Konen Bekleidungshaus GmbH & Co. KG im Mai 2021. Diese Akquisition umfasste das Stammhaus von Konen in der Sendlinger Straße in München, ein großes Modehaus mit 12.500 m² Verkaufsfläche, sowie eine Zweigniederlassung in Luxemburg (unter dem Namen BRAM), die mit 11.000 m² als größtes Modehaus des Landes gilt. Mit dieser Übernahme stärkte Breuninger seine Präsenz in wichtigen Märkten und erweiterte sein Portfolio. Rund 700 Mitarbeiter von Konen wurden Teil des Breuninger-Unternehmens.
Ein Blick in die Geschichte: Wichtige Meilensteine
Jahr | Ereignis |
---|---|
1881 | Gründung in Stuttgart durch Eduard Breuninger |
1937 | Erwerb des jüdischen Geschäftshauses am Marktplatz (Arisierung) |
1952 | Einführung des Maskottchens Breuni |
1973 | Eröffnung des ersten Breuningerlands in Ludwigsburg |
2008 | Start des Online-Shops |
2021 | Übernahme von Konen in München und Luxemburg |
2024 | Geplante Schließung der Filiale Reutlingen |
2025 | Geplante Eröffnung in Hamburg |
Häufig gestellte Fragen zu Breuninger
Ist Breuninger ein Luxuskaufhaus?
Breuninger positioniert sich im gehobenen Marktsegment. Es bietet eine breite Palette hochwertiger Produkte, insbesondere im Textilbereich, darunter viele bekannte Designermarken. Obwohl es nicht ausschließlich Luxusmarken führt, liegt der Fokus klar auf Premium-Produkten und einem entsprechenden Einkaufserlebnis, was es in die Nähe von Luxuskaufhäusern rückt.
Warum schließt Breuninger die Filiale in Reutlingen?
Die Entscheidung zur Schließung der Filiale in Reutlingen zum Ende des Jahres 2024 wurde getroffen, weil der Standort mit stetig zurückgehenden Besucherzahlen und einem verbundenen Umsatzrückgang zu kämpfen hatte. Die allgemeine Konsumflaute und die Herausforderungen für den stationären Einzelhandel trugen ebenfalls zu dieser Entwicklung bei.

In welchen Städten ist Breuninger mit Filialen vertreten?
Breuninger betreibt Warenhäuser unter anderem in Stuttgart (Stammhaus), Düsseldorf, und plant eine Eröffnung in Hamburg (ab 2025). Hinzu kommen die Einkaufszentren Breuningerland in Ludwigsburg und Sindelfingen sowie die kürzlich übernommenen Konen-Standorte in München und Luxemburg.
Wann wurde Breuninger gegründet?
Das Unternehmen E. Breuninger GmbH & Co. wurde im Jahr 1881 von Eduard Breuninger in Stuttgart gegründet.
Wie viele Mitarbeiter sind von der Schließung in Reutlingen betroffen?
Von der Schließung der Breuninger-Filiale in Reutlingen sind 128 Mitarbeiter betroffen. Ihnen werden Angebote für Anstellungen an anderen Standorten gemacht.
Fazit
Breuninger ist ein Traditionsunternehmen, das die Transformation des Einzelhandels aktiv mitgestaltet. Die Schließung der Filiale in Reutlingen ist ein Beispiel für die Anpassung an schwierige Marktbedingungen und die Notwendigkeit, unrentable Standorte aufzugeben. Gleichzeitig investiert das Unternehmen massiv in den Online-Handel und expandiert strategisch an ausgewählten physischen Standorten. Die Positionierung im gehobenen Marktsegment und der Fokus auf ein hochwertiges Angebot bleiben dabei Kern der Unternehmensidentität. Breuninger navigiert durch die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, indem es Tradition mit digitaler Innovation und gezieltem Wachstum verbindet.
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