Wie alt ist Willich?

Willich: Junge Stadt mit alten Wurzeln

22/10/2019

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Die Frage „Wie alt ist Willich?“ mag auf den ersten Blick einfach erscheinen, doch die Antwort ist vielschichtig. Sie hängt davon ab, ob man das Alter der heutigen Stadt Willich meint, die als Einheit existiert, oder das Alter der Siedlungen, aus denen sie hervorgegangen ist. Die Stadt Willich in ihrer aktuellen Form ist tatsächlich noch recht jung, während ihre Wurzeln tief in der Geschichte des Niederrheins verankert sind.

Wie alt ist Willich?
Willich wurde 1137 erstmals als „Wylike“ erwähnt, eine erste Kirche wurde jedoch wahrscheinlich bereits um das Jahr 800 gebaut. Anrath tauchte bereits 1010 in Urkunden auf, die Geschichte Neersens und Schiefbahns lässt sich bis 1262 bzw. 1420 zurückverfolgen.

Die heutige Stadt Willich entstand im Rahmen der kommunalen Neugliederung in Nordrhein-Westfalen. Mit dem Inkrafttreten des „Gesetzes zur Neugliederung des Kreises Kempen-Krefeld und der kreisfreien Stadt Viersen“ wurden am 1. Januar 1970 vier ehemals selbstständige Gemeinden – Willich, Anrath, Schiefbahn und Neersen – zu einer neuen Stadt zusammengeschlossen. Nach Diskussionen über verschiedene Namen entschied man sich schließlich für den Namen der damals größten Gemeinde, Willich. Die Stadtgründung 1970 markiert somit die Geburt der politischen und administrativen Einheit, die wir heute als Stadt Willich kennen.

Übersicht

Die Jahrhundertealte Geschichte der Ortsteile

Die Geschichte der einzelnen Ortsteile, die sich 1970 zur Stadt Willich vereinten, reicht jedoch bedeutend weiter zurück. Jede dieser Gemeinden hatte ihre eigene, oft jahrhundertealte Entwicklung und Identität:

  • Willich: Die erste urkundliche Erwähnung des Namens „Wylike“ stammt aus dem Jahr 1137. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass eine erste Kirche in Willich bereits um das Jahr 800 herum gebaut wurde, was auf eine frühere Besiedlung hindeutet.
  • Anrath: Dieser Ortsteil tauchte bereits im Jahr 1010 in schriftlichen Dokumenten auf. Anrath erhielt 1414 das Marktrecht von König Sigismund, was die Befestigung des Fleckens erlaubte.
  • Neersen: Die Geschichte von Neersen lässt sich bis ins Jahr 1262 zurückverfolgen. Neersen bildete bis 1794 eine eigene Herrlichkeit.
  • Schiefbahn: Schiefbahn wird erstmals im Jahr 1420 erwähnt. Im Jahr 1590 wurde auch Schiefbahn zum Flecken erhoben und durfte befestigt werden.

Weitere kleinere Siedlungen im Stadtgebiet wie Unterbroich (heute ein Ortsteil Schiefbahns) wurden ebenfalls schon um 1300 genannt. Die Vogtei Willich wurde 1245 erwähnt, und die Geschichte des Adelssitzes Haus Hülsdonk reicht bis 1272 zurück.

Die Region war über lange Zeit Teil verschiedener Herrschaftsgebiete. Willich wurde 1298 an das Herzogtum Kleve verkauft und fiel 1392 an das Kurfürstentum Köln, zu dem die anderen drei späteren Stadtteile bereits gehörten. Diese kurkölnische Zeit endete mit der Besetzung des linken Niederrheins durch die Franzosen von 1794 bis 1815. Unter französischer Verwaltung wurden Mairien gebildet, die den Grundstein für die späteren preußischen Bürgermeistereien legten.

