07/06/2021
Pierre Cardin, geboren als Pietro Costante Cardin in Italien, war zweifellos eine der prägendsten Figuren der Modewelt des 20. Jahrhunderts. Seine Karriere begann bescheiden, doch sein Talent und seine Vision führten ihn an die Spitze. Die Frage, ob Pierre Cardin eine reine Luxusmarke war oder ist, ist komplex und eng mit seiner bemerkenswerten und oft kontroversen Geschäftsstrategie verbunden.

Die Anfänge einer Modeikone
Schon in jungen Jahren zeigte Pierre Cardin ein starkes Interesse an Modedesign. Mit nur 14 Jahren begann er eine Lehre als Schneider und sammelte wertvolle Erfahrungen, die ihm später zugutekamen. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich arbeitete er in verschiedenen Modehäusern, unter anderem auch bei Christian Dior. Obwohl er maßgeblich an der Gestaltung des ikonischen 'New Look' von Dior beteiligt war, entwickelte Cardin schnell seinen eigenen, unverwechselbaren Stil. Er brach mit traditionellen Formen und wagte sich an futuristische Designs, unisex-Mode und geometrische Silhouetten, die für die damalige Zeit revolutionär waren. Diese frühen Arbeiten begründeten seinen Ruf als avantgardistischer Designer.
Nach der Gründung seines eigenen Modehauses im Jahr 1950 feierte Cardin schnell Erfolge. Seine erste Kollektion und das sensationelle 'Circle Dress' erregten großes Aufsehen. Ein weiterer Popularitätsschub kam, als die legendären Beatles seine kragenlosen Anzüge zu ihrem Markenzeichen machten. Cardin war nicht nur im Bereich der Damenmode innovativ, sondern revolutionierte auch die Herrenmode. In den 1960er und frühen 1970er Jahren galt er als führender Designer für Männermode und führte taillierte, figurbetonte Anzüge wieder ein, die Männer dazu brachten, Designernamen mit ihrer Kleidung zu assoziieren.
Vom Laufsteg zum Weltreich: Die Expansion
Pierre Cardin war nicht nur ein kreativer Kopf, sondern auch ein visionärer Geschäftsmann. Er erkannte früh das Potenzial, seine Marke über die Haute Couture hinaus zu erweitern. In den 1960er Jahren expandierte er erfolgreich in angrenzende Produktkategorien wie Parfums und Kosmetik. Diese Erweiterung wurde als erfolgreich angesehen, da der bestehende Premium-Charakter der Marke gut auf diese neuen Bereiche übertragbar war.

Doch Cardin ging weit über die übliche Diversifizierung von Luxusmarken hinaus. Ab 1988 begann er, Lizenzen für sein Markenlogo in einem beispiellosen Ausmaß zu vergeben. Sein Name erschien auf einer schwindelerregenden Vielfalt von Produkten, die weit außerhalb des traditionellen Mode- und Luxussegments lagen – von Baseballkappen und Zigaretten bis hin zu Kugelschreibern und sogar Einrichtungsgegenständen.
Das Lizenzmodell und seine Auswirkungen
Das extensive Lizenzgeschäft war Pierre Cardins Masterplan, um ein globales Imperium zu schaffen. Er hatte zeitweise Hunderte von Lizenznehmern und Zehntausende von Mitarbeitern, die indirekt für seine Marke arbeiteten. Dieses Modell generierte enorme Einnahmen und machte Cardin zu einem der reichsten Designer seiner Zeit. Schätzungen zufolge verdiente er Mitte der 1980er Jahre über 10 Millionen US-Dollar pro Jahr allein durch Lizenzen.
Aus geschäftlicher Sicht war das Lizenzmodell ein Geniestreich, der es Cardin ermöglichte, finanziell unabhängig zu agieren und seine avantgardistischen Designs ohne Rücksicht auf kommerzielle Zwänge zu realisieren. Er konnte im wahrsten Sinne des Wortes von seiner Marke leben, da sein Name auf so vielen Produkten präsent war.

