Wer hat den Tintenstift erfunden?

Stammt Kugelschreibertinte vom Kraken?

17/02/2021

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Es ist eine faszinierende Vorstellung: die Tinte, mit der wir schreiben, direkt aus den Tiefen des Ozeans, produziert von mysteriösen Wesen wie dem Kraken. Viele Menschen fragen sich, ob es eine Verbindung gibt zwischen der dunklen Flüssigkeit, die Kopffüßer zur Verteidigung ausstoßen, und der Tinte, die wir täglich in unseren Kugelschreibern verwenden. Die Antwort ist komplexer als ein einfaches Ja oder Nein und führt uns auf eine Reise durch die Biologie der Meeresbewohner und die Geschichte der Schreibmaterialien.

Welche Inhaltsstoffe sind in der Tinte von Kugelschreibern enthalten?
Schwarz, die Standardtintenfarbe, wird aus dem organischen Pigment Kohlenstoff gewonnen. Farbpigmente sind anorganische Verbindungen aus Chrom (Gelb, Grün und Orange), Molybdän (Orange), Cadmium (Rot und Gelb) und Eisen (Blau) . Die Additive stabilisieren die Mischung und verleihen der Tinte zusätzliche wünschenswerte Eigenschaften.

Die Tinte der Kopffüßer: Ein Meisterwerk der Evolution

Kraken, Tintenfische und Kalmare, wissenschaftlich bekannt als Kopffüßer, sind bekannt für ihre Fähigkeit, bei Gefahr eine dunkle Tintenwolke auszustoßen. Diese Tinte ist weit mehr als nur eine einfache Farbe. Sie ist eine komplexe Mischung, die in einem speziellen Tintenbeutel produziert und bei Bedarf durch einen Siphon ausgestoßen wird. Die Hauptkomponente ist Melanin, dasselbe Pigment, das auch für die Farbe unserer Haut und Haare verantwortlich ist. Aber die Tinte enthält auch andere Substanzen wie Proteine, Polysaccharide, Enzyme wie Tyrosinase und verschiedene Metalle. Diese Zusammensetzung verleiht der Tinte nicht nur ihre Farbe, sondern auch chemische Eigenschaften, die bei der Abwehr von Raubtieren eine wichtige Rolle spielen.

Strategien der Tintenabgabe: Mehr als nur ein Rauchvorhang

Kopffüßer nutzen ihre Tinte auf vielfältige Weise, nicht nur als simplen "Rauchvorhang". Charles Darwin beobachtete bereits im 19. Jahrhundert das Verhalten von Kraken und Tintenfischen, die blitzschnell davonschossen und dabei eine dunkel kastanienbraune Tinte abgaben. Moderne Beobachtungen und Forschungen haben gezeigt, dass es verschiedene Arten der Tintenabgabe gibt, die je nach Situation eingesetzt werden:

Übersicht

Strategien der Tintenabgabe

  • Pseudomorphs ("falsche Körper"): Kleinere Tintenwolken mit höherem Schleimgehalt, die ihre Form länger behalten. Der Kopffüßer stößt diese leicht abseits von sich aus, ändert oft seine Farbe (wird blass) und schwimmt schnell davon. Diese "falschen Körper" sind oft ähnlich groß und sehen dem Kopffüßer verblüffend ähnlich, was Raubtiere dazu verleiten kann, den Tintenkörper anzugreifen, während der eigentliche Kopffüßer entkommt. Dieses Verhalten wird oft als "Blass-Tinte-Flucht-Manöver" bezeichnet. Studien mit jungen grünen Meeresschildkröten zeigten, dass diese nach einem Angriff auf einen Pseudomorph einen echten Kraken ignorierten.
  • Wolken/Rauchvorhänge (Clouds/Smokescreens): Große, diffuse Tintenmengen, die schnell ausgestoßen werden, um die Sicht des Raubtiers vollständig zu blockieren und eine schnelle Flucht zu ermöglichen.
  • Tintenseile (Ink ropes): Einige Arten, wie der gefleckte Zwergtintenfisch (Spotty bobtail squid), stoßen Tintenseile aus, die länger sind als sie selbst. Sie verstecken sich möglicherweise zwischen diesen Seilen, die schwimmenden Seegrasblättern ähneln könnten, um Verwirrung zu stiften.
  • Diffuse Puffs und Mantle Fills: Weitere, weniger häufig beschriebene Formen der Tintenabgabe.