Nach dem Übergang an Preußen im Jahr 1815 wurden die Bürgermeistereien Willich, Neersen, Schiefbahn und Kleinkempen (später Anrath) verschiedenen Kreisen zugeordnet, bevor sie bei der kommunalen Neugliederung 1929 dem neu gegründeten Landkreis Kempen-Krefeld zugeschlagen wurden. Diese lange und teils getrennte Geschichte prägte die Identität der einzelnen Gemeinden, bevor sie 1970 zur Stadt Willich zusammenwuchsen.

Entwicklung und Leben in der jungen Stadt Willich

Seit der Stadtgründung 1970 hat sich Willich kontinuierlich weiterentwickelt. Die Stadt erlebte insbesondere ab Mitte der 1980er Jahre ein deutliches Bevölkerungswachstum, bedingt durch die Entwicklung des Gewerbegebiets Münchheide und Zuzüge aus den umliegenden Großstädten (Stadtflucht). Das Neubaugebiet Wekeln trug ab 1994 maßgeblich zum Anstieg der Einwohnerzahlen bei, insbesondere im Stadtteil Willich.

Die Infrastruktur der Stadt ist stark auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet. Willich und Schiefbahn sind von einem Autobahnring (A44, A52, A57) umschlossen, was die Stadt gut an das regionale und überregionale Straßennetz anbindet. Es gibt fünf Autobahnanschlussstellen im Stadtgebiet. Der öffentliche Nahverkehr ist im Vergleich dazu weniger stark ausgebaut. Von den ehemals fünf Bahnhöfen ist heute nur noch der Haltepunkt Anrath in Betrieb. Buslinien verbinden die Stadtteile untereinander und mit einigen Nachbarstädten, doch Direktverbindungen in alle umliegenden Großstädte sind begrenzt. Pläne für eine Wiedereinführung der Straßenbahn oder eine Verlängerung der Regiobahn sind bislang nicht umgesetzt worden.

Wirtschaftlich hat sich Willich von einer landwirtschaftlich geprägten Region zu einem bedeutenden Standort für Dienstleistungen und produzierendes Gewerbe entwickelt. Das Gewerbegebiet Münchheide, das durch seine verkehrsgünstige Lage entstand, ist heute eines der größeren in der Region und zieht internationale Unternehmen an. Auch der Gewerbepark Stahlwerk Becker, auf dem Gelände des ehemaligen Stahlwerks, bietet mittelständischen Unternehmen Raum. Die Justizvollzugsanstalt in Anrath war historisch ein wichtiger Arbeitgeber.

Was bedeutet erren?
Definitionen (Sinne und Untersinne) 1. (a) Umherwandern, umherstreifen ; (b) von einem direkten, festgelegten oder richtigen Kurs abweichen; in die Irre gehen; irrende Sterne, wandernde Sterne, Planeten.

Im Bereich Bildung verfügt die Stadt über alle Schulformen, von Grundschulen in allen vier Stadtteilen bis zu mehreren weiterführenden Schulen, darunter zwei Gesamtschulen, zwei Gymnasien und eine Förderschule. Die medizinische Versorgung wird seit der Schließung des letzten Krankenhauses im Jahr 2014 durch umliegende Kliniken sichergestellt.

Kultur und Freizeit in Willich

Trotz ihrer relativ jungen administrativen Einheit hat Willich ein reiches kulturelles Erbe und ein aktives Gemeindeleben, das stark von den Traditionen der einzelnen Ortsteile geprägt ist. Das Schloss Neersen ist dabei ein zentraler Anziehungspunkt. Es dient nicht nur als Rathaus, sondern ist vor allem als Spielstätte der jährlichen Schlossfestspiele überregional bekannt. Willich bezeichnet sich daher auch als Festspielstadt.

Weitere Sehenswürdigkeiten und kulturelle Angebote umfassen historische Kirchen wie die Kapelle Klein-Jerusalem (ältestes Kirchengebäude der Stadt von 1660) und die Ende des 19. Jahrhunderts erbauten Pfarrkirchen in Willich, Anrath und Schiefbahn. Das Anrather Gefängnismuseum im alten Direktorenhaus der JVA bietet Einblicke in die Geschichte des Strafvollzugs. Im Gewerbepark Stahlwerk Becker ist ein Nutzfahrzeugmuseum untergebracht.