Allerdings hatte diese Strategie auch eine Kehrseite. Die schiere Masse und Vielfalt der lizenzierten Produkte, insbesondere jene, die nicht dem ursprünglichen Luxus-Image entsprachen, führten zu einer Verwässerung der Marke. Kritiker bemängelten, dass Cardin seinen Namen für praktisch alles verkaufte und fragten, ab welchem Punkt eine Marke ihre Identität verliert. Zitate wie "Pierre Cardin – er hat seinen Namen für Toilettenpapier verkauft" oder "Cardins Ansehen stürzte ab, als sein Name auf allem von Schlüsselanhängern bis Bleistifthaltern erschien" verdeutlichen, wie die unkontrollierte Lizenzvergabe die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Marke in den Augen vieler untergrub.
Während andere große Luxusmarken in den folgenden Jahrzehnten ihre Lizenzstrategien stark einschränkten, um die Kontrolle über ihre Markenidentität und ihr Markenwertgefühl zu wahren, behielt Pierre Cardin Hunderte von Lizenzen bei. Dies unterscheidet ihn maßgeblich von den heutigen traditionellen Luxushäusern, die Lizenzen meist nur noch für streng kontrollierte Kategorien wie Beauty oder Brillen vergeben.
Pierre Cardin heute
Obwohl Pierre Cardin 2020 im Alter von 98 Jahren verstarb, lebt die Marke Pierre Cardin SA weiter. Sie verwaltet immer noch Tausende von Geschäften in zahlreichen Ländern. Die Produkte, die unter dem Namen Pierre Cardin vertrieben werden, umfassen weiterhin eine breite Palette, die von Mode und Accessoires bis hin zu Gebrauchsgegenständen reicht.

Die Produktion einiger Pierre Cardin Produkte, wie im Text erwähnt, erfolgt beispielsweise bei der Ahlers Group in Herford, Deutschland. Dies unterstreicht den globalen Charakter und die vielfältigen Produktionswege der Marke.
Häufig gestellte Fragen
Ist Pierre Cardin eine Luxusmarke?
Pierre Cardin begann als renommiertes Haute-Couture-Haus und hatte ursprünglich einen klaren Luxusanspruch. Die spätere, sehr extensive Lizenzierung seines Namens für eine breite Palette von Produkten, die oft nicht dem Luxussegment angehörten, führte jedoch zu einer erheblichen Verwässerung des Markenimages. Heute wird Pierre Cardin eher als eine Marke im mittleren bis gehobenen Segment wahrgenommen, die für ihre breite Verfügbarkeit und Vielfalt an Produkten bekannt ist, aber nicht mehr den exklusiven Status vieler traditioneller Luxusmarken innehat.
Wofür ist Pierre Cardin am bekanntesten?
Pierre Cardin ist für seine avantgardistischen und futuristischen Designs, insbesondere in den 1960er Jahren (Space Age), seine revolutionäre Herrenmode und vor allem für seine wegweisende und äußerst umfangreiche Lizenzstrategie bekannt, die seinen Namen auf unzählige Produkte brachte.

Wer besitzt die Marke Pierre Cardin heute?
Die Marke gehört Pierre Cardin SA. Nach dem Tod des Gründers wird das Unternehmen von seinem Nachlass und langjährigen Mitarbeitern weitergeführt und verwaltet das Markenportfolio und die Lizenzrechte.
Wo werden Pierre Cardin Produkte hergestellt?
Laut vorliegender Information werden einige Produkte, wie z.B. Schreibwaren, bei der Ahlers Group in Herford, Deutschland, gefertigt. Die Produktion ist aufgrund der Vielzahl von Lizenzen und Produktkategorien global verteilt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Pierre Cardin eine Marke mit einer außergewöhnlichen Geschichte ist. Sie startete als Inbegriff der Haute Couture, entwickelte sich durch eine beispiellose Lizenzstrategie zu einem globalen, breit aufgestellten Imperium und nahm dabei bewusst in Kauf, dass ihr ursprüngliches Luxus-Image zugunsten von Umsatz und Reichweite verwässert wurde. Pierre Cardin bleibt eine Ikone, deren Vermächtnis sowohl in der Mode als auch im Marketing tief verwurzelt ist.
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