Potsdamer Platz: Berlins Wandel im Herzen

21/02/2021

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Der Potsdamer Platz in Berlin, mitten im Herzen der Stadt gelegen, hat eine der dramatischsten Wandlungen in der jüngeren Geschichte der deutschen Hauptstadt durchlaufen. Wenn man den weltbekannten Film "Der Himmel über Berlin" von 1987 betrachtet, in dem der Platz als riesige leere Ödnis gezeigt wird, und ihn dann mit dem heutigen lebendigen Stadtviertel vergleicht, ist die Verwandlung kaum vorstellbar. Einst ein pulsierender Verkehrsknotenpunkt und kultureller Treffpunkt, wurde er durch Krieg und Teilung zu einer innerstädtischen Brache, bevor er nach der Wiedervereinigung als eine der größten Baustellen Europas neu entstand.

Wo wohnte Ernst Reuter?
Datei:Berlin Zehlendorf Bülowstraße 33 Ernst Reuter. jpgBeschreibungBerlin-Zehlendorf, Bülowstraße 33, Wohnhaus von Ernst Reuter (1948–1953)DatumApril 2009QuelleSelbst fotografiertUrheberPhoto: Andreas PraefckeAndere Versionen

Die Bezeichnung Potsdamer Platz beschreibt eigentlich nur die Platzanlage neben dem Leipziger Platz, doch hat es sich eingebürgert, mit "Potsdamer Platz" das gesamte Gelände zu meinen. Seine Geschichte reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück.

Übersicht

Vom Tor zum Verkehrsknotenpunkt

Die Ursprünge des Potsdamer Platzes liegen im Bau der Berliner Zoll- und Akzisemauer im Jahr 1734, als das Potsdamer Tor errichtet wurde. Dieses Tor übernahm die Funktion des 1738 abgerissenen Leipziger Tores und wurde lange Zeit auch als Neues Leipziger Tor bezeichnet. Es war eines von vierzehn Toren in der Berliner Akzisemauer. Westlich des Tores trafen fünf Straßen und Wege strahlenförmig zusammen. Die wichtigste Verbindung war die zum Neuen Garten bei Potsdam. Von 1788 bis 1795 wurde die Berlin-Potsdamer Chaussee angelegt, eine der ersten Kunststraßen in Preußen und später ein wichtiges Glied im Netz der Preußischen Staatschausseen. Nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel wurde 1824 das alte Potsdamer Stadttor durch zwei klassizistische Torhäuser ersetzt, die auch nach dem Abriss der Akzisemauer 1867 stehen blieben und den Platz bis zum Zweiten Weltkrieg prägten.

Mit dem Bau des ersten Potsdamer Bahnhofs für die Berlin-Potsdamer Eisenbahn im Jahr 1838 und der Eröffnung der Verbindungsbahn im Jahr 1850 (später eingestellt) entwickelte sich der damals noch am Stadtrand gelegene Platz Zug um Zug zu einem großstädtischen Umschlagplatz für Menschen und Waren. Der Vorortverkehr über die 1891 gebauten Seitenbahnhöfe der Wannsee- bzw. Ringbahn verstärkte diese Entwicklung.

Die Blütezeit in der Belle Époque und den Goldenen Zwanzigern

In der Belle Époque nach der Reichsgründung 1871 und den "Goldenen Zwanziger Jahren" wurde der Potsdamer Platz zu einem der belebtesten Plätze Europas. Neue Hotels und gastronomische Betriebe eröffneten rund um den Platz, darunter das Hotel Fürstenhof, das Grand Hotel Bellevue und das Palast Hotel. Das Café Josty an der Westseite wurde zu einem beliebten Treffpunkt für Literaten und Künstler. Im Herbst 1882 ging am Potsdamer Platz die erste elektrische Straßenbeleuchtung Berlins in Betrieb, geliefert von Siemens & Halske. 36 Kohlebogenlampen ersetzten das Gaslicht.

Eine weitere wichtige Verkehrsanbindung bildete ab 1902 der U-Bahnhof Potsdamer Platz, eine der ersten Stationen der Berliner U-Bahn. Der steigende Verkehr führte Ende 1924 zur Installation einer der ersten Ampelanlagen auf dem Kontinent, der Verkehrsturm mit seinen horizontal angeordneten Lichtern wurde zum Wahrzeichen des Platzes.

