Wieso ist Monheim so reich?

Monheim: Entwicklung, Finanzen & Zukunft

28/03/2020

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Monheim am Rhein hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht, geprägt von weitreichenden städtebaulichen Projekten und einer viel diskutierten Finanzpolitik. Während das Stadtbild durch Neuerungen im Zentrum verändert wird, werfen gleichzeitig hohe Schulden und steigende Steuern Fragen zur Zukunftsfähigkeit auf.

Woher hat Monheim so viel Geld?
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Der Hebesatz regelt die Höhe der Steuer, die Unternehmen auf ihren Gewinn zahlen. Der deutsche Durchschnittssatz beträgt 435 Prozent. In Monheim liegt er bei 250 Prozent.
Übersicht

Monheim Mitte: Ein neues Gesicht für das Zentrum

Das Herz von Monheim am Rhein, bekannt als Monheim Mitte, hat sich in jüngster Zeit stark gewandelt. Ein zentrales Element dieser Transformation ist das Monheimer Tor. In nur zwei Jahren wurde dieses Gebäude umfassend aufgestockt, umgebaut und durch drei neue Stadthäuser sowie einen verbesserten Zugang zum Berliner Viertel ergänzt. Die Wiedereröffnung wurde bereits gefeiert, doch die Arbeiten sind noch nicht vollständig abgeschlossen, insbesondere im Außenbereich, wo neue Stadtplätze zum Verweilen einladen sollen.

Mit dem zweiten großen Bauabschnitt wurden die drei Stadthäuser realisiert, die nun zusammen mit dem neugestalteten Rathauscenter ein harmonisches Ensemble in der neuen Innenstadt bilden. Das Monheimer Tor selbst ist auf fünf Geschosse angewachsen und beherbergt einen vielfältigen Mix aus Angeboten. Hier finden sich Geschäfte für die Nahversorgung, Shoppingmöglichkeiten und Freizeitangebote. Diese Erweiterung soll das Angebot in der Monheimer Innenstadt weiter komplettieren und die Bereiche Einkaufen, Freizeit, Kultur, Arbeiten und Wohnen auf moderne Weise miteinander verbinden.

Vielfalt im Monheimer Tor

Das erste Stadthaus in der Nähe des Busbahnhofs zeichnet sich durch hohe Schaufenster aus und ergänzt den südlichen Anbau des Rathauscenters. Auf rund 10.000 Quadratmetern Fläche haben sich etablierte Geschäfte wieder angesiedelt oder vergrößert. Dazu gehören der Edeka-Frischemarkt Gusek mit einer erweiterten Verkaufsfläche, die Bäckerei Büsch mit einem neuen Café-Bereich, sowie Filialen von Deichmann, dm, Takko Fashion, Woolworth und Apollo-Optik. Neue Shoppingmöglichkeiten bieten nun auch Bijou Brigitte und Blumenzauber. Besonders hervorzuheben ist die Eröffnung einer großen Filiale von Robert Ley Ende März, die auf 3000 Quadratmetern über zwei Etagen aktuelle Mode für Damen und Herren anbietet. Marken, für die Monheimer zuvor in Nachbarstädte reisen mussten, sind somit nun direkt vor Ort verfügbar.

Auch das gastronomische Angebot wurde erweitert. Das Café Blackbird sowie Lotus Bubble Tea & Donuts versorgen Besucher mit Kaffee, Getränken und Speisen. Ein Highlight ist das topmoderne Multiplexkino „Emotion“ mit sechs Sälen, das sogar früher als geplant eröffnet hat. Es soll dazu beitragen, die Innenstadt auch in den Abendstunden zu beleben.

Hotel und Parken

Das zweite Stadthaus wird ein Hotel der Marke Holiday Inn Express & Suites beherbergen, dessen Eröffnung voraussichtlich im Frühjahr 2025 geplant ist. Dieses Gebäude am neuen Kreisverkehr, der die Opladener Straße, den Berliner Ring und den Ingeborg-Friebe-Platz verbindet, soll mit seiner Fassade einen markanten Eingang zur Innenstadt bilden.

