Ist es legal, mit blauer Tinte zu schreiben?

Die geheime Hierarchie der Stiftfarben im Amt

10/01/2021

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In der Welt der Bürokratie, wo jedes Detail zählt, ist selbst die Wahl des Stiftes keine Kleinigkeit. Was auf den ersten Blick trivial erscheinen mag – die Farbe, mit der ein Beamter seine Unterschrift setzt oder Randnotizen macht – folgt oft strengen, schriftlich fixierten Regeln. Diese Farbcodes sind nicht willkürlich, sondern spiegeln eine tief verwurzelte Hierarchie wider und dienen der schnellen Orientierung auf Akten. Sie sind ein stilles, aber deutliches Zeichen der Rangordnung innerhalb von Ministerien und Behörden.

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Die Tradition der farbigen Stifte in der Verwaltung ist alt und tief verwurzelt. Sie dient nicht nur der Unterscheidung, wer welche Anmerkung gemacht hat, sondern ist auch ein Symbol für die Befugnisse und den Rang des Bearbeiters. Die Einhaltung dieser Farbcodes ist in vielen Fällen sogar in den offiziellen Geschäftsordnungen des Bundes und der Länder festgeschrieben. Sie sind Teil der ungeschriebenen und geschriebenen Regeln, die das tägliche Funktionieren der Verwaltung bestimmen.

Übersicht

Schriftliche Regeln: Die Geschäftsordnungen

Damit in der komplexen Struktur der Bundes- und Landesbehörden keine Zweifel aufkommen, wem welcher Stift zusteht und welche Farbe für welche Hierarchieebene reserviert ist, ist diese Farbhierarchie detailliert geregelt. Diese Regelungen finden sich in den sogenannten Geschäftsordnungen. Diese Dokumente legen die internen Abläufe und Zuständigkeiten fest und beinhalten mitunter auch so spezifische Details wie die erlaubte Farbe für Randvermerke auf Akten.

Ein Blick in die "Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien"

Ein prominentes Beispiel für eine solche detaillierte Regelung liefert Paragraph 18 der "Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien". Dieser Paragraph unterscheidet feinsinnig zwischen verschiedenen Rängen und weist ihnen spezifische Stiftfarben zu. Dies zeigt, wie wichtig und formal die Unterscheidung durch Farbe genommen wird.

Die Farben und ihre Ränge

Die spezifischen Farben, die in der "Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien" für Randvermerke auf Akten genannt werden, sind klar definierten Positionen zugeordnet:

  • Dem Staatssekretär ist laut Paragraph 18 der Rotstift vorbehalten. Rot ist traditionell eine Farbe, die Autorität und Wichtigkeit signalisiert, oft genutzt für Korrekturen oder Hervorhebungen, die von höherer Stelle kommen.
  • Dem Parlamentarischen Staatssekretär hingegen ist der Violettstift zugewiesen. Violett steht hier als Unterscheidungsmerkmal zum Staatssekretär, aber ebenfalls auf einer hohen Hierarchieebene.
  • Unterabteilungsleiter, die in der Hierarchie typischerweise zwei Stufen unter den Staatssekretären angesiedelt sind, müssen sich mit der Farbe Braun zufriedengeben. Braun markiert Anmerkungen von einer niedrigeren, aber immer noch bedeutenden Führungsebene innerhalb der Abteilung.

Diese Zuweisung von Farben zu Rängen stellt sicher, dass auf einer Akte sofort ersichtlich ist, wer welche Anmerkung gemacht oder welche Entscheidung kommentiert hat, ohne erst die Unterschrift entziffern oder den Namen suchen zu müssen. Es ist ein effizientes System der visuellen Kommunikation innerhalb der Verwaltung, das auf der Hierarchie der Positionen basiert.

Ausnahmen und individuelle Vorlieben

Obwohl die Regeln in den Geschäftsordnungen klar formuliert sind, gibt es immer wieder Persönlichkeiten, die sich nicht strikt an die Tradition halten. Der Text nennt hier zwei prominente Beispiele aus der Politik:

  • Helmut Kohl (CDU), der ehemalige Bundeskanzler, scherte sich nicht um die traditionellen Farbcodes und unterschrieb stattdessen mit schwarzem Filzstift. Schwarz ist eine universelle Unterschriftenfarbe, aber die Wahl eines Filzstiftes für amtliche Dokumente war wohl seine persönliche Präferenz, die von der Norm abwich.
  • Johannes Rau (SPD), der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und spätere Bundespräsident, genehmigte sich und seinen Ministern das sogenannte "Sozi-Rot". Dies deutet darauf hin, dass auch auf Landesebene spezifische, möglicherweise politisch konnotierte, Farbzuweisungen existieren oder existierten. Die Farbe Rot wird hier offenbar für die höchste Ebene im Landesministerium reserviert, ähnlich der Regelung für Staatssekretäre auf Bundesebene, aber potenziell auch für Minister selbst.

Diese Beispiele zeigen, dass trotz der formalen Regeln auch persönliche Gewohnheiten oder spezifische Regelungen auf Landesebene eine Rolle spielen können, auch wenn sie von der breiteren Tradition abweichen.

Herausforderungen für Neuankömmlinge

Die strikte Farbhierarchie kann besonders für Neuankömmlinge in den politischen und administrativen Etagen verwirrend sein. Der Text illustriert dies am Beispiel von Manfred Morgenstern, einem Grünen Politiker, der als Staatssekretär ins Düsseldorfer Bauministerium in Nordrhein-Westfalen wechselte. Er brachte seine roten Dienstkugelschreiber aus Bremen mit, wo er zuvor tätig war. In Düsseldorf musste er jedoch feststellen, dass die Farbe Rot dort für seinen Minister reserviert war. Morgensterns Reaktion: "Ich mußte erst mal Minen wechseln."

Dieses kleine, aber aufschlussreiche Detail zeigt, wie ernst diese Farbcodes genommen werden und dass die Regeln von Bundesland zu Bundesland oder sogar von Ministerium zu Ministerium variieren können. Was in einer Behörde oder einem Bundesland erlaubt ist, kann in einem anderen für einen höheren oder niedrigeren Rang reserviert sein oder gar nicht verwendet werden dürfen. Es unterstreicht die Notwendigkeit, sich bei Dienstantritt über die spezifischen lokalen Geschäftsordnungen und Gepflogenheiten zu informieren.

Welche Stifte werden verwendet?

Der Text nennt verschiedene Arten von Schreibgeräten im Zusammenhang mit den Farbregelungen:

  • Filzstift: Wird im Zusammenhang mit Helmut Kohls schwarzer Unterschrift genannt. Filzstifte bieten oft eine kräftige, permanente Linie.
  • Kugelschreiber: Manfred Morgenstern brachte rote Dienstkugelschreiber mit. Kugelschreiber sind die gängigsten Schreibgeräte im Büroalltag.
  • Rotstift, Violettstift, Braun: Diese Bezeichnungen können sich auf verschiedene Arten von Stiften beziehen, die Tinte oder Pigment in der entsprechenden Farbe abgeben. Für Randvermerke auf Akten, die oft schnell und prägnant sein müssen, könnten dies neben Kugelschreibern auch Fasermaler, Tintenroller oder sogar spezielle Marker oder Farbstifte sein, je nach Präferenz und genauer Auslegung der Regelung. Der Begriff "Stift" im Deutschen ist hier relativ breit und kann verschiedene Schreibgeräte umfassen.

Die Wahl des genauen Stift-Typs mag variieren, solange die vorgeschriebene Farbe eingehalten wird. Wichtig ist die Funktion: das Anbringen klar erkennbarer, farbkodierter Anmerkungen auf Akten.

Die Rolle der Farbe für die Aktenführung

Die farbliche Unterscheidung auf Akten hat einen klaren praktischen Nutzen. In großen Verwaltungen durchlaufen Akten oft viele Hände und Ebenen. Durch die farbigen Randvermerke kann ein Sachbearbeiter oder ein Vorgesetzter auf einen Blick erkennen:

  • Wer hat diese Anmerkung gemacht?
  • Aus welcher Hierarchieebene stammt die Notiz oder Anweisung?
  • Welche Anmerkungen sind besonders wichtig (z.B. die des Staatssekretärs in Rot)?

Dies beschleunigt die Bearbeitung und erhöht die Transparenz innerhalb des Systems der Aktenführung. Es ist ein analoges System des Farbcodierens, das in Zeiten vor der umfassenden Digitalisierung von Akten entwickelt wurde, aber offenbar bis heute in vielen Bereichen Bestand hat.

Warum diese Tradition Bestand hat

Die Beständigkeit dieser Tradition, so trivial sie auf den ersten Blick erscheinen mag, liegt in mehreren Faktoren begründet:

  • Klarheit und Effizienz: Wie bereits erwähnt, ermöglicht die Farbcodierung eine schnelle visuelle Erfassung wichtiger Informationen und der Quelle von Anmerkungen auf Akten.
  • Hierarchische Struktur: Die Farben spiegeln und verstärken die bestehende Hierarchie. Sie sind ein sichtbares Zeichen des Ranges und der Zuständigkeit.
  • Tradition und Beständigkeit: Einmal etablierte bürokratische Verfahren ändern sich oft nur langsam. Wenn ein System funktioniert und in den Geschäftsordnungen verankert ist, gibt es wenig Anreiz, es grundlegend zu ändern, selbst wenn modernere Methoden existieren.
  • Vermeidung von Verwirrung: Solange die Regeln klar sind und befolgt werden (abgesehen von den wenigen Ausnahmen), vermeidet das System Verwirrung darüber, wer welche Anmerkung gemacht hat. Die Geschichte von Herrn Morgenstern zeigt, was passiert, wenn die Regeln nicht beachtet oder verstanden werden.

Diese Faktoren tragen dazu bei, dass die scheinbar einfache Frage nach der Farbe des Stiftes in deutschen Behörden eine komplexe Antwort hat, die tief in den Strukturen und Traditionen der Verwaltung verwurzelt ist.

Fazit

Die Farbe des Stiftes ist in deutschen Behörden weit mehr als eine persönliche Präferenz. Sie ist ein integraler Bestandteil der bürokratischen Ordnung, ein Spiegelbild der Hierarchie und ein Werkzeug für die effiziente Aktenführung. Geregelt in den Geschäftsordnungen, weisen Farben wie Rotstift, Violettstift und Braun spezifische Ränge zu, von Staatssekretären abwärts. Während einige prominente Persönlichkeiten von diesen Regeln abweichen mögen, zeigen die Verwirrung von Neuankömmlingen und die formale Verankerung der Regeln, wie ernst diese Tradition genommen wird. Das unscheinbare Schreibgerät wird so zu einem Symbol der Autorität und Ordnung im komplexen Getriebe der deutschen Bürokratie.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Sind diese Farbregeln in allen deutschen Behörden gleich?
Der Text erwähnt, dass die Farbhierarchie in den Geschäftsordnungen von "Bund und Ländern" geregelt ist. Dies deutet auf eine breite Anwendung hin, aber das Beispiel von Herrn Morgenstern, der aus Bremen nach Nordrhein-Westfalen wechselte, zeigt, dass die spezifischen Zuweisungen von Bundesland zu Bundesland oder sogar zwischen Ministerien variieren können.
Welche Farbe hat ein Bundesminister für Randvermerke?
Der Text nennt spezifische Farben für Staatssekretäre, Parlamentarische Staatssekretäre und Unterabteilungsleiter gemäß der "Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien". Für Bundesminister selbst wird keine spezifische Farbe in diesem Auszug genannt. Das Beispiel von Johannes Rau, der sich und seinen Ministern "Sozi-Rot" genehmigte, deutet darauf hin, dass Minister möglicherweise eigene Regelungen haben oder hatten.
Gelten diese Farbregeln nur für Randvermerke oder auch für Unterschriften?
Paragraph 18 der "Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien", der die spezifischen Farben Rot, Violett und Braun nennt, bezieht sich ausdrücklich auf "Randvermerke auf Akten". Das Beispiel von Helmut Kohl, der mit schwarzem Filzstift unterschrieb, deutet darauf hin, dass die Regeln für Unterschriften möglicherweise anders gehandhabt werden oder stärker von persönlicher Tradition geprägt sind, auch wenn die Farbe Rot oft auch für wichtige Unterschriften genutzt wird.
Warum werden gerade diese Farben verwendet?
Die Auswahl der Farben (Rot, Violett, Braun) könnte praktische Gründe haben, wie gute Sichtbarkeit auf dem Papier. Rot wird oft für wichtige Markierungen genutzt. Die spezifische Zuweisung zu den Rängen dient der klaren visuellen Unterscheidung der verschiedenen Hierarchieebenen auf einer Akte.
Sind diese Regeln noch aktuell?
Der Text bezieht sich auf die "Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien" und aktuelle Beispiele wie den Wechsel von Herrn Morgenstern. Dies legt nahe, dass diese Regeln oder ähnliche Farbcodes in der deutschen Verwaltung weiterhin relevant sind und befolgt werden.

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