Darüber hinaus nutzen KrakenTinte auch zum Schutz ihrer Eier, indem sie Schnecken oder Krabben, die sich nähern, mit Tinte bespritzen. Viele Sepienarten bedecken ihre Eier mit einer Tintenschicht, wahrscheinlich zur Tarnung.

Chemische und Physikalische Effekte der Tinte

Die Tinte wirkt nicht nur visuell. Sie hat auch chemische Effekte. Viele Raubtiere von Kopffüßern, wie Muränen, haben hochentwickelte chemosensorische Systeme. Es gibt Hinweise, dass Substanzen in der Tinte, wie Tyrosinase, diese Systeme reizen, betäuben oder sogar vorübergehend deaktivieren können. Obwohl es noch wenige kontrollierte Experimente dazu gibt, wird die Tinte der Kopffüßer generell als raffinierter angesehen als ein einfacher "Rauchvorhang". Die Tinte einiger Kalmare und Sepien dient nachweislich als chemisches Alarmsignal für Artgenossen. Computersimulationen legen nahe, dass das Melanin von Sepien besonders effektiv gegen die Geruchsrezeptoren von Haien sein könnte, indem es deren enges, aber extrem intensives Geruchsspektrum überwältigt und sie so von der Jagd abhält.

Physikalisch gesehen bildet die Tinte von Sepia officinalis eine Suspension kugelförmiger Partikel mit einer Größe zwischen 80 und 150 nm. Diese Partikel haben eine Dichte von 1,27 g/cm³, was auf den Metallgehalt in der Tinte (4,7 Gew.-%) zurückzuführen sein könnte. Eine besondere Kuriosität ist der Kalmar Heteroteuthis dispar, der leuchtende Tinte ausstößt. Das Licht stammt von einer Substanz, die in einem speziellen Organ produziert und dann in den Tintenbeutel übertragen wird.

Historische Verwendung von Kopffüßer-Tinte durch den Menschen

Und hier kommen wir zur Verbindung zum Schreiben. Wie der Name schon sagt, wurde Kopffüßer-Tinte in der Vergangenheit tatsächlich als Tinte für Federn und Schreibwerkzeuge verwendet. Das griechische Wort für Tintenfisch und der wissenschaftliche Name einer Sepien-Gattung, Sepia, sind eng mit der braunen Farbe der Tinte dieser Tiere verbunden. Der Farbton Sepia ist bis heute ein Begriff in der Kunst und Fotografie geblieben. Diese natürliche Tinte war eines der frühesten Schreibmaterialien, das von Menschen genutzt wurde, lange bevor synthetische Tinten entwickelt wurden.

Moderne Verwendung von Kopffüßer-Tinte

Die moderne Verwendung von Kopffüßer-Tinte ist heute jedoch hauptsächlich auf die Küche beschränkt. Besonders in Japan und im Mittelmeerraum wird sie als Lebensmittelfarbe und Geschmacksgeber eingesetzt. Bekannte Beispiele sind Arròs negre (schwarzer Reis) in Spanien, Nudeln mit Tintenfischtinte oder Calamares en su tinta (Tintenfisch in eigener Tinte). Für diesen Zweck ist die Tinte bei Fischhändlern oder in Feinkostläden erhältlich und in Märkten in Japan, Italien und Spanien weit verbreitet. Die Tinte wird bei der Zubereitung des toten Kopffüßers, meist einer Sepia, aus dem Tintenbeutel entnommen und enthält daher keinen Schleim.

Es gibt auch wissenschaftliche Forschung zur Tinte. Studien haben gezeigt, dass Kopffüßer-Tinte in Zellkulturen toxisch für einige Zellen sein kann, darunter auch Tumorzellen. Ihre Antitumor-Aktivität wird an Mäusen erforscht. Es ist jedoch unklar, ob eine solche Aktivität durch oralen Konsum erreicht werden kann, was ein Bereich für zukünftige Forschung ist.