Regelmäßige Veranstaltungen wie die Schützenfeste (darunter das zweitgrößte am linken Niederrhein in Willich), die Karnevalsumzüge (besonders der Anrather Tulpensonntagszug) und das zweimal jährlich stattfindende Stadtfest beleben das Stadtleben. Die Stadt verfügt über ein gut ausgebautes Bibliothekssystem mit der Stadtbibliothek im Brauhaus und mehreren kirchlichen Büchereien, die alle mit einem einheitlichen Ausweis kostenlos genutzt werden können.

Auch der Sport spielt eine wichtige Rolle, mit einer Vielzahl von Vereinen, die unterschiedliche Disziplinen anbieten. Vom größten Verein DJK VfL Willich bis zu spezialisierten Clubs im Radsport, Boßeln oder Polo ist das Angebot breit gefächert. Der Gewinn der Weltmeisterschaft im Springreiten durch den Willicher Norbert Koof im Jahr 1982 ist ein herausragender sportlicher Erfolg.

Was bedeutet der Name Willich?

Die Herkunft des Namens „Willich“ ist nicht eindeutig geklärt, und es gibt verschiedene Theorien dazu:

  • Eine Hauptthese leitet den Namen von den lateinischen Begriffen villa („Landgut, Hof“) und vilici („Hofbewohner“) ab. Dies erscheint plausibel, da die frühe Besiedlung der Region aus einzelnen Höfen bestand.
  • Eine andere Möglichkeit ist, dass sich villa auf einen spezifischen Hof bezieht, nämlich den Fron- oder Domhof, der seit etwa 800 am Grunewall existierte.
  • Eine weitere Theorie führt den Namen auf das vorgermanische Wort wil („Sumpfwasser“) zurück. Auch dieser Ansatz ist denkbar, da der Niederrhein historisch sehr sumpfig war und nur erhöhte Gebiete (Donken) eine Besiedlung ermöglichten.

Alle Theorien betonen den ländlichen Charakter und die geografischen Gegebenheiten der frühen Siedlung.

Fragen und Antworten zur Stadt Willich

Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Stadt Willich:

  • Wann wurde die Stadt Willich in ihrer heutigen Form gegründet?
    Die Stadt Willich entstand am 1. Januar 1970 durch den Zusammenschluss der Gemeinden Willich, Anrath, Schiefbahn und Neersen.
  • Wie alt sind die ältesten Siedlungen im heutigen Stadtgebiet von Willich?
    Der Name Willich wird erstmals 1137 urkundlich erwähnt, aber eine Kirche gab es dort wohl schon um 800. Anrath wird 1010 genannt, Neersen 1262 und Schiefbahn 1420.
  • Aus welchen Ortsteilen besteht die Stadt Willich?
    Die Stadt Willich besteht aus den vier Ortsteilen Willich, Anrath, Schiefbahn und Neersen.
  • Was ist das Besondere am Schloss Neersen?
    Das Schloss Neersen dient als Rathaus und ist vor allem für die jährlichen Schlossfestspiele bekannt, die dort auf einer Freilichtbühne stattfinden.
  • Gibt es ein Krankenhaus in Willich?
    Nein, das letzte Krankenhaus in Willich wurde 2014 geschlossen. Die medizinische Grundversorgung wird über umliegende Kliniken, zum Beispiel in Viersen, sichergestellt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Frage nach dem Alter von Willich eine Geschichte von Kontinuität und Wandel erzählt. Während die Stadt Willich als administrative Einheit erst seit 1970 besteht, blickt das Land, auf dem sie liegt, und blicken die Siedlungen, aus denen sie hervorgegangen ist, auf eine teilweise über 1200 Jahre alte Geschichte zurück. Diese Dualität prägt den Charakter der Stadt am Niederrhein, die Tradition und moderne Entwicklung vereint.

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