Schreiben lernen: Die ersten Stiftgriffe

08/10/2017

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Die Reise zum flüssigen und leserlichen Schreiben beginnt lange bevor die ersten Buchstaben geformt werden. Sie startet mit den allerersten Versuchen, einen Stift oder eine Wachsmalkreide in die Hand zu nehmen und Spuren auf Papier zu hinterlassen. Diese frühen Stadien des Greifens und Haltens sind faszinierend zu beobachten und legen den Grundstein für die spätere Schreibentwicklung. Kleine Kinder erkunden die Welt mit ihren Händen, und das Halten eines Mal- oder Schreibwerkzeugs ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg.

Zunächst greifen kleine Kinder oft instinktiv zu dem, was ihnen am einfachsten erscheint: Sie umschließen den Stift mit ihrer ganzen kleinen Hand. Dieser Griff wird gemeinhin als Faustgriff bezeichnet. Der Stift liegt dabei quer in der Handfläche, und die Finger umschließen ihn fest. Es ist eine Haltung, die wenig Feinmotorik erfordert und es dem Kind ermöglicht, mit der Kraft des ganzen Arms oder der Schulter zu malen oder zu kritzeln.

Übersicht

Der Faustgriff: Der erste Schritt

Der Faustgriff ist die natürlichste und einfachste Art für Kleinkinder, einen Stift zu halten. In dieser Phase haben die Finger noch nicht die nötige Kraft und Koordination, um den Stift präziser zu führen. Der Stift wird fest in der Faust gehalten, oft mit der Spitze nach unten zeigend, und die Bewegungen kommen primär aus dem Handgelenk oder dem ganzen Arm. Das Ergebnis sind oft große, schwungvolle Linien und Kreise, die den gesamten Raum auf dem Papier einnehmen können.

Für diese frühe Phase des Schreibens und Malens eignen sich besonders gut dicke Stifte oder Wachsmalkreiden, oft als Jumbostifte bezeichnet. Diese sind dicker und griffiger als normale Stifte und liegen besser in der kleinen Kinderfaust. Wichtig ist auch, dass diese Anfänger-Stifte leicht über das Papier gleiten. Wenn ein Stift zu stark reibt oder zu wenig Farbe abgibt, müssen die Kleinen zu stark aufdrücken. Dies ist nicht nur anstrengend, sondern kann auch frustrierend sein und die Freude am Malen und Kritzeln mindern. Ein leichtgängiger Stift erfordert weniger Kraftaufwand und ermöglicht es dem Kind, sich auf die Bewegung und das Ergebnis zu konzentrieren.

Obwohl der Faustgriff für die ersten Kritzelversuche völlig normal und angemessen ist, ist er für das spätere, präzisere Schreiben von Buchstaben oder gar ganzen Wörtern ungeeignet. Er erlaubt keine feinen Bewegungen, die für die Formung von Schriftzeichen notwendig sind. Die Hand ist in dieser Haltung sehr starr.

Vom Faustgriff zum Pfötchengriff

Mit der fortschreitenden Entwicklung der Feinmotorik und der Muskelkraft in Hand und Fingern entwickeln Kinder oft einen neuen Griff, der eine Übergangsphase darstellt: den Pfötchengriff. Bei diesem Griff löst sich der Stift aus der vollständigen Umklammerung der Faust. Stattdessen wird der Stift nun gleichzeitig von drei Fingern gehalten: dem Daumen, dem Zeigefinger und dem Mittelfinger. Der Stift ruht dabei oft auf dem Ringfinger oder der Handfläche.

Der Name „Pfötchengriff“ rührt daher, dass die Hand in dieser Haltung ein wenig wie eine Tierpfote aussehen kann, die etwas festhält. Dieser Griff ermöglicht bereits etwas präzisere Bewegungen als der reine Faustgriff, da die Finger eine aktivere Rolle übernehmen. Es ist ein Fortschritt in der motorischen Entwicklung und zeigt, dass das Kind versucht, mehr Kontrolle über das Schreib- oder Malwerkzeug zu erlangen.

Die Tücken des Pfötchengriffs

Auch wenn der Pfötchengriff einen Schritt weg vom grobmotorischen Faustgriff darstellt, ist er für das ausdauernde und effektive Schreiben nicht ideal. Ganz im Gegenteil: Auf die Dauer ist diese Haltung oft sehr anstrengend. Der Grund dafür liegt in der Art und Weise, wie die Finger den Stift halten. Da Daumen, Zeige- und Mittelfinger gleichzeitig auf den Stift drücken, arbeiten die Muskeln in einer Weise, die schnell zur Ermüdung führt.

Die ständige Spannung und die unnatürliche Position der Finger können dazu führen, dass Hand und Finger verkrampfen. Dieses Verkrampfen macht das Schreiben mühsam und unangenehm. Die fließende Bewegung, die für schönes und schnelles Schreiben notwendig ist, wird durch den Pfötchengriff behindert. Jede Bewegung erfordert bewusste Anstrengung, anstatt natürlich zu fließen.

Mit dieser Haltung gelingt das Schreiben von Buchstaben nur schwer. Die Buchstabenformen werden oft ungleichmäßig, zittrig oder „krakelig“, wie es im Text beschrieben wird. Das liegt nicht am mangelnden Talent des Kindes, sondern an der ineffizienten und anstrengenden Stifthaltung. Die fehlende Lockerheit und Präzision des Griffs spiegeln sich direkt im Schriftbild wider. Kein Wunder, dass Kinder, die lange im Pfötchengriff schreiben, oft schnell müde werden und die Lust am Schreiben verlieren.

Warum die richtige Haltung wichtig ist

Die Entwicklung einer effizienten und entspannten Stifthaltung ist entscheidend für den Schreiberfolg und die Freude am Schreiben. Eine anstrengende oder unnatürliche Haltung, wie der Pfötchengriff, führt nicht nur zu schnellem Ermüden und verkrampfen der Hand, sondern beeinflusst auch die Qualität des Schriftbildes negativ. Buchstaben werden unsauber, die Lesbarkeit leidet und das Tempo beim Schreiben bleibt niedrig.

Langfristig kann eine falsche Stifthaltung sogar zu physischen Beschwerden führen, wie Schmerzen in Hand, Handgelenk oder sogar im Arm und Schulterbereich. Wenn das Schreiben ständig mit Anstrengung und Schmerz verbunden ist, wird es zu einer unangenehmen Pflicht statt zu einem nützlichen Werkzeug zur Kommunikation und zum Ausdruck.

Daher ist es wichtig, die Entwicklung der Stifthaltung bei Kindern zu beobachten und gegebenenfalls Unterstützung anzubieten, um vom Faustgriff und Pfötchengriff zu einer entspannteren und effektiveren Haltung zu gelangen. Es geht darum, den Stift so zu halten, dass die Hand locker bleibt, die Finger feine Bewegungen ausführen können und das Schreiben über längere Zeit ohne Ermüdung möglich ist.

Vergleich der frühen Griffe

Um die Unterschiede und Herausforderungen der besprochenen Griffe zu verdeutlichen, betrachten wir sie in einer kurzen Zusammenfassung:

GriffBeschreibungGeeignet fürMerkmale & Nachteile
FaustgriffStift wird fest in der ganzen Hand umschlossen.Kleinkinder, Mal-AnfängerSehr grobmotorisch, wenig Präzision, erfordert kaum Fingerkraft. Gut für erste Kritzelversuche mit dicken Stiften, aber ungeeignet für feines Schreiben.
PfötchengriffStift wird gleichzeitig von Daumen, Zeige- und Mittelfinger gehalten.Übergangsphase in der EntwicklungEtwas mehr Kontrolle als Faustgriff, aber sehr anstrengend. Führt schnell zum verkrampfen der Hand. Das Schreiben wird krakelig und mühsam.

Die Tabelle zeigt deutlich, dass beide frühen Griffe ihre Berechtigung in bestimmten Entwicklungsphasen haben, aber nicht für das anspruchsvollere Schreiben geeignet sind, das in der Schule und darüber hinaus verlangt wird.

Häufig gestellte Fragen zu frühen Stiftgriffen

Hier beantworten wir einige Fragen, die sich im Zusammenhang mit den ersten Stiftgriffen bei Kindern oft stellen:

F: Ist es schlimm, wenn mein Kind den Stift im Faustgriff hält?
A: Für sehr kleine Kinder, die gerade erst mit dem Malen beginnen, ist der Faustgriff völlig normal und altersgerecht. Er zeigt, dass das Kind Interesse am Umgang mit Stiften hat. Wichtig ist, dass sich der Griff mit der Zeit weiterentwickelt.

F: Mein Kind hält den Stift im Pfötchengriff und tut sich schwer beim Schreiben. Was kann ich tun?
A: Der Pfötchengriff ist oft sehr anstrengend und führt zum verkrampfen. Es ist ein Zeichen, dass das Kind eine andere, entspanntere Haltung finden muss. Das kann durch gezielte Übungen zur Stärkung der Handmuskulatur und zur Verbesserung der Fingerkoordination unterstützt werden. Manchmal hilft auch die Nutzung von speziellen Stiften oder Griffhilfen, die eine entspanntere Fingerposition fördern.

F: Welche Stifte sind am besten für Schreibanfänger geeignet?
A: Für die allerersten Versuche im Faustgriff eignen sich dicke, leicht gleitende Jumbostifte oder Wachsmalkreiden am besten. Sie liegen gut in der Hand und erfordern wenig Druck. Später, wenn das Kind feinere Bewegungen versucht, können dickere Bleistifte oder spezielle ergonomische Stifte hilfreich sein, die das Erlernen einer entspannteren Haltung unterstützen.

F: Ab wann sollte ein Kind den Stift „richtig“ halten können?
A: Die Entwicklung der Stifthaltung ist ein Prozess. Viele Kinder haben bis zum Schulbeginn oder auch noch in der ersten Klasse Schwierigkeiten mit einer entspannten Haltung. Es gibt keinen festen Stichtag. Wichtig ist, dass die Haltung nicht zur Belastung wird und das Schreiben nicht behindert. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, den Kinderarzt, Ergotherapeuten oder die Lehrkraft anzusprechen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ersten Stiftgriffe, wie der Faustgriff und der Pfötchengriff, normale Phasen in der Entwicklung des Kindes sind. Sie zeigen das Interesse am Umgang mit Stiften und die fortschreitende motorische Entwicklung. Es ist jedoch entscheidend zu erkennen, dass insbesondere der Pfötchengriff sehr anstrengend ist und das Schreiben erschwert. Die Beobachtung und gegebenenfalls Unterstützung auf dem Weg zu einer lockeren und effizienten Stifthaltung ist wichtig, um späteren Schwierigkeiten beim Schreiben vorzubeugen und die Freude am Umgang mit Stiften zu erhalten.

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