26/07/2024
Wenn der Name Rockwell fällt, denken einige vielleicht an einen R&B-Sänger aus den 80er Jahren. Doch die Welt der Industrie und Technologie kennt Rockwell vor allem durch bedeutende Unternehmen, die diesen Namen trugen oder noch tragen. Dieser Artikel widmet sich der faszinierenden Geschichte und den heutigen Identitäten von Unternehmen, die unter dem Banner Rockwell agierten, insbesondere Rockwell Automation und Collins Aerospace, die aus den Wurzeln von Allen-Bradley und Collins Radio Companies hervorgegangen sind.

Die Geschichte ist vielschichtig und reicht weit zurück, lange bevor der Name Rockwell im Unternehmenskontext auftauchte. Zwei Schlüsselunternehmen bildeten die Grundlage für das, was später unter Rockwell International zusammengeführt wurde: die Collins Radio Company und die Allen-Bradley Company. Beide Unternehmen entwickelten sich unabhängig voneinander zu Pionieren in ihren jeweiligen Feldern – Funktechnik und Industriesteuerung.
Die Ursprünge: Collins Radio Company
Die Collins Radio Company wurde 1933 von Arthur Collins gegründet und machte sich schnell einen Namen in der Welt des Funks. Das Unternehmen produzierte hochwertige Funkgeräte, die sowohl im Rundfunk als auch im militärischen und Amateurfunkbereich eingesetzt wurden. Collins-Geräte galten als extrem zuverlässig und leistungsfähig.
Besonders während des Zweiten Weltkriegs spielte Collins Radio eine entscheidende Rolle. Das Unternehmen lieferte Funk- und Navigationsausrüstung für das Militär und trug so maßgeblich zu den Kriegsanstrengungen bei. Nach dem Krieg weitete Collins seine Aktivitäten aus und wurde zu einem wichtigen Akteur im aufkommenden Bereich der Satellitenkommunikation. Collins-Ausrüstung wurde bei den frühen US-Raumfahrtprogrammen wie Mercury, Gemini, Apollo und Skylab eingesetzt, um die Kommunikation zwischen Astronauten und der Erde sicherzustellen.
Im Rundfunkbereich stellte Collins Radio in den 1930er Jahren Sendemischer und Sender her, die für ihre Qualität bekannt waren. Modelle wie der 12H oder die Sender der „30“ Serie für staatliche Polizeibehörden und die Luftfahrt des Handelsministeriums waren weit verbreitet. Nach dem Krieg setzte Collins die Produktion von AM- und FM-Sendern fort und behauptete sich bis in die 1970er Jahre als wichtiger Hersteller, bevor die Senderlinie an Continental Electronics verkauft wurde.
Für den Amateurfunkmarkt entwickelte Collins legendäre Empfänger wie den 75A, 51J und den hoch angesehenen R-390/R-390A für das Militär. Diese Geräte setzten Maßstäbe in Stabilität und Leistung. In den späten 1950er Jahren revolutionierte Collins den Markt mit der Einführung der S/Line, einem modularen System aus Empfänger (75S), Sender (32S) und Zubehör (Verstärker 30L-1, Transverter 62S-1, Transceiver KWM-1/KWM-2). Die S/Line war das erste Mal, dass Amateurfunkgeräte als integriertes System konzipiert wurden, und setzte neue Standards in Größe, Leistung und Design, wenn auch zu einem hohen Preis.
Collins war auch im Bereich der Computertechnologie aktiv und entwickelte in den 1960er Jahren C-Systeme für die Nachrichtenvermittlung und baute ein Intranet auf. Das Unternehmen strebte eine umfassende Automatisierung seiner Prozesse an. Trotz technischer Erfolge führten finanzielle Schwierigkeiten dazu, dass die Collins Radio Company 1973 von Rockwell International übernommen wurde.
Die Wurzeln der Industrieautomation: Allen-Bradley
Parallel zur Entwicklung von Collins Radio entstand 1903 in Milwaukee, Wisconsin, die Compression Rheostat Launch Company. Gegründet von Dr. Stanton Allen und Lynde Bradley, konzentrierte sich das Unternehmen zunächst auf elektrische Steuerungen. 1909 wurde es in Allen-Bradley Company umbenannt, als Harry Bradley, der Bruder von Lynde, dem Geschäft beitrat.

Allen-Bradley wurde schnell bekannt für seine robusten und zuverlässigen Komponenten für die Industrieautomation. Frühe Produkte umfassten Kohlescheiben-Kompressionsmotorsteuerungen und die Bradleystat-Miniaturrheostaten, die in der aufstrebenden Radioindustrie sehr beliebt waren und Mitte der 1920er Jahre fast die Hälfte des Umsatzes ausmachten.
Das Unternehmen durchlebte Höhen und Tiefen, überstand aber die Große Depression durch aggressive Forschung und Entwicklung. Während des Zweiten Weltkriegs trug Allen-Bradley erneut maßgeblich bei, indem es Industriesteuerungen zur Beschleunigung der Produktion und elektrische Komponenten für militärische Ausrüstung lieferte. Das Wachstum führte zu mehreren Werkserweiterungen in Milwaukee, darunter der Bau des Allen-Bradley Clock Tower, der heute ein Wahrzeichen der Stadt ist.
Allen-Bradley war ein Vorreiter bei Innovationen in der Industriesteuerung, wie der Erfindung des heißgeformten Festwiderstands 1935 und der Einführung von Solenoid-Startern mit einem einzigen beweglichen Teil 1934. Ein Meilenstein war die Erfindung und Einführung des speicherprogrammierbaren Steuerungssystems (SPS, englisch PLC) im Jahr 1970, das die Automatisierung revolutionierte.
Die Geschichte von Allen-Bradley ist auch mit politischen Aspekten verbunden. Harry Lynde Bradley war Mitbegründer der John Birch Society und der Bradley Foundation, einer konservativen Denkfabrik. Das Unternehmen sah sich Mitte des 20. Jahrhunderts auch Protesten wegen diskriminierender Einstellungspraktiken gegenüber, was 1968 zu einem Marsch von NAACP und der Latino-Gemeinschaft führte. Nach der Übernahme durch Rockwell International distanzierte sich das Unternehmen jedoch von der Bradley Foundation.
Rockwell International: Die Zusammenführung
Rockwell International war ein großer amerikanischer Mischkonzern, der in verschiedenen Sektoren tätig war, darunter Luft- und Raumfahrt, Elektronik und Automobilindustrie. In den 1970er und 1980er Jahren expandierte Rockwell International stark in den Bereich der Industrietechnologie.
Die Übernahme der Collins Radio Company im Jahr 1973 war ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Position im Elektronik- und Kommunikationssektor. Die Funk- und Avionik-Expertise von Collins wurde in Rockwell International integriert.
Ein noch größerer Schritt war die Übernahme der Allen-Bradley Company im Jahr 1985 für 1,651 Milliarden US-Dollar, die damals größte Übernahme in der Geschichte Wisconsins. Mit dieser Akquisition erwarb Rockwell International einen führenden Anbieter im schnell wachsenden Markt der Industrieautomation. Allen-Bradley wurde de facto zum Kern der Automatisierungssparte von Rockwell International. Unter dem Dach von Rockwell International wurden wichtige Allen-Bradley Produkte wie die SPS-Serien PLC 5, SLC500, MicroLogix und ControlLogix sowie die RSLogix Software eingeführt.

Rockwell International bündelte seine Automatisierungsaktivitäten unter dem Namen Rockwell Automation, der Marken wie Allen-Bradley und die neu entwickelte Software Rockwell Software umfasste. Auch akquirierte Unternehmen wie Reliance Electric und Dodge im Bereich Antriebssysteme wurden Teil von Rockwell Automation.
Die Aufspaltung 2001: Rockwell Automation und Rockwell Collins
Im Jahr 2001 traf Rockwell International die Entscheidung, sich in zwei unabhängige Unternehmen aufzuteilen. Die Sparte Industrielle Automation wurde zur heutigen Rockwell Automation, während die Avionik- und Kommunikationssparte als Rockwell Collins Inc. ausgegliedert wurde. Rockwell Automation wurde dabei zum rechtlichen Nachfolger von Rockwell International und behielt dessen Börsennotierung unter dem Ticker-Symbol „ROK“ bei.
Rockwell Automation Heute
Rockwell Automation, mit Hauptsitz in Milwaukee, Wisconsin, ist heute ein weltweit führender Anbieter von Lösungen für die Industrieautomation und digitale Transformation. Das Unternehmen beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter und bedient Kunden in über 100 Ländern. Zu den Hauptmarken gehören weiterhin Allen-Bradley für Hardware-Komponenten wie SPSen, Sensoren und Antriebe, FactoryTalk für Softwarelösungen und LifecycleIQ Services für Dienstleistungen.
Rockwell Automation bietet ein breites Spektrum an Produkten und Systemen an, darunter speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMIs), Sensorik, Sicherheitssysteme, Software für Fertigungsmanagement und Automatisierung, Antriebe und Antriebssysteme sowie Motorsteuerungen. Das Unternehmen konzentriert sich darauf, Fabriken intelligenter, vernetzter und effizienter zu machen.
In den letzten Jahren hat Rockwell Automation Partnerschaften geschlossen, um sein Angebot zu erweitern und neue Märkte zu erschließen. Dazu gehören Joint Ventures wie Sensia (mit Schlumberger für die Öl- und Gasindustrie) und Allianzen mit Unternehmen wie Accenture (Lieferkettenoptimierung) und Ansys (digitale Zwillinge). Rockwell Automation ist auch Gründungsmitglied der ISA Global Cybersecurity Alliance, um die Cybersicherheit in der Fertigung zu fördern.
Im Mai 2023 geriet Rockwell Automation in den Fokus einer US-Bundesuntersuchung bezüglich potenziellen Zugangs der chinesischen Regierung zu seiner Software über Mitarbeiter in Dalian, China.
Der Weg von Rockwell Collins zu RTX
Rockwell Collins Inc. wurde 2001 als Spin-off der Avionik-Sparte von Rockwell International gegründet. Das Unternehmen konzentrierte sich auf Avionik- und Informationstechnologiesysteme sowie Dienstleistungen für Regierungsbehörden und Flugzeughersteller. Es baute auf dem reichen Erbe der ursprünglichen Collins Radio Company auf, insbesondere deren Expertise in der Luftfahrtkommunikation und -navigation.

Rockwell Collins war ein bedeutender Anbieter von Systemen für die Flugsteuerung, Kommunikation, Navigation und Unterhaltung an Bord (IFE). Im IFE-Markt konkurrierte es mit Unternehmen wie Panasonic Avionics und Thales Group. Im Jahr 2000 erwarb Rockwell Collins das IFE-Geschäft von Sony (Sony Trans Com).
Die Eigenständigkeit von Rockwell Collins dauerte bis 2018. Am 26. November 2018 wurde Rockwell Collins Inc. für 30 Milliarden US-Dollar von der United Technologies Corporation (UTC) übernommen. Nach der Übernahme wurde Rockwell Collins als Teil von Collins Aerospace integriert, einer Tochtergesellschaft von UTC. Im April 2020 fusionierte UTC mit Raytheon Company zur Raytheon Technologies Corporation (später umbenannt in RTX Corporation). Seitdem operiert die ehemalige Rockwell Collins als Teil von Collins Aerospace innerhalb des RTX-Konzerns.
Wichtige Meilensteine und Entwicklungen
Hier sind einige Schlüsseldaten und Ereignisse in der Geschichte der mit Rockwell verbundenen Unternehmen:
- 1903: Gründung der Compression Rheostat Launch Company (später Allen-Bradley).
- 1909: Umbenennung in Allen-Bradley Company.
- 1933: Gründung der Collins Radio Company durch Arthur Collins.
- 1935: Allen-Bradley erfindet den heißgeformten Festwiderstand.
- 1958: Collins Radio führt die modulare S/Line für den Amateurfunk ein.
- 1970: Allen-Bradley erfindet und führt die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) ein.
- 1973: Collins Radio Company wird von Rockwell International übernommen.
- 1985: Allen-Bradley Company wird von Rockwell International übernommen.
- 2001: Rockwell International spaltet sich in Rockwell Automation und Rockwell Collins auf.
- 2018: Rockwell Collins wird von United Technologies Corporation (UTC) übernommen.
- 2020: UTC fusioniert mit Raytheon zu Raytheon Technologies (später RTX Corporation); Collins Aerospace (inkl. ehem. Rockwell Collins) wird Teil von RTX.
Häufig gestellte Fragen
Wer steckt hinter Rockwell?
Der Name Rockwell ist im Unternehmenskontext hauptsächlich mit zwei großen Unternehmen verbunden: Rockwell Automation und dem ehemaligen Rockwell Collins (heute Teil von Collins Aerospace, einer Tochtergesellschaft von RTX). Rockwell Automation ist ein eigenständiges Unternehmen, das auf Industrieautomation spezialisiert ist. Rockwell Collins war ein Unternehmen für Avionik und IT-Systeme, das aus Rockwell International hervorging und 2018 von UTC übernommen wurde und nun Teil von RTX ist. Es gibt auch einen bekannten R&B-Sänger namens Rockwell, der aber keine Verbindung zu diesen Technologieunternehmen hat.
Ist Allen Bradley dasselbe wie Rockwell?
Nein, Allen-Bradley ist nicht dasselbe wie Rockwell, aber die beiden sind eng miteinander verbunden. Allen-Bradley ist eine historische Marke und heute eine Hauptmarke von Rockwell Automation. Die Allen-Bradley Company wurde 1985 von Rockwell International übernommen und wurde zum Kern der Automatisierungssparte, die sich 2001 als Rockwell Automation abspaltete. Allen-Bradley ist heute der Markenname für viele Hardwareprodukte von Rockwell Automation, wie z.B. SPSen und Steuerungen.
Was verkauft Rockwell Automation?
Rockwell Automation verkauft ein breites Spektrum an Produkten und Lösungen für die Industrieautomation und digitale Transformation. Dazu gehören unter anderem speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMIs), Sensorik, Komponenten und Systeme für die Maschinensicherheit, Software für die Fertigungssteuerung (z.B. FactoryTalk), elektrische Antriebe und Antriebssysteme, Motorsteuerungen und zugehörige Dienstleistungen (LifecycleIQ Services).
Ist Rockwell Automation Teil von RTX?
Nein, Rockwell Automation ist ein unabhängiges, börsennotiertes Unternehmen (NYSE: ROK) und nicht Teil von RTX Corporation. Die Verwirrung kann entstehen, weil sowohl Rockwell Automation als auch das Unternehmen, das heute Teil von RTX ist (ehemaliges Rockwell Collins), aus demselben früheren Mischkonzern, Rockwell International, hervorgegangen sind. Rockwell Collins wurde 2018 von UTC übernommen und ist nach der Fusion von UTC und Raytheon nun Teil von Collins Aerospace innerhalb des RTX-Konzerns. Rockwell Automation ist seit der Aufspaltung 2001 eigenständig geblieben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Name Rockwell eine reiche und komplexe Geschichte in der Industrie- und Technologiebranche repräsentiert, geprägt durch die Innovationskraft von Unternehmen wie Allen-Bradley und Collins Radio, die unter Rockwell International zusammengeführt wurden und heute in den global agierenden Unternehmen Rockwell Automation und Collins Aerospace (RTX) fortleben.
Wenn du mehr spannende Artikel wie „Rockwell: Automation, Avionik & Geschichte“ entdecken möchtest, schau doch mal in der Kategorie Bürobedarf vorbei!