Das dritte Stadthaus am Berliner Ring dient als Parkhaus. Die Parkebene wurde aufgestockt und die Handelsfläche wurde zu einem neuen Eingangsbereich erweitert, der das Gebäude nun auch zum Berliner Viertel hin öffnet. Dies schafft gleichzeitig einen Durchgang zum Busbahnhof und zur Innenstadt. Im Zuge der Umgestaltung wurden auch die Verkehrsflächen entlang des Berliner Rings, im sogenannten Verflechtungsband, neu geordnet. Die Straße wurde verlegt und in Höhe des Monheimer Tors durch eine breite Mittelinsel geteilt. Diese ermöglicht Fußgängern und Radfahrern nun ein komfortables Queren.

Wann wird Monheim Mitte fertig?
Neues Rathauscenter in Monheim Mitte Dieses Projekt ist bereits abgeschlossen. Monheim Mitte wurde im September 2022 eröffnet.

Die zentrale Zufahrt zur Innenstadt erfolgt künftig über das Parkhaus vom Berliner Ring aus. Von dort sind die verbundenen Tiefgaragen des Rathauscenters, das Parkhaus selbst sowie das Parkdeck auf dem Monheimer Tor erreichbar. Nachhaltigkeitsaspekte wurden ebenfalls berücksichtigt: Das Parkdeck wird bepflanzt, und die Dachflächen des Monheimer Tors, des Rathauscenters sowie der Parkzufahrt werden begrünt. Auf dem Dach des neuen Parkhauses ist zudem die Installation einer Photovoltaikanlage vorgesehen.

Die neuen Stadtplätze

Nach der Wiedereröffnung des Monheimer Tors konzentrierten sich die Arbeiten auf die Gestaltung der Außenanlagen. Sechs Monate später haben sich die Bereiche vor den beiden Eingängen am Busbahnhof und am Berliner Ring in ansprechende Stadtplätze verwandelt. Eine wesentliche Änderung ist, dass vor dem Monheimer Tor keine Autos mehr kreuzen, da die frühere Tiefgarageneinfahrt verlegt wurde. Stattdessen lädt hier nun der Ingeborg-Friebe-Platz mit einer großen Freifläche zum Verweilen ein. An zwei großen, eingefassten Pflanzbereichen werden noch Sitzauflagen aus Holz installiert. In der Mitte dieser Pflanzbereiche wachsen Blumeneschen, die als „Klimabäume“ auch mit Trockenheit gut zurechtkommen und deren Blüte an eine Blumenwiese erinnert.

Der gesamte Bereich zwischen Boulevard und Busbahnhof sowie vor dem Eingang des Monheimer Tors wurde neu gepflastert, und die Tony-Cragg-Säulen haben ihre finale Position erhalten. Auf der anderen Seite, vor dem Eingang am Berliner Ring, sind vier weitere Pflanzbereiche mit Sitzauflagen aus Holz geplant, wobei die Arbeiten hierfür noch andauern. Auch die Hotelvorfahrt am Kreisverkehr muss noch fertiggestellt werden.

Die Umbauarbeiten am Monheimer Tor begannen im Oktober 2022. Für eine zügige Modernisierung war das Monheimer Tor seit April 2023 geschlossen. Die Neuordnung der Verkehrsflächen wurde bereits Mitte 2023 abgeschlossen. Neben Bürgeranhörungen gab es zu den Projekten, sowohl zum Verflechtungsband als auch zum Umbau des Monheimer Tors, Befragungen auf der städtischen Mitdenken-Plattform.

Finanzielle Realität: Vom Vorbild zur Schuldenhochburg

Parallel zu diesen städtebaulichen Entwicklungen steht Monheim am Rhein vor gravierenden finanziellen Herausforderungen. Einst galt die Stadt als positives Beispiel für eine mutige Steuerpolitik, doch die aktuelle Situation ist besorgniserregend. Ende 2024 wird Monheim voraussichtlich zur Schuldenhochburg Deutschlands. Über eine Milliarde Euro Schulden lasten auf den rund 43.500 Einwohnern, was die höchste Pro-Kopf-Verschuldung in Nordrhein-Westfalen bedeutet. Als Hauptursache wird ein „ausufernder Investitionswahn ohne nachhaltige Finanzierung“ genannt.

Der Aufstieg und Fall der Gewerbesteuerpolitik

Die Geschichte der Monheimer Finanzen ist eng mit der Gewerbesteuer verbunden. Ab 2012 entschied der Stadtrat, den Hebesatz deutlich zu senken. Dieser mutige Schritt zahlte sich zunächst aus: Die Stadt wurde für Unternehmen erheblich attraktiver und zog viele Ansiedlungen an. Im selben Jahr verdreifachten sich die Gewerbesteuereinnahmen, und die Verschuldung konnte erheblich reduziert werden. Im Juni 2013 feierte die Stadt diesen Erfolg sogar mit der Herausgabe einer Sondermünze zur Schuldenfreiheit, obwohl nicht alle Schulden getilgt waren. Monheim erlangte bundesweite Bekanntheit für diesen Ansatz. Seit 2018 liegt der Gewerbesteuerhebesatz bei 250 Prozent.

Wie hoch ist der Ausländeranteil in Monheim?
Einwohner (N.)43.050Frauen (%)51,9Ausländer (%)13,9Durchschnittsalter (Jahre)42,8Durchschnittliche jährliche Abweichung in % (2017/2022)+1,18

Doch mit der gestiegenen Liquidität wuchsen offenbar auch die Ansprüche und Begehrlichkeiten, insbesondere der im Rat dominanten Partei PETO mit ihrem Bürgermeister. Die anfängliche Erfolgsgeschichte kippte zunehmend ins Gegenteil.

Ambitionierte Investitionen und wachsende Schulden

Monheim begann, massiv in eine Vielzahl von Projekten zu investieren. Dies reichte von Schulen über Kunst und Immobilien bis hin zu monumentalen Bauvorhaben wie der Kulturraffinerie K 714, die als Europas größte Sporthalle bezeichnet wird, einer olympiafähigen Skateranlage und sogar einer Marina. Diese Großprojekte, zusammen mit Preissteigerungen, belasten den städtischen Haushalt erheblich. Kritiker monieren, dass die Wirtschaftlichkeit dieser Vorhaben nie glaubhaft belegt wurde. Der Bund der Steuerzahler NRW, Bürger und Experten kritisieren die Intransparenz der Stadt bei der Offenlegung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Manche bezweifeln sogar, dass solche Berechnungen überhaupt existieren.

Die Folgen dieser Investitionspolitik sind drastisch. Wie bereits erwähnt, wird die Stadt Ende 2024 voraussichtlich über eine Milliarde Euro Schulden angehäuft haben. Die Prognosen sind noch düsterer: Bis 2028 sollen die Schulden auf voraussichtlich 2,2 Milliarden Euro anwachsen. Um diese enorme Finanzlast auch nur ansatzweise schultern zu können, wurden drastische Maßnahmen ergriffen.

Steigende Abgaben für Bürger und Unternehmen

Eine der spürbarsten Konsequenzen für die Einwohner ist die massive Erhöhung der Grundsteuer. Diese wurde von 250 Prozent auf 1.000 Prozent im Jahr 2025 angehoben. Grundstückseigentümer sehen sich zusätzlich mit einer Grundsteuer C konfrontiert, deren Hebesatz bei 10.000 Prozent liegt. Dies stellt eine enorme Belastung dar und hat zu großem Unmut geführt.

Gleichzeitig brechen die Gewerbesteuereinnahmen ein. Von 304 Millionen Euro im Jahr 2020 werden für 2024 nur noch 120 Millionen Euro erwartet. Die einstige Erfolgsgeschichte der Gewerbesteuer ist somit ins Gegenteil gekippt. Die Hoffnung auf eine kräftige Erholung der Gewerbesteuer im Jahr 2029 wird von vielen als Zweckoptimismus betrachtet.

Die Kombination aus massiv steigenden Schulden und gleichzeitig sinkenden zentralen Einnahmen stellt die Stadt vor eine existenzielle Herausforderung.

Woher hat Monheim so viel Geld?
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Der Hebesatz regelt die Höhe der Steuer, die Unternehmen auf ihren Gewinn zahlen. Der deutsche Durchschnittssatz beträgt 435 Prozent. In Monheim liegt er bei 250 Prozent.

Kritik, Proteste und der Appell zur Notbremse

Die finanzielle Misere hat zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung geführt. Bürgerinitiativen, Vertreter von Haus & Grund, der Mieterverein und Experten wie der ehemalige Kämmerer Helmut Fiebig üben scharfe Kritik an der Politik des Stadtrats. Ein deutliches Zeichen der Besorgnis war die anfängliche Verweigerung der Genehmigung des Haushaltssicherungskonzepts 2024 durch den Landrat – eine klare Rüge für Bürgermeister und Kämmerin.

Angesichts der dramatischen Schuldensituation fordert der Bund der Steuerzahler NRW die Stadt auf, umgehend gegenzusteuern und die „Notbremse“ zu ziehen. Projekte, die gestoppt oder verschoben werden können, müssen demnach auf den Prüfstand und entsprechend behandelt werden. Als weitere Maßnahme zur finanziellen Entlastung wird der Verkauf nicht notwendiger Immobilien und Beteiligungen vorgeschlagen. Die Einnahmen aus solchen Verkäufen sollten nach Ansicht des Steuerzahlerbundes vollständig in die Schuldentilgung fließen.

Monheim am Rhein steht an einem Scheideweg. Ohne einen radikalen Kurswechsel drohen der Stadt und ihren Bürgern laut Kritikern noch höhere Schulden, weiter steigende Steuern und eine ungewisse Zukunft. Die Balance zwischen ambitionierter Stadtentwicklung und solider Finanzierung scheint verloren gegangen zu sein und muss dringend wiedergefunden werden, um die Zukunft der Stadt langfristig zu sichern.

Häufig gestellte Fragen

Wann wird Monheim Mitte fertig?

Das Monheimer Tor, ein zentraler Teil von Monheim Mitte, wurde nach umfangreichem Umbau und Erweiterung im Oktober wiedereröffnet. Die wesentlichen Baumaßnahmen am Gebäude sind abgeschlossen. Allerdings sind die Außenbereiche, wie die neuen Stadtplätze, noch in der Fertigstellung. Auch das Hotel im zweiten Stadthaus wird voraussichtlich erst im Frühjahr 2025 eröffnen, und Arbeiten an der Hotelvorfahrt sowie weiteren Pflanzbereichen laufen noch. Man kann sagen, dass die Hauptgebäude nutzbar sind, aber die vollständige Fertigstellung der gesamten Umgebung noch aussteht.

Woher hat Monheim so viel Geld bzw. Wieso ist Monheim so reich (gewesen)?

Monheims anfänglicher finanzieller Erfolg basierte maßgeblich auf einer mutigen Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes ab 2012. Dies machte die Stadt für Unternehmen sehr attraktiv und führte zu zahlreichen Neuansiedlungen. In der Folge verdreifachten sich die Gewerbesteuereinnahmen im selben Jahr, was zu einer deutlichen Reduzierung der Verschuldung führte und Monheim bundesweit bekannt machte. Dieser Zustand hoher Einnahmen ermöglichte zunächst umfangreiche Investitionen. Allerdings haben die Kosten für diese Investitionen und der gleichzeitige Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen die finanzielle Lage ins Gegenteil verkehrt, sodass die Stadt Ende 2024 eine sehr hohe Schuldenlast trägt und nicht mehr als "reich" im Sinne von hoher Liquidität gilt.

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