Die Gegend um den Potsdamer Platz entwickelte sich zu einem großstädtischen Amüsierviertel. Tagsüber eilten Angestellte und Geschäftsleute, nachts bestimmten Amüsierwillige, Varietébesucher und Prostituierte das Bild, was auch durch Ernst Ludwig Kirchners Gemälde "Potsdamer Platz" bekannt wurde. Große Restaurants entstanden, wie das Weinhaus Rheingold mit Platz für bis zu 4000 Gäste. Direkt daneben wurde das Vox-Haus gebaut, das ab 1921 die Vox-Schallplatten-AG beherbergte und im Dachgeschoss den Sender Funk-Stunde Berlin. Dort begann am 19. Oktober 1923 die Geschichte des Hörfunks in Deutschland mit der ersten öffentlichen Sendung.

Das Grand-Hotel Esplanade, neben dem Hotel Kaiserhof und dem Hotel Adlon eines der berühmtesten Hotels der Stadt, wurde ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet. Es verfügte über prachtvolle Säle, darunter den Kaisersaal, der später in einer aufwendigen Aktion in das heutige Sony Center integriert wurde. Das Weinhaus Huth an der Potsdamer Straße, ein Stahlskelettbau mit Muschelkalkfassade, wurde nach dem Krieg zum "letzten Haus am Potsdamer Platz" und Symbol für die Zerstörung und Teilung der Stadt.

Ein weiterer bedeutender Bau war das Pschorr-Haus, ein großer Restaurationsbetrieb. Auf der südöstlichen Seite entstand das Haus Potsdam, das später als Haus Vaterland unter der Leitung der Familie Kempinski zum größten Amüsierpalast im Deutschen Reich avancierte, bekannt für Restaurants wie die Rheinterrassen mit Gewittersimulation.

War die Friedrichstraße Ost oder West?
Zwei Drittel der Friedrichstr. befinden sich in Ost-Berlin (Bezirk Mitte), ein Drittel in West-Berlin (Bezirk Kreuzberg). An der Bezirksgrenze stößt man auf das wichtigste Symbol des Kalten Krieges im zentralen Berlin – den ehemaligen Sektorenübergang Checkpoint Charlie.

Zerstörung, Teilung und Dornröschenschlaf

Bis in den Zweiten Weltkrieg hinein war der Potsdamer Platz einer der belebtesten Plätze Europas. Doch nach den Luftangriffen 1943/1944 und der Schlacht um Berlin 1945 lag er zu einem großen Teil in Trümmern. Nach Kriegsende bildete der Platz ein "Dreiländereck" zwischen dem sowjetischen, dem britischen sowie dem amerikanischen Sektor im geteilten Berlin. Diese Lage machte ihn zunächst zu einem blühenden Schwarzmarkt. Mit der Einführung der Deutschen Mark und dem Beginn der Berlin-Blockade änderte sich die Situation. Am 21. August 1948 wurde erstmals der Grenzverlauf zwischen den Sektoren auf dem Asphalt markiert.

Am Tag des Aufstandes vom 17. Juni 1953 bildete der Potsdamer Platz ein Zentrum der blutigen Auseinandersetzungen zwischen Streikenden, Demonstranten und bewaffneten DDR-Sicherheitsorganen. Hier fielen bereits die ersten Schüsse. Panzer der sowjetischen Besatzungsmacht postierten sich, zahlreiche bekannte Fotos des Tages entstanden hier. Bei den Auseinandersetzungen kamen mindestens zwei Menschen ums Leben, Gebäude wie das Haus Vaterland brannten aus.

In den folgenden Jahren machte sich schrittweise Leerstand breit. Als der Platz im August 1961 durch die Berliner Mauer geteilt wurde, verschärfte sich diese Entwicklung. Die Mauer verlief direkt über den Platz. Bis Mitte der 1970er Jahre wurden nahezu alle übrig gebliebenen Gebäude abgerissen. Auf der Ostseite war das Sicherheitsbedürfnis der DDR ausschlaggebend, da der Todesstreifen hier besonders breit war. Auf der Westseite kaufte der Senat Ruinengrundstücke auf und ließ die Gebäude aus Sicherheitsgründen entfernen. Der Platz fristete fast drei Jahrzehnte ein randständiges Dasein als innerstädtische Brache, ein "Niemandsland" zwischen Ost und West. Auf dem westlichen Teil siedelte sich ein Rollheimer-Dorf an, Imbissbuden und Souvenirgeschäfte entstanden, und es gab Podeste für Touristen, um über die Mauer zu blicken. Der Platz wurde zum Symbol für die Zerstörung und Teilung der Stadt.