Die Tinte in Ihrem modernen Kugelschreiber

Nun zur entscheidenden Frage: Stammt die Tinte in Ihrem modernen Kugelschreiber vom Kraken? Die klare Antwort lautet: Nein. Die Tinte, die heute in Kugelschreibern, Füllern oder anderen modernen Schreibgeräten verwendet wird, ist synthetisch hergestellt oder basiert auf anderen organischen oder anorganischen Verbindungen. Sie hat nichts mit der natürlichen Tinte der Kopffüßer zu tun. Moderne Tinten sind speziell entwickelt, um bestimmte Eigenschaften zu erfüllen, wie z. B. schnelle Trocknung, Lichtbeständigkeit, Viskosität für den Kugelschreiber-Mechanismus und Massenproduktion zu geringen Kosten. Die Tinte der Kopffüßer wäre für diese Zwecke ungeeignet und viel zu teuer in der Gewinnung.

Vergleich: Tinten von Gestern und Heute

Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die verwendeten Schreibmaterialien im Laufe der Geschichte verändert haben.

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EigenschaftKopffüßer-Tinte (Historisch)Moderne Kugelschreibertinte
UrsprungNatürlich (von Kraken, Tintenfischen, Kalmaren)Synthetisch/Künstlich
Hauptzweck (Tier)Verteidigung, Tarnung, SchutzN/A
Hauptzweck (Mensch)Schreiben, Zeichnen (historisch); Kochen (modern)Schreiben, Zeichnen
BestandteileMelanin, Proteine, Metalle, Enzyme, SchleimPigmente oder Farbstoffe, Lösungsmittel, Harze, Schmiermittel
VerfügbarkeitTierischer Ursprung, aufwendige GewinnungMassenproduktion, weit verbreitet
KostenHistorisch teuer; modern für Kochen teuerGünstig
Einsatzgebiet heuteKüche, ForschungSchreiben, Drucken (andere Tinten)

Diese Tabelle verdeutlicht den fundamentalen Unterschied zwischen der biologischen Tinte der Kopffüßer und den chemisch hergestellten Tinten, die heute unsere Stifte füllen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kommt die Tinte in meinem Kugelschreiber wirklich von Kraken oder Tintenfischen?
Nein, die Tinte in modernen Kugelschreibern wird synthetisch hergestellt und stammt nicht von Kopffüßern.
Wofür nutzen Kopffüßer ihre Tinte?
Sie nutzen sie hauptsächlich zur Verteidigung (Flucht, Tarnung, Verwirrung von Raubtieren) und manchmal zum Schutz ihrer Eier.
Wurde Kraken-Tinte früher zum Schreiben verwendet?
Ja, historisch wurde Tinte von Kopffüßern, insbesondere von Sepien (daher der Farbname), als Schreib- und Zeichenmaterial verwendet.
Woraus besteht die Tinte der Kopffüßer?
Sie besteht hauptsächlich aus Melanin, sowie aus Proteinen, Enzymen, Polysacchariden und Metallen.
Ist Kraken-Tinte essbar?
Ja, in vielen Kulturen (besonders im Mittelmeerraum und in Japan) wird Tintenfischtinte als Lebensmittelfarbe und Geschmacksgeber in Gerichten verwendet.

Fazit

Die Vorstellung, dass die Tinte in unserem Kugelschreiber direkt vom Kraken stammt, ist zwar romantisch, aber nicht korrekt. Während die Tinte der Kopffüßer ein faszinierendes Naturprodukt mit erstaunlichen Eigenschaften zur Verteidigung ist und historisch tatsächlich als Schreibmittel diente (bekannt als Sepia), wird die Tinte moderner Schreibgeräte chemisch hergestellt. Die Welt der Kopffüßer-Tinte ist jedoch nach wie vor beeindruckend, sei es in ihrer biologischen Funktion oder ihrer modernen Rolle in der Gastronomie. Wenn Sie also das nächste Mal zu Ihrem Stift greifen, wissen Sie, dass seine Füllung ein Produkt moderner Chemie ist, auch wenn die Geschichte der Tinte einst tief im Meer begann.

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