23/07/2023
Wenn die Tage kürzer werden und die erste Kerze am Adventskranz entzündet wird, schmücken festliche Lichter und Dekorationen unsere Häuser und Städte. Unter den vielen Symbolen der Weihnachtszeit nimmt ein ganz besonderer Stern einen Ehrenplatz ein: der Herrnhuter Stern. Oft aus Papier gefertigt, strahlt er eine unvergleichliche Wärme und Tradition aus. Doch wie heißt dieser Stern genau, woher kommt er und was macht ihn so besonders?
Die Wurzeln des Herrnhuter Sterns in Herrnhut
Der Name verrät bereits einen wichtigen Teil seiner Herkunft: Er ist benannt nach der Herrnhuter Brüdergemeine mit ihrem Stammsitz im sächsischen Herrnhut. Dieser Ort hat eine bewegte Geschichte, die eng mit Glaubensflüchtlingen aus Böhmen und Mähren verbunden ist, die hier im Jahr 1722 Zuflucht fanden. Fünf Jahre nach der Gründung des Ortes etablierten sie die Erneuerte Brüder-Unität, ein neues christliches Gemeinwesen. Diese Gemeinschaft war nicht nur für ihren Glauben, sondern auch für ihre Missionstätigkeit bekannt, die ihre Kinder oft in Internate fern der Heimat führte.

Es waren genau diese Internate, in denen die Geschichte des Herrnhuter Sterns ihren Anfang nahm. Nicht, wie man vielleicht vermuten würde, als reine Weihnachtsdekoration, sondern als Hilfsmittel zur Veranschaulichung. In den Knabenanstalten, beispielsweise in Niesky oder Kleinwelka, wurde der Stern erstmals gebastelt. Der älteste bekannte Stern schwebte im Jahr 1821 im Hof der Unitäts-Knabenanstalt in Niesky. Anlass war nicht etwa der erste Advent, sondern der fünfzigste Jahrestag der Anstalt, der vom 4. bis 6. Januar gefeiert wurde – also rund um das Dreikönigsfest. Dieser ursprüngliche Stern war imposant und soll 110 Zacken gehabt haben. Er symbolisierte den Stern von Bethlehem und passte perfekt in die schlichten, weißen Säle der Brüdergemeine, die im Gegensatz zu anderen Kirchen keine aufwendigen Weihnachtskrippen aufstellten.
Nach und nach wurde das Basteln des Sterns zur Tradition in den Internaten der Brüdergemeine, auch in Neuwied oder Königsfeld im Schwarzwald. Er wurde nun auch zum ersten Advent aufgehängt und läutete die festliche Jahreszeit ein. Die ersten Sterne trugen eine symbolträchtige Farbgebung: weiß und rot. Das Weiß stand für die Reinheit, während das Rot für das Blut Jesu Christi stand. Diese frühen Sterne waren noch komplexe Gebilde, die nicht einfach zu handhaben waren.
Vom Bastelobjekt zum Serienprodukt
Die entscheidende Wende in der Geschichte des Herrnhuter Sterns kam Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1897 entwickelte der Geschäftsmann Pieter Hendrik Verbeek ein revolutionäres Modell. Seine Innovation bestand darin, dass der Stern zerlegbar war. Dies machte ihn nicht nur einfacher zu lagern, sondern vor allem versandfähig – eine entscheidende Neuerung für die Verbreitung. Dieses erste Modell zur Serienfertigung bestand aus einem stabilen Papierstern mit 25 Zacken. Im Inneren befand sich ein Blechkörper mit Schienen, auf den die Zacken aufgeschoben werden konnten. Es gab 17 viereckige und acht dreieckige Zacken, die auf die entsprechenden Flächen des Grundkörpers passten. Eine offene Stelle diente dazu, den Stern von innen zu beleuchten, zunächst mit Petroleumlampen, später mit elektrischem Licht.
Verbeek erkannte das Potenzial seiner Erfindung und meldete sie zum Patent an: die „Herrnhuter transparenten Weihnachtssterne“. Er schloss einen Vertrag mit der Brüder-Unität und gründete eine Fabrik für Papierwaren und Kartonagen in Herrnhut. Hier begann die manufakturmäßige Herstellung und der Vertrieb der nun offiziell „Original Herrnhuter Sterne“ genannten Produkte. Anfangs standen zwei Größen und fünf Farben zur Auswahl: weiß, rot, gelb, grün oder blau. Die Version mit 25 Zacken erwies sich als besonders geeignet für die industrielle Fertigung und wurde ab den 1920er Jahren von der Sterngesellschaft mbH in Herrnhut produziert.
Pieter Hendrik Verbeek verbesserte die Konstruktion weiter. Ab 1925 ermöglichte eine neue Bauweise, dass die Zacken direkt miteinander verbunden werden konnten, was den Blechkörper überflüssig machte. Anstelle der Metallrahmen kamen nun Papprähmchen zum Einsatz, die den Transport noch weiter vereinfachten. Das Sortiment wurde ebenfalls erweitert, beispielsweise um einen roten Stern mit hellen Spitzen.
Der Stern in der DDR und heute
Während der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde der Betrieb in Herrnhut verstaatlicht und als VEB Oberlausitzer Stern- und Lampenschirmfabrik geführt. Die Produktion wurde ab 1956 unter staatlicher Aufsicht fortgesetzt. Interessanterweise passte die ursprünglich christliche Botschaft des Sterns laut Bettina Vaupel von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz „nicht recht ins staatliche Warenangebot“. Dennoch wurde produziert, und 1968 erfolgte eine Rückübertragung an die Brüder-Unität. Die Fertigung fand fortan in einem Betrieb statt, der eigentlich Elektroanlagenzubehör herstellte. Ein großer Teil der Produktion, nämlich 90 Prozent der in der DDR hergestellten Sterne, wurde für Devisen ins Ausland verkauft.

Nach der Wiedervereinigung wurde 1991 die Herrnhuter Sterne GmbH gegründet. Das Unternehmen führt die Tradition fort und hat die Produktion erheblich ausgeweitet. Mit permanenten und saisonalen Arbeitskräften sowie Unterstützung durch Behindertenwerkstätten in der Region wird ein breites Sortiment von über 60 verschiedenen Sternen und passendem Zubehör angeboten. Die Produktionszahlen sind beeindruckend gestiegen: von rund 125.000 Sternen pro Jahr Anfang der 2000er Jahre auf etwa 780.000 Stück im Jahr 2021. Im Jahr 2011 konnte die Herrnhuter Sterne GmbH sogar eine neue, moderne Manufaktur in Herrnhut einweihen.
Die Herstellung des Herrnhuter Sterns ist nach wie vor teilweise Handarbeit und wird auch in vielen Missionsorten der Herrnhuter Brüdergemeine weltweit fortgesetzt, beispielsweise in Südafrika oder Nicaragua. Im englischsprachigen Raum ist der Stern oft als „Moravian Star“ bekannt. Herrnhuter Sterne sind heute in unzähligen Kirchen zu finden, nicht nur in protestantischen. Viele dieser Sterne sind sehr alt und zeugen von der langen Tradition. Oft wurden und werden die Sterne von evangelischen Gemeinden gekauft, um die Brüdergemeine und ihre Missionsarbeit zu unterstützen.
Aussehen, Arten und Größen
Der Herrnhuter Stern hat eine charakteristische mathematische Form, die auf einem Rhombenkuboktaeder basiert. Dieser Grundkörper hat 26 Flächen, bestehend aus 18 Quadraten und acht gleichseitigen Dreiecken. An diesen Flächen werden die pyramiden- oder tetraederförmigen Zacken angebracht. Typischerweise hat der Stern 25 Zacken, da eine der quadratischen Flächen an der Oberseite für die Aufhängung und Beleuchtung freigelassen wird.
Die Sterne werden zerlegt geliefert und sind als Bastelset konzipiert. Die Packung enthält neben den dreieckigen und quadratischen Zacken in der Papierversion Montageklammern als Verbindungselemente und einen Aufhängesteg. Für die Kunststoffversion, die sich besonders für den Außenbereich eignet, gibt es spezielle Kunststoff-Verbinder und eine Abschlusskappe mit Lampenfassung.
Es gibt Herrnhuter Sterne aus zwei Hauptmaterialien: Papier für den Innenbereich und Kunststoff für den Außenbereich. Zusätzlich gibt es Lichterketten mit kleinen Kunststoffsternen.
Die Größenvielfalt ist groß:
- Papiersterne (Innenbereich): Durchmesser von 13 cm (oft als limitierte Jahresedition mit besonderer Farbgebung), 40 cm, 60 cm, 70 cm und 80 cm.
- Kunststoffsterne (auch Außenbereich): Durchmesser von 8 cm (Miniaturstern), 13 cm, 40 cm, 68 cm und 130 cm.
Für besondere Zwecke wie Kirchen oder öffentliche Gebäude werden auch Sonderanfertigungen in beeindruckenden Größen hergestellt, zum Beispiel mit einem Durchmesser von 1,90 Metern oder sogar sehr selten mit 2,50 Metern. Diese riesigen Sterne zieren bekannte Orte wie die Manufaktur in Herrnhut selbst, das Bundeskanzleramt in Berlin, den Berliner Dom oder die Festung Königstein.

Die Symbolik der Papiersterne
Über die spezifische Bedeutung des Herrnhuter Sterns als Symbol des Sterns von Bethlehem hinaus tragen Papiersterne allgemein eine reiche Symbolik. Insbesondere Origami-Sterne, wie sie in Japan entstanden sind, stehen für Glück, Liebe und Unterstützung. Das Falten von Papiersternen, bekannt als Origami, hat in den letzten Jahren durch soziale Medien und populäre Dramen wieder an Beliebtheit gewonnen.
In der japanischen Folklore gibt es eine Erzählung von einem kleinen Mädchen namens Hoshi, das begann, Papiersterne zu falten, um fallende Sterne am Himmel zu retten. Aus dieser Geschichte entstand die Bezeichnung „lucky stars“. Diese Sterne werden oft als Geschenk an geliebte Menschen überreicht und symbolisieren gute Wünsche und Zuneigung. Manchmal werden sogar kleine Wünsche auf das Papier geschrieben, bevor es gefaltet wird. Ein Glas voller Papiersterne gilt als Symbol für Liebe und soll dem Beschenkten Glück bringen.
Obwohl der Herrnhuter Stern eine andere historische und religiöse Herkunft hat als die Origami-Sterne, teilen sie die Idee, durch das Falten von Papier etwas Schönes und Bedeutungsvolles zu schaffen. Der Herrnhuter Stern verbindet die christliche Symbolik mit handwerklicher Tradition und dem Gedanken des Lichts in der Dunkelheit.
Markenschutz und Originalität
Der Begriff „Herrnhuter Stern“ und das Aussehen der Sterne sind markenrechtlich geschützt. Die Herrnhuter Sterne GmbH besitzt eine Unionsmarke, um die Einzigartigkeit ihrer Produkte zu sichern. Das Unternehmen geht aktiv gegen Nachahmer vor, die ähnliche oder identische Kopien auf den Markt bringen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015 (BGH, Urteil vom 2.12.2015 – I ZR 176/14 – Herrnhuter Stern) stärkt diese Position und ermöglicht es, auch nicht namentlich gekennzeichnete Kopien rechtlich zu verfolgen. Selbst Privatpersonen, die originale Herrnhuter Sterne in veränderter Form unter dem Originalnamen auf Verkaufsplattformen anbieten, wurden bereits abgemahnt. Dies zeigt, wie wichtig dem Unternehmen der Schutz der Marke und die Wahrung der Qualität und Tradition sind.
Häufig gestellte Fragen zum Herrnhuter Stern
Wie heißen die Weihnachtssterne aus Papier?
Der bekannteste und historisch bedeutsamste Typ dieser Sterne ist der Herrnhuter Stern. Es gibt aber auch andere Arten von Papiersternen, oft im Origami-Stil.
Woher stammt der Herrnhuter Stern?
Er stammt aus der Herrnhuter Brüdergemeine in Herrnhut, Sachsen, Deutschland. Seine Ursprünge liegen in den Internaten der Gemeinschaft im frühen 19. Jahrhundert.

Wann wurde der erste Herrnhuter Stern hergestellt?
Der erste bekannte Stern wurde um 1821 in einem Internat der Brüdergemeine in Niesky gebastelt.
Warum hat der Herrnhuter Stern 25 Zacken?
Die heutige Form mit 25 Zacken (17 viereckige und 8 dreieckige) basiert auf einer Konstruktion von Pieter Hendrik Verbeek aus dem Jahr 1897, die für die Serienfertigung und den Versand optimiert war. Sie leitet sich von einem mathematischen Körper, dem Rhombenkuboktaeder, ab.
Aus welchen Materialien werden Herrnhuter Sterne gefertigt?
Original Herrnhuter Sterne werden aus Papier für den Innenbereich und aus Kunststoff für den Außenbereich hergestellt.
Gibt es Herrnhuter Sterne in verschiedenen Größen?
Ja, es gibt eine große Auswahl an Größen, von Miniatursternen (8 cm) bis hin zu sehr großen Sonderanfertigungen (bis zu 2,50 Meter Durchmesser).
Was symbolisieren Papiersterne allgemein?
Papiersterne symbolisieren oft Glück, Liebe, Unterstützung und gute Wünsche. Der Herrnhuter Stern hat zusätzlich die spezifische Bedeutung des Sterns von Bethlehem.
Fazit
Der Herrnhuter Stern ist weit mehr als nur ein einfacher Papierstern. Er ist ein Stück lebendige Geschichte, ein Produkt handwerklicher Tradition und mathematischer Präzision sowie ein tiefes Symbol der Weihnachtszeit. Seine Reise von einem einfachen Bastelobjekt in einem Internat zu einem weltweit bekannten Markenzeichen spiegelt die Ausdauer und den Innovationsgeist der Herrnhuter Brüdergemeine und der nachfolgenden Manufakturen wider. Ob aus Papier oder Kunststoff, ob klein oder riesig – der Herrnhuter Stern bringt Licht, Hoffnung und eine besondere festliche Atmosphäre in die Advents- und Weihnachtszeit und erinnert an seine reiche Herkunft und Bedeutung.
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