Die Wiedergeburt: Europas größte Baustelle

Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 stellte sich eine neue Situation ein. Wenige Tage später, am 12. November 1989, wurde am Potsdamer Platz ein Stück der Mauer abgeräumt und ein provisorischer Grenzübergang geschaffen.

Mit der deutschen Wiedervereinigung stellte sich die Frage nach der Zukunft dieser riesigen Brachfläche im Herzen Berlins. Im Jahr 1990 fand hier Roger Waters' Konzert "The Wall" statt. Der "Ideenwettbewerb Potsdamer Platz/Leipziger Platz" von 1991 wurde von den Architekten Heinz Hilmer und Christoph Sattler gewonnen, deren Konzept auf dem Modell der "europäischen Stadt" basierte und sich gegen eine dichte Hochhausbebauung aussprach. Die Veräußerung der Grundstücke an Konzerne wie Daimler-Benz und Sony erfolgte jedoch rasch. Das realisierte Konzept, basierend auf dem Masterplan von Renzo Piano und Christoph Kohlbecker und ausgeführt von internationalen Architekten wie Piano, Richard Rogers und Arata Isozaki, führte zu einer stark verdichteten "Hochhaus-City" für das 21. Jahrhundert, was auch auf Kritik stieß.

Während der 1990er Jahre wurde der Potsdamer Platz zur größte Baustelle Europas. Von einer "Infobox" auf dem gegenüberliegenden Leipziger Platz konnte der Baufortschritt beobachtet werden. Es entstanden grob vier unterschiedliche Komplexe auf der ehemaligen Brache:

  • Das nordwestliche Sony Center, entworfen von Helmut Jahn, umfasst Cafés, das Filmmuseum Berlin, Appartements, Büros und die europäische Zentrale von Sony. Es zeichnet sich durch eine einmalige zeltähnliche Dachkonstruktion aus Stahl und Glas aus.
  • Südlich schließt sich das Quartier Potsdamer Platz an, der beherrschende Gebäudekomplex auf dem ehemaligen Daimler-Benz-Areal. Hier steht unter anderem das von Renzo Piano entworfene debis-Haus (heute: Atrium Tower) mit dem markanten grünen Würfel auf der Spitze.
  • Direkt gegenüber dem Bahntower (Sitz der Deutschen Bahn) steht der von Hans Kollhoff im New Yorker Backsteinstil entworfene, 103 Meter hohe Kollhoff-Tower. Er beherbergt den angeblich schnellsten Aufzug Europas, der zur Aussichtsterrasse Panoramapunkt führt.
  • Zwei kleinere Baueinheiten komplettieren die Neubebauung: Das Beisheim-Center im Norden mit Hotels wie Marriott und Ritz-Carlton, und weiter im Süden die Park Kolonnaden mit Bürogebäuden. Am östlichen Ende des Platzes steht das Delbrück-Hochhaus, auch bekannt als P5, ebenfalls von Hans Kollhoff entworfen.

Der Mittelpunkt des Quartiers Potsdamer Platz ist der Marlene-Dietrich-Platz, um den sich das Theater am Potsdamer Platz, das Bluemax (Theater der Blue Man Group), ein Spielcasino, das Hotel Grand Hyatt Berlin sowie Varietébühnen und Restaurants gruppieren. Die überdachte Einkaufsstraße The Playce (ehemals Potsdamer Platz Arkaden) bietet wettergeschütztes Shopping.

Mit dem Tilla-Durieux-Park und dem Henriette-Herz-Park wurden auch zwei Parkanlagen realisiert, die Räume für Ruhe und Entspannung bieten. Der Tilla-Durieux-Park liegt über den Bahnröhren des Nord-Süd-Fernbahntunnels und ist bekannt für seine übergroßen Edelstahlwippen. Der Henriette-Herz-Park zeichnet sich durch eine in Schollen gegliederte Höhenmodellierung aus.

Kultur und Wandel heute

Die Kultur kehrte zögerlich zurück. Ein Meilenstein war die Eröffnung der Berlinale im Jahr 2000 im Sony Center. Obwohl Firmenhochhäuser, Geschäfts- und Bürobauten das Bild prägen, ist langfristig ein Wohnflächenanteil vorgesehen. Kritiker befürchten eine "Stadt in der Stadt" mit künstlichem Charakter, da bestimmte Personengruppen fehlen. Dennoch wird der Platz rege frequentiert und hat sich zur fünftwichtigsten Kaufadresse der Hauptstadt entwickelt. Zumindest das Leben ist an den Potsdamer Platz zurückgekehrt.

Seit 2007 gab es Eigentümerwechsel. Die Areale von Daimler und Sony wurden verkauft, unter anderem an die Brookfield Property Partners. Der jetzige Großeigentümer Brookfield Properties plant gemeinsam mit der Bezirksverwaltung Mitte einen radikalen Umbau der ehemaligen Daimler-City. Die Potsdamer Platz Arkaden wurden bereits 2022 zum Center The Playce umgebaut. Die Alte Potsdamer Straße soll bis 2025 eine Fußgängerzone werden.

Wie heißt das berühmteste Kaufhaus in Berlin?
KaDeWe. Erreichen Sie alle Sehenswürdigkeiten kostenlos mit der Berlin Welcome Card. Es ist das bekannteste Kaufhaus Deutschlands und mit 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche das größte Warenhaus auf dem europäischen Festland: das Kaufhaus des Westens, kurz KaDeWe.

Wer am Potsdamer Platz ist, sollte einen Blick nach unten riskieren: Ein in den Boden eingelassener Metallstreifen erinnert an den Verlauf der Berliner Mauer. Vor dem Bahntower ermöglicht ein digitaler Pflasterstein, der QR Cobble, eine interaktive Zeitreise mit historischen Panoramabildern.

Jedes Jahr zur Winterzeit verwandelt sich der Platz in eine riesige Winterwelt mit Europas größter Rodelbahn, einer Eisbahn und Après-Ski-Party.

An den Potsdamer Platz schließen sich der achteckige Leipziger Platz mit der Mall of Berlin sowie Museen wie das Deutsche Spionagemuseum und das Deutschlandmuseum an. Südlich liegt das Kulturforum mit wichtigen Berliner Museen und Institutionen.

Häufig gestellte Fragen

Wo genau liegt der Potsdamer Platz?

Der Potsdamer Platz liegt mitten im Herzen Berlins. Er war nach dem Krieg ein "Dreiländereck" zwischen den Sektoren und wurde durch die Berliner Mauer geteilt. Heute bildet er eine Verbindung zwischen dem ehemaligen Ost- und Westteil der Stadt.

Was war der Potsdamer Platz während der Teilung Berlins?

Während der Teilung verlief die Berliner Mauer über den Platz. Er fristete ein Dasein als "innerstädtische Brache" oder "Niemandsland" zwischen Ost und West, nachdem fast alle Gebäude abgerissen worden waren.

Was kann man heute am Potsdamer Platz erleben?

Heute ist der Potsdamer Platz ein lebendiges Stadtviertel mit moderner Architektur. Man findet dort Einkaufszentren (The Playce, Mall of Berlin in der Nähe), Kinos, Theater (Theater am Potsdamer Platz, Bluemax), Restaurants, Hotels, Museen (Filmmuseum Berlin, Spionagemuseum, Deutschlandmuseum in der Nähe) und Aussichtspunkte (Panoramapunkt). Im Winter gibt es eine Winterwelt.

Welche bekannten Gebäude gibt es am Potsdamer Platz?

Zu den prominenten Gebäuden gehören das Sony Center, der Bahntower, der Kollhoff-Tower (mit dem Panoramapunkt), der Atrium Tower (ehemals debis-Haus), das Beisheim-Center und The Playce (ehemals Potsdamer Platz Arkaden).

Gibt es noch Spuren der Berliner Mauer am Potsdamer Platz?

Ja, ein in den Boden eingelassener Metallstreifen markiert den ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer über den Platz.

Zeittafel zur Geschichte des Potsdamer Platzes

JahrEreignis
1734Errichtung des Potsdamer Tores
1831Platz erhält den heutigen Namen Potsdamer Platz
1838Bau des ersten Potsdamer Bahnhofs
1882Erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin
1902Eröffnung des U-Bahnhofs Potsdamer Platz
1923Beginn des Hörfunks in Deutschland im Vox-Haus
1924Installation der ersten Verkehrsampel am Verkehrsturm
1945Platz liegt zu großen Teilen in Trümmern, wird "Dreiländereck"
1953Zentrum der Auseinandersetzungen am 17. Juni
1961Teilung des Platzes durch die Berliner Mauer
1989Mauerfall, provisorischer Grenzübergang am 12. November
1990er"Größte innerstädtische Baustelle Europas"
2000Eröffnung der Berlinale im Sony Center
2007 ff.Beginn von Eigentümerwechseln der Areale
2022Umbau der Potsdamer Platz Arkaden zu The Playce

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