Warum heißt Radebeul Radebeul?

Radebeul: Was wurde in diesen Fabriken gefertigt?

30/11/2013

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Radebeul blickt auf eine interessante industrielle Geschichte zurück, die eng mit bestimmten Produktionsstandorten verknüpft ist. Ein besonders prägender Ort war das Industriegebiet an der heutigen Meißner Straße 17. Hier wurden über Jahrzehnte hinweg sehr spezifische und für ihre Zeit fortschrittliche Maschinen entwickelt und gefertigt. Die Geschichte dieses Standortes und der dort ansässigen Unternehmen erzählt viel über die industrielle Entwicklung in Sachsen und der ehemaligen DDR.

Was wurde in Radebeul hergestellt?
Die Radebeuler Maschinenfabrik August Koebig war eine „Fabrik zur Herstellung von Papierverarbeitungsmaschinen“. Sie ist ein Vorläuferunternehmen der Koenig & Bauer AG Werk Radebeul. Die ruinösen Werksgebäude liegen im Radebeuler Industriegebiet, an der Meißner Straße 17.

Die Fertigung in Radebeul war oft auf Nischenmärkte ausgerichtet und erforderte spezialisiertes Know-how im Maschinenbau. Zwei Hauptakteure prägten maßgeblich die Produktion an der Meißner Straße 17 und später auch an anderen Orten in Radebeul: die Radebeuler Maschinenfabrik August Koebig und später die VEB Zerkleinerungsmaschinen „ZERMA“. Beide Unternehmen hatten unterschiedliche Schwerpunkte, trugen aber gleichermaßen zur industriellen Identität der Stadt bei.

Übersicht

Die Ära der Papier- und Druckmaschinen: August Koebig und VEB RAMASCH

Die Wurzeln der Maschinenfertigung an diesem Standort reichen bis ins Jahr 1890 zurück, als August Ferdinand Koebig in Dresden die „Fabrik zur Herstellung von Papierverarbeitungsmaschinen“ gründete. Schon wenige Jahre später, im Jahr 1894, erfolgte der Umzug nach Radebeul auf das Industriegebiet an der Meißner Straße 17. Mit 16 Mitarbeitern begann hier die Produktion, die sich schnell erweiterte und diversifizierte.

Die Radebeuler Maschinenfabrik August Koebig konzentrierte sich auf die Fertigung von Maschinen für die Papierverarbeitungsmaschinen und -veredelung. Dies umfasste eine breite Palette an Anlagen, die in der Druck- und Verpackungsindustrie sowie in anderen Bereichen der Papierwirtschaft zum Einsatz kamen. Neben den reinen Papiermaschinen wurden auch Anilin- und Tiefdruckmaschinen hergestellt. Diese Druckverfahren waren für bestimmte Anwendungen in der Massenproduktion und bei speziellen Druckprodukten von großer Bedeutung.

Die Spezialisierung ging jedoch noch weiter. Das Unternehmen fertigte auch Anlagen für angrenzende Industrien, darunter Spezialanlagen für die Film-, Gummiindustrie und Textilveredlung. Darüber hinaus wurden Belichtungsmaschinen und Entwicklungsanlagen für die Fotoindustrie produziert, was die Vielseitigkeit und technische Breite der Fertigung in Radebeul unter Beweis stellte. Ein weiteres ungewöhnliches Produkt waren Maschinen zur Herstellung von Puderpapier.

Bis 1939 war das Unternehmen stark gewachsen und beschäftigte 290 Mitarbeiter. Der Zweite Weltkrieg brachte jedoch erhebliche Einschnitte. Nach dem Krieg wurde die Fabrik demontiert, aber bald darauf als VEB RAMASCH wieder ins Leben gerufen. Anfang der 1960er Jahre, im Jahr 1961, zog der Betrieb in ein neues Fabrikgebäude in der Friedrich-List-Straße 2 um. Hier lag der Fokus weiterhin auf dem Maschinenbau für die Papierindustrie, insbesondere auf Maschinen für die Papierveredelung und Lackierung.

Die Geschichte von RAMASCH als eigenständigem Betrieb endete in den späten 1960er Jahren. 1967 oder 1968 wurde VEB RAMASCH in das größere Druckmaschinenwerk Planeta integriert, das heute Teil von Koenig & Bauer ist. Damit ging eine Ära der spezialisierten Papier- und Druckmaschinenfertigung am ursprünglichen Radebeuler Standort zu Ende, auch wenn die Produktion unter neuem Dach fortgeführt wurde.

Zerkleinerungstechnik für die Kunststoffindustrie: VEB ZERMA

Nach dem Wegzug von RAMASCH erhielt der historische Standort an der Meißner Straße 17 eine neue Bestimmung. Hier zog ein anderes wichtiges Industrieunternehmen ein, das ebenfalls auf hochspezialisierten Maschinenbau setzte: die VEB Zerkleinerungsmaschinen „ZERMA“. Dieses Unternehmen hatte seine Wurzeln in der E. Günzel KG (Güma), die 1941 oder 1943 gegründet worden war.

In der DDR war die E. Günzel KG zunächst gezwungen, eine staatliche Beteiligung aufzunehmen, bevor sie im April 1972 vollständig verstaatlicht und in den VEB Zerkleinerungsmaschinen „ZERMA“ umgewandelt wurde. Nach der Umfirmierung verlegte der Betrieb seinen Sitz von der Sidonienstraße in die ehemaligen RAMASCH-Werksgebäude an der Meißner Straße 17.

VEB ZERMA nahm eine einzigartige Position in der DDR-Wirtschaft ein. Das Unternehmen war das einzige in der DDR, das Zerkleinerungsmaschinen für die Plaste-Industrie baute. Diese Maschinen waren essenziell für die Herstellung von Kunststoffgranulaten, einem wichtigen Schritt im Kunststoff-Recycling und der Aufbereitung von Kunststoffabfällen für die Wiederverwendung. In den 1980er Jahren beschäftigte ZERMA an diesem Standort rund 120 Mitarbeiter.

Mit der deutschen Wiedervereinigung begann für VEB ZERMA eine neue Phase. 1990 wurde der Betrieb in eine GmbH umgewandelt. Trotz der Spezialisierung und der Bedeutung der Produkte konnte sich das Unternehmen im neuen Marktumfeld nicht dauerhaft behaupten und ging 1994 in die Insolvenz.

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Teile des insolventen Unternehmens wurden von der 1994 in Baden-Württemberg neu gegründeten AMIS Maschinen-Vertriebs GmbH übernommen. Der heutige Vertriebssitz ZERMA Europe in Zuzenhausen führt die Tradition fort und beruft sich auf über 50 Jahre Produkterfahrung im Bereich der Zerkleinerungstechnik. Der Produktionsstandort in Radebeul wurde jedoch Ende 1995 geschlossen. Die Marke ZERMA lebt heute global weiter, insbesondere durch die ZERMA Machinery & Recycling Technology Co., Ltd., die 1999 in Shanghai neu gegründet wurde und heute ein weltweit führender Hersteller von Kunststoffzerkleinerungs-Schneidmühlen ist.

Der historische Standort: Meißner Straße 17

Nicht nur die Produkte, sondern auch die Gebäude an der Meißner Straße 17 erzählen Geschichte. Die Bauerlaubnis für den zweigeschossigen, rechten Kopfbau, der als Wohn- und Kontorgebäude diente, wurde bereits im Oktober 1895 erteilt. Dieses Gebäude zeichnet sich zur Straße hin durch einen Mittelrisalit aus, der von einem Giebel überhöht wird, um das flache Walmdach zu verdecken.

Die dahinter liegenden, flachen Produktionshallen mit zwei Geschossen wurden im Jahr 1900 erbaut. 1910 kam links an der Straße ein weiterer Baukörper hinzu, errichtet vom Baugeschäft F. W. Eisold, ausgestattet mit einem Mansarddach und einem Zwerchhaus. Die Putzbauten an der Meißner Straße stehen auf Bruchsteinsockeln und weisen Fensterrahmungen aus Sandstein auf. Die Überfangbögen der Fenster und die Lisenen sind kunstvoll in Ziegelsteinen gemauert, was den Gebäuden ein charakteristisches Aussehen verlieh.

Nach der Schließung des ZERMA-Betriebs Ende 1995 standen die unter Denkmalschutz stehenden zwei rückwärtigen Werkhallen sowie der Fabrikschornstein lange Zeit leer. Bis Ende der 2010er Jahre befanden sie sich in einem ruinösen Zustand. Im Jahr 2019 wurden die hinten im Grundstück gelegenen Hallen gesichert und zu Räumen für einen ortsansässigen Familienbetrieb umgebaut, was eine neue Nutzung für Teile des historischen Industrieareals bedeutete. Der aus zwei Baukörpern bestehende, ebenfalls denkmalgeschützte Wohn- und Verwaltungsbau an der Meißner Straße, der zweigeschossige Kopfbau mit seiner zeittypischen Putzfassade und Ziegelgliederungen, war nach einem Brand abgängig, was bedeutet, dass er zumindest teilweise nicht mehr erhalten oder stark beschädigt war.

Die Bemühungen eines im Oktober 1995 gegründeten Vereins namens ZERR-MA-MIT, die Werkshallen zu einem Kulturzentrum umzugestalten, blieben leider erfolglos.

Häufig gestellte Fragen zur Produktion in Radebeul

Welche Hauptprodukte wurden am Standort Meißner Straße 17 in Radebeul gefertigt?

An der Meißner Straße 17 wurden von der Radebeuler Maschinenfabrik August Koebig eine Vielzahl von Maschinen hergestellt, darunter solche für die Papierverarbeitung und -veredelung, Anilin- und Tiefdruckmaschinen, Spezialanlagen für die Film-, Gummi- und Textilindustrie sowie Belichtungs- und Entwicklungsanlagen für die Fotoindustrie. Später, als VEB ZERMA, wurden an diesem Standort Zerkleinerungsmaschinen speziell für die Kunststoffindustrie zur Herstellung von Kunststoffgranulaten gefertigt.

Welche Unternehmen waren historisch an der Meißner Straße 17 ansässig und produzierten dort?

Ursprünglich war die Radebeuler Maschinenfabrik August Koebig an diesem Standort tätig. Nach deren Umzug und Umwandlung in VEB RAMASCH zog später der VEB Zerkleinerungsmaschinen „ZERMA“ in die Gebäude ein und produzierte dort bis zur Insolvenz 1994 und Schließung 1995.

Was war die Besonderheit der ZERMA Produktion in Radebeul in der DDR-Zeit?

VEB ZERMA war das einzige Unternehmen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), das Zerkleinerungsmaschinen für die Plaste-Industrie herstellte, die zur Gewinnung von Kunststoffgranulaten benötigt wurden. Dies machte ZERMA zu einem wichtigen und spezialisierten Betrieb innerhalb der DDR-Wirtschaft.

Was geschah mit den Gebäuden und Unternehmen nach der Schließung des Radebeuler Standortes?

Der Betrieb VEB RAMASCH wurde bereits Ende der 1960er Jahre in das Druckmaschinenwerk Planeta integriert. VEB ZERMA ging nach der Wende insolvent. Teile des Geschäfts wurden von anderen Unternehmen übernommen, und die Marke ZERMA wird heute weltweit von einem Unternehmen mit Sitz in Shanghai fortgeführt. Die historischen Fabrikgebäude an der Meißner Straße 17 standen lange leer und waren teilweise ruinös. Die rückwärtigen Hallen wurden inzwischen saniert und werden von einem Familienbetrieb genutzt, während der vordere, denkmalgeschützte Bau nach einem Brand stark beschädigt ist.

Zusammenfassung der industriellen Vielfalt

Die Produktionsgeschichte Radebeuls, insbesondere am Standort Meißner Straße 17, zeigt eine bemerkenswerte Bandbreite an spezialisiertem Maschinenbau. Von komplexen Anlagen für die Papier- und Druckindustrie über Spezialmaschinen für Film, Gummi und Textilien bis hin zu einzigartigen Zerkleinerungsmaschinen für die Kunststoffindustrie – in Radebeul wurden Produkte gefertigt, die in vielfältigen Industriebereichen zum Einsatz kamen. Obwohl die ursprünglichen Unternehmen an diesem Standort nicht mehr existieren oder integriert wurden, zeugen die historischen Gebäude von einer wichtigen Periode der sächsischen Industriegeschichte und der hier geleisteten Ingenieursarbeit